Erlangerin um 37 000 Euro geprellt

20.7.2018, 14:57 Uhr
Erlangerin um 37 000 Euro geprellt

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Der Richter und die beiden Schöffen am Erlanger Amtsgericht sind nach dreistündiger Verhandlung davon überzeugt, dass der Angeklagte eine Erlangerin bewusst um über 37.000 Euro geprellt hat. 16 Vorstrafen, sieben davon einschlägig, sprechen eine deutliche Sprache.

Schon seit 1999 sei er als Verkäufer auf der Internetplattform Ebay tätig, er handle vor allem mit Modelleisenbahnen, erzählt der 59-Jährige. Um an neue Ware zu kommen, schalte er auch Anzeigen.

Auf eine solche meldet sich im Februar 2017 eine 56-jährige Erlangerin. Sie möchte die riesige Modelleisenbahn-Sammlung ihres verstorbenen Mannes veräußern. Der Angeklagte hat sein "Büro" zu dieser Zeit in Weisendorf, denn dort wohnt seine damalige Freundin.

Angenehmes Treffen

Man trifft sich, auch der Bruder der Erlangerin, ein 54-jähriger Bankfachwirt, kommt dazu. Das Treffen sei angenehm gewesen, erinnert er sich. "Wir haben keine Ahnung von Modelleisenbahnen und waren auf seinen Sachverstand und seine Erfahrung angewiesen." Es habe sich alles schlüssig angehört, und man habe eine "faire kaufmännische Vereinbarung" getroffen.

In einem schriftlichen Vertrag wurde fixiert, dass der Angeklagte Lokomotiven und Waggons der Erlangerin bei Ebay verkauft, das Geld sollte 50/50 geteilt werden. Außerdem sollte der 59-Jährige immer wieder Bericht über den Verkaufsfortschritt erstatten. Laut der Erlangerin und ihrem Bruder wurden dem Angeklagten 475 Teile übergeben.

Dann passierte — gar nichts. Auf Nachfragen per SMS oder E-Mail sei entweder keine Reaktion erfolgt oder er sei hingehalten worden, berichtet der Bankfachwirt.

Nach etlichen "fruchtlosen Kontaktversuchen" hätten er und seine Schwester dann die Reißleine gezogen und Anzeige erstattet. Er sei "menschlich sehr enttäuscht" von dem 59-Jährigen. Später schiebt er noch ein "Schämen Sie sich!" direkt an den Angeklagten hinterher. Denn erst nach Anzeigeerstattung seien 5000 Euro vom Angeklagten überwiesen worden.

Und dass das natürlich viel zu wenig war, haben die polizeilichen Ermittlungen ergeben. Das Gericht ist überzeugt, dass der Angeklagte auf jeden Fall 400 Teile über Ebay verkauft hat. Ein Polizist hat nämlich in akribischer Detailarbeit eine entsprechende Liste der Geschädigten mit den verkauften Waren abgeglichen. Demnach erzielte der Angeklagte einen Verkaufserlös von 85.322 Euro. Der Erlangerin stehen also — abzüglich der gezahlten 5000 Euro — immer noch 37.661 Euro zu.

Für seine Transaktionen nutzte der Angeklagte das Ebay-Konto seiner 48-jährigen Weisendorfer Freundin. Er sei erst kürzlich aus Spanien wieder nach Deutschland zurückgekehrt und könne sein eigenes Ebay-Konto nicht nutzen. Ebenso brauche er ein Bankkonto, erzählte er seiner Freundin.

Die Weisendorferin ahnte nichts Böses und eröffnete ein Konto auf ihren Namen. "Er hat mir dann gesagt, wenn ich etwas überweisen soll oder wenn ich für ihn Bargeld abheben soll", sagt sie vor Gericht. Denn auch sie steht unter Anklage wegen leichtfertiger Geldwäsche. Schnell wird jedoch klar, dass die Weisendorferin keinen finanziellen Vorteil aus der Angelegenheit zog und von den Machenschaften auch nichts wusste. "Sie sind da wohl ein bisschen blauäugig reingerutscht", sagt Richter Wolfgang Gallasch. In Absprache mit der Staatsanwältin wird das Verfahren gegen die Weisendorferin gegen Zahlung von 1800 Euro eingestellt. Unter Tränen akzeptiert die 48-Jährige. Vom Angeklagten ist sie längst getrennt.

Aus dem Ruder gelaufen

Dieser versucht, seinen Betrug abzumildern. Er gibt zwar zu, dass einiges "nicht ganz ordnungsgemäß" gelaufen sei. Doch habe er damals eine schlimme Scheidung in Spanien durchgemacht, er sei psychisch angeschlagen gewesen. "Die Geschichte lief irgendwie aus dem Ruder, ich war nicht mehr Herr meiner Sinne", sagt er.

Außerdem habe es sich nur um rund 300 Teile gehandelt, einige davon seien auch mangelhaft oder beschädigt gewesen. Die Antwort, wo das ganze Geld abgeblieben ist, bleibt der Angeklagte vor Gericht schuldig. Ein Teil wurde wohl auf Konten nach Spanien überwiesen, auch ein Autokauf steht im Raum.

Tatsache ist aber, dass der Angeklagte im Moment offensichtlich kein Geld hat und von Hartz IV lebt. Schadenswiedergutmachung hat bisher nicht stattgefunden. Der Angeklagte behauptet zwar, er wolle der Erlangerin das Geld zahlen, wenn im Herbst die Modelleisenbahn-Saison wieder losgehe, doch daran glauben Richter und Schöffen nicht. Auch die Entschuldigung in Richtung der Erlangerin kurz vor der Urteilsverkündung wirkt nur halbherzig.

Das Gericht verurteilt den 59-Jährigen zu dreieinhalb Jahren Gefängnis, Richter Gallasch erlässt sofort Haftbefehl — weil der Angeklagte ohne Arbeit und familiäre Bindung sei und somit Fluchtgefahr bestehe. Die Staatsanwältin hatte drei Jahre gefordert, der Verteidiger für eine Bewährungsstrafe plädiert.

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