Flüchtlinge distanzieren sich von den Attentaten

29.7.2016, 17:57 Uhr
Flüchtlinge distanzieren sich von den Attentaten

© Foto: Günter Distler

Abdulshukur Hedo Wako, Filmon Debela Urge und Addisalam Mulat sind die von den Bewohnern der Container-Unterkunft gewählten drei Sprecher. In den Containern Unterschrieben haben alle Asylbewerber die fünf Punkte der Erklärung — Menschen aus Äthiopien, Eritrea, Syrien, dem Irak und der Ukraine. Sie drücken ihr Mitgefühl aus für die Opfer und deren Angehörigen der Anschläge und des Amoklaufs: „Wir trauern mit ihnen“.

In allen Herzogenauracher Unterkünften haben sie die Erklärung unterschrieben bekommen, die von der 40-köpfigen äthiopischen Gruppe mit ihrer ehrenamtlichen Betreuerin Susanne Hehn formuliert worden ist.

Die Herzogenauracher Flüchtlinge distanzieren sich darin ausdrücklich von den Gewalttaten. Sie drücken aus, wie gerne sie hier in Deutschland leben. Sie möchten, schreiben sie, sich hier integrieren und lernen dafür deutsch. Und sie tragen ihren Teil zu einem guten, friedlichen Zusammenleben bei.

Tiel beunruhigt

Die Initiative zu der Erklärung ist laut Susanne Hehn von der Gruppe der Äthiopier und Eritreer in der Eichelmühlgasse ausgegangen, wo seit dem Lastwagen-Attentat von Nizza, erst recht seit den Anschlägen in Würzburg, München und Ansbach Trauer und Beunruhigung herrschen. Und als man einige der Fahrräder, mit denen die Flüchtlinge unterwegs sind, mit zerschlitzten Reifen gefunden habe, sei der Entschluss gefasst worden, sich öffentlich zu den Bluttaten zu erklären.

„Herzogenaurach ist gut,“ sagt Filmon Debela Urge, der von den dreien am besten deutsch spricht, „hier leben gute Menschen.“ In Herzogenaurach sei ihnen sehr geholfen worden, man habe ihnen so viel geschenkt, Kleidung, Möbel, vor allem — bislang — ein Jahr im Frieden. Er wolle sich bei den Herzogenaurachern, aber auch bei der deutschen Regierung bedanken dafür.

Für den Leitungskreis der ehrenamtlichen Flüchtlingsbetreuung in der Stadt begrüßt Konrad Eitel die Erklärung. Sie sei wichtig, denn nach den Abschlägen wachsen Ängste — bei den Einheimischen vor möglichen Tätern, bei den Flüchtlingen davor, dass das gute Zusammenleben leidet.

Und in Herzogenaurach lebt man gut zusammen, sagt Eitel. Es gibt in der Stadt derzeit 180 Plätze für Asylbewerber, eine im Vergleich zum Januar mit der Spitze von 850 Flüchtlingen „entspannte“ Situation. Die 180 Plätze werden zu einem großen Teil „fehlbelegt“, sprich in den Unterkünften leben zurzeit 20 bis 30 bereits anerkannte Asylbewerber. Diese haben eigentlich das Recht, sich überall in Deutschland niederzulassen.

Doch eine Wohnung zu finden, und dies ausgerechnet im heiß umkämpften Herzogenauracher Wohnungsmarkt, ist eine Herausforderung. Auch dabei helfen die ehrenamtlichen Betreuer, und dies laut Eitel durchaus nicht vergeblich. Es gebe wohlmeinende Vermieter in der Stadt, die Flüchtlinge bevorzugt hätten. Dies sei aller Anerkennung wert, doch sind so viele trotzdem noch auf der Suche, und ihre Helfer dabei „machen einen Knochenjob“ (Eitel).

Lob für ASB

Einen guten Job bescheinigt Eitel auch der „amtlichen“ Flüchtlingssozialarbeit, die in Herzogenaurach der ASB macht. Die Ehrenamtlichen im Helferkreis werden gleichwohl weiter betreuen, wenn dies von den Menschen gewünscht wird und notwendig ist. Denn die Arbeit des ASB bezieht sich nur auf die Unterkünfte. Für anerkannte Asylbewerber ist die Migrationsbetreuung zuständig. Dort arbeiten laut Eitel zwei Menschen, zuständig für den Landkreis und die Stadt Erlangen.

Mehr Kraft und mehr Mittel für Integration, dies wäre laut Konrad Eitel mindestens genauso wichtig, um weitere Bluttaten zu verhüten, wie mehr und besser ausgerüstete Polizei.

Auch letzteres befürwortet Eitel, nicht zuletzt, um ein Signal an die Bevölkerung zu geben, dass die Regierung für mehr Sicherheit sorgen will. Aber mehr Helme, sagt er, lösen das Problem auch nicht wirklich. Mehr Sprachkurse, Wohnungen, vor allem kürzere Bearbeitungszeiten für die Asylanträge sind nach seiner Meinung genauso nötig.

Als nächstes gelte es ja auch noch, für die Flüchtlinge Arbeit zu finden. Die drei jungen Männer aus der Eichelmühlgasse wollen dies auch mit Macht. Nach den Sommerferien werden sie eine Berufsintegrationsklasse in der Berufsschule besuchen. Filmon Debela Urge und Abdulshukur Hedo Wako, beide aus Äthiopien, machen so lange je ein Praktikum in einer Autowerkstatt, Addisalem Mulat arbeitet im Baubetriebshof.

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