Fleißig „grubbern“ besser als Glyphosat

26.5.2016, 05:17 Uhr
Fleißig „grubbern“ besser als Glyphosat

© Foto: Rainer Groh

Man nehme zum Beispiel die Erzeuger von Qualitätsgetreide, wie Braugerste oder Brauweizen. Wenn diese wachsen, ist Chemieeinsatz grundsätzlich tabu, darf auch nicht mit Klärschlamm oder Kompostiermaterial gedüngt werden.

Pflanzenschutzmittel werden auf solchen Äckern, wenn, dann vor der Aussaat ausgebracht, um Unkräuter abzutöten. Diese Pflanzen, Quecken, Ackerkreuzdistel oder auch Kornblumen, können für Braugerste zum Problem werden, denn mitgeerntet können sie ins Lager geraten und dort Wärme-Nester bilden. Zeigen die Temperatursonden, die Erzeuger von Braugerste in ihr Erntegut-Lager einbringen müssen, mehr als 20-22 Grad im Innern des Haufens an, muss dieser belüftet werden, um die Gerste zu kühlen, denn sonst ist es Essig mit der Qualität des daraus gewonnen Malzes.

Also, sagt der Landwirt, besser gar kein Unkraut wachsen lassen. Dazu brauche es aber gar kein Glyphosat, denn dieser Stoff wirkt über das Grün jeder Pflanze. Wenn das Unkraut lediglich als Wurzel im Boden steckt, wirkt Glyphosat nicht. Hier wendet der Bauer, genügend Feuchte vorausgesetzt, ein Boden-Herbizid an. So komme er mit einem Chemieeinsatz im Jahr und kleinster Dosis aus und das Mittel werde nicht in die Getreidewurzel aufgenommen.

Besser als das spätere Bekämpfen sei eben die optimale Behandlung des Ackerbodens im Herbst vor der Aussaat. Nicht nur mit genannten Bodenherbiziden. Dazu gehöre auch die mechanische Methode: Die Quecken-Wurzeln mit einem Grubber oder sonst geeigneten Werkzeug am Traktor in mehreren Arbeitsgängen aus dem Boden ziehen, damit sie an der Sonne absterben.

Das kostet Arbeitszeit. Für Betriebe mit kleineren Flächen ist dies nicht das große Problem, wohl aber für landwirtschaftliche Großbetriebe, für die Arbeit wesentlich teurer ist als das relativ billige Glyphosat. Hier sieht der Landwirt einen der springenden Punkte in der Glyphosat-Diskussion: In Ländern wie Polen oder Ungarn „werden sie weinen“, würde die EU das Mittel verbieten, das die Produktionskosten niedrig hält, und oft „vollflächig“ gespritzt werde.

Mit Glyphosat helfen sich manche Erzeuger, wenn zu wenig Feuchtigkeit im Frühjahr für einen zwiewüchsigen Auflauf gesorgt hat, sprich, wenn die Saat in einem Acker nicht gleichzeitig, sondern teils um Wochen versetzt keimt und folglich auch das Getreide nicht gleichzeitig reif wird. Eine Spritzung mit einem glyphosathaltigen Mittel macht den noch unreifen Teil der Feldfrucht schlagartig dürr. Weil Glyphosat relativ schnell abgebaut werde, lasse sich das Getreide etwa acht Tage nach dem Spritzen dreschen. Für Qualtitätsgetreide freilich keine Option.

Eine wichtige Methode, auch in der konventionellen Landwirtschaft den Chemieeinsatz auf ein Minimum zu beschränken, ist für den Praktiker die Wahl der richtigen Sorten. Längst gibt es auch für Braugerste, früher reines Sommergetreide mit Aussaat im März, Winter-Sorten, die man schon im Herbst in den Boden bringen kann und die trotzdem eiweißarm genug sind, gutes Malz zu ergeben. Resistentere Sorten sparen überdies Chemie und damit auch Geld. Letztlich reduziert sich die Diskussion über Glyphosat somit auf eine Interessen-Diskussion in der industriellen Landwirtschaft. Denn nötig haben das Mittel eigentlich nur Großbetriebe, um Kosten zu sparen. Noch mehr, sollten auch per Genmanipulation Glyphosat-unempfindlich gemachte Nutzplanzen engebaut werden dürfen. Dann könnte man ganzjährig spritzen: die Nutzpflanzen würden stehen bleiben, das Unkraut absterben. Wirtschaftlich, weil wenig arbeitsintensiv. Für Landwirtschaft in der hiesigen Struktur, da ist sich der Landwirt sicher, bringt ein Verbot keine großen Nachteile.

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