Exotin in der Aisch: Schildkröte lebt im Fluss

19.8.2016, 17:00 Uhr
Exotin in der Aisch: Schildkröte lebt im Fluss

Plötzlich taucht sie auf und klettert auf ein Holzstauwerk mitten in der Aisch. Maximilian Müller, gerade auf der Suche nach einem guten Angelplatz, traut seinen Augen kaum. Vor ihm im Fluss sitzt eine 20 bis 30 Zentimeter große Schildkröte.

Der Jungfischer ist aktiv in der Biotop- und Artenschutzgruppe des Fischereivereins Höchstadt. Vorsitzender Klaus Müller wusste schon von dieser Seltenheit in der Aisch. „Hoffentlich ist es keine Schnappschildkröte“, meint er. Die sind nämlich bekanntlich bissig und Müller hätte seine Petrijünger warnen müssen. Aber was für eine Schildkröte ist es, die da durch den Fluss schwimmt?

Experten mussten her. Der Höchstadter Biologe Hans Krautblatter kennt sich gut aus und gab schon mal Entwarnung: Gefährlich ist das Reptil nicht. Und sicher auch nicht heimisch, denn solche Schildkröten gibt es in unseren Breiten eigentlich nicht. Wahrscheinlich hat ein ehemaliger Terrarien-Besitzer das Tier ausgesetzt. Aber um welche Art es sich handelt? Krautblatter tippte anhand der Fotos auf eine Schmuckschildkröte. Sicher war er sich nicht.

Also war ein Liebhaber gefragt. Peter Höps lebt in Uehlfeld — und mit ihm 50 Schildkröten auf einem riesigen Grundstück mit Freilauf. Das Bücherregal des gebürtigen Lonnerstadters ist voll von Fachliteratur über die gepanzerten Tiere. Und in seinen Büchern wird er auch fündig. „Mit 99-prozentiger Sicherheit würde ich sagen, es handelt sich um eine Landkartenhöcker-Schildkröte“, sagt Höps. Sie hat diesen Namen von den hellen Netzlinien auf ihrem Panzer, die an den Verlauf von Gewässern auf einer Landkarte erinnern. Höps meint, es dürfte ein ausgewachsenes Weibchen sein. Obwohl es in der Aisch natürlich nicht heimisch ist, kommt das Tier nach Höps‘ Meinung wohl ohne Probleme durch den Winter. „Sie zieht sich in den sumpfigen Grund zurück, setzt den Stoffwechsel herab und ernährt sich in der Aisch von Pflanzen und toten Fischen.“

Exotin in der Aisch: Schildkröte lebt im Fluss

Dann entfährt dem Landschaftsgärtner ein Seufzer. „Ja, so ist es bei uns. Die Menschen halten Schildkröten, sind dann schnell damit überfordert und überlassen die Tiere sich selbst.“ Die Exoten werden einfach entsorgt, ohne darüber nachzudenken.

Höps kümmert sich seit 35 Jahren in seinem großen Garten um Schildkröten verschiedener Gattungen. Er hegt und pflegt viele Findlinge. Oft hat er kranke Tiere aus Mitleid aufgenommen. Inzwischen wird sein Grundstück langsam zu klein.

„Kein Streicheltier“

Er rät jedem, sich gut zu informieren, bevor er sich eine Schildkröte anschafft. „Sie mögen für Kinder lieb aussehen, doch sie sind kein Spielzeug und kein Streicheltier.“ Ohne Freigelände sei eine artgerechte Haltung nicht möglich.

Richtige Ruhe im Winter

Viele Schildkröten haben Mangelerscheinungen, weil ihre Halter meinen, Salat reiche als Futter aus. „Das ist aber nicht so, die Tiere bekommen bald Rachitis.“ Einige Tierliebhaber wissen außerdem zu wenig über die Winterruhe der Tiere. Und so gibt es immer wieder Tränen, weil die Schildkröten nicht wieder aufwachen.

Die Landkartenhöcker-Schildkröte in der Aisch sucht sich selbst ihr Plätzchen für die Winterruhe. Und kein Angler muss Angst haben vor einem Biss.

Unser Mitarbeiter Paul Neudörfer war früher Leiter der Biotop- und Artenschutzgruppe des Fischereivereins. Ihm ließ die Nachricht von der gesichteten Schildkröte in der oberen Aisch keine Ruhe. Es begab sich immer wieder auf die Pirsch. Dafür musste er mit brennenden und juckenden Augen durch Maisfelder und Hecken wandern. Und warten. Immer wieder warten. Wer ihn kennt, weiß, dass dabei Zigaretten nicht fehlen durften.

Als die Schildkröte dann kam, dachte Paul Neudörfer zuerst, es sei ein Karpfen. Dann aber krabbelte das Reptil auf einen Baumstamm und seine Foto-Kamera lief auf Serie.

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