Flüchtlings-Unterbringung: Herzogenauracher mit Bedenken

8.10.2015, 08:57 Uhr
Flüchtlings-Unterbringung: Herzogenauracher mit Bedenken

© Foto: André De Geare

Nachdem der Mietvertrag für ein Jahr (mit der Option auf ein weiteres Jahr) letzte Woche unterschrieben wurde, rechnet Landrat Alexander Tritthart mit der Unterbringung der ersten Flüchtlinge im ehemaligen Praktiker in etwa zwei Wochen. Zunächst werden die 120 Asylbewerber, die sich momentan in der Mehrfachturnhalle in Baiersdorf aufhalten, nach Herzogenaurach verlegt. „Wir müssen den Kindern den Schulsport wieder ermöglichen“, meinte der Landrat.

In dem ehemaligen Baumarkt könnten bis zu 500 Personen untergebracht werden. „Ich verstehe, dass die Zahl von 500 Menschen erst einmal erschreckt, aber das wird auch die absolute Obergrenze sein“, versicherte Tritthart. Das seien gerade mal zwei Prozent der Bevölkerung Herzogenaurachs, ergänzte Bürgermeister German Hacker.

Eigentlich sollten die Flüchtlinge nur zwei bis sechs Wochen in der Erstaufnahme bleiben, aber da die Zahl so angestiegen sei, rechnet das Landratsamt mit einer Verweildauer von vier Wochen bis drei Monaten. Erst dann werden sie in dezentralen Einrichtungen untergebracht, um dort den Bescheid ihres Asylverfahrens abzuwarten.

Für die Sicherheit der Anwohner und der Flüchtlinge im Praktiker sei bestens gesorgt, versicherte Benjamin Fricke vom Erlanger Sicherheitsservice (ESS). In ausreichender Mannstärke und rund um die Uhr werde das Gelände bewacht. Fricke versuchte damit auch den besorgten Anwohner Rainer Zollhöfer, Vater von drei Kindern, zu beruhigen, dessen Haus sich auf der Rückseite des Baumarktes befindet.

Auch Norbert Wetz, stellvertretender Leiter der Polizeiinspektion Herzogenaurach, versuchte die Bedenken zu zerstreuen und verwies auf die positiven Erfahrungen des letzten Jahres, als sich im Berufsschulzentrum eine Erstaufnahmeeinrichtung befand. Damals seien nur 15 Einsätze – „das ist ganz normal“ - notwendig gewesen, bei denen es sich ausschließlich um Konflikte zwischen den Asylbewerbern handelte.

Jürgen Seiermann vom Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) ergänzte, dass sich auch seine Angestellten rund um die Uhr auf dem Gelände aufhalten, um die Menschen mit Essen zu versorgen und zu betreuen. Frank Neumann vom Gesundheitsamt bestätigte, dass keinerlei Infektionsgefahr von den Flüchtlingen ausgehe. Neben der Feststellung der Personalien werden alle ärztlich untersucht, und bisher konnten keine ansteckenden Krankheiten festgestellt werden.

Was geschieht bei Krawallen?

Trotz aller Zusicherungen der Behörden äußerten etliche Besucher ihre Bedenken und Vorbehalte. Was ist, wenn es wirklich zu Krawallen kommt? Ist die relativ kleine Polizeidienststelle, die personell nicht aufgestockt wird, in der Lage, dies zu beherrschen? Norbert Wetz versicherte, dass es für solche Szenarien Pläne gäbe. In relativ kurzer Zeit könnten 20 Beamte aus den benachbarten Gemeinden in Einsatz gebracht werden.

Zündstoff lieferte auch die neue dezentrale Unterkunft in der Goethestraße. Anwohner Frank Fichte beklagte die „Überbelegung“ des Hauses. Bisher hätten dort nur 35 Studenten gewohnt, jetzt 60 „rumhängende“ Jugendliche. Andere Anwohner gaben zu bedenken, dass die Goethestraße ein Schulweg sei und sie Angst um ihre Kinder hätten. „Sie brauchen ihre Kinder nicht wegsperren“, versicherte der hauptamtliche Betreuer der Asylsozialberatung, Stefan Bauer. „Die Asylbewerber haben nicht vor, irgendjemanden zu überfallen, sie wollen Deutsch lernen und arbeiten.“ Und Konrad Eitel vom Helferkreis ergänzte: „Nicht die Menschen, die kommen, sind das Problem, sondern sie kommen, weil sie ein Problem haben“.

Was bringt die Zukunft? Eine Prognose bezüglich der Flüchtlingszahlen wagte der Landrat nicht. Ein Problem ist allerdings schon permanent vorhanden: Es gibt keinen Wohnraum für anerkannte Asylbewerber im Landkreis. German Hacker ergänzte die Ausführungen, dass es insgesamt zu wenig Wohnraum gebe.

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