Football-Legende für die Rhinos

1.2.2019, 19:14 Uhr
Football-Legende für die Rhinos

© Foto: Tom Welker

Joachim Gerlach war 1982 mit seinen Brüdern Manfred und Wolfgang Gründungsmitglied der Noris Rams, die ab Mitte der 1980er Jahre zur deutschen Spitze zählten (auch wenn spätestens im Halbfinale immer Schluss war). Der 55-Jährige zählte auch zum Aufgebot der deutschen Nationalmannschaft, die 1987 Silber und 1989 Bronze holte.

Eine große Nummer also, zumal er ja auch Coach bei den Munich Cowboys war. Und nun "Entwicklungshelfer" in Herzogenaurach?

"Ein wenig Zufall war schon dabei", gesteht Gerlach. Nämlich der, dass es ihn schon seit einigen Jahren in die Aurachstadt verschlagen hat. Und da hat er schon mitbekommen, dass einige Jungs Flag Football auf den Wiesen an der Base gespielt haben. Und auch, dass es sogar eine Rugbymannschaft gab: "Das fand ich ganz cool."

Als dann der Sohn seiner Lebensgefährtin davon berichtete, dass die Herzo Rhinos fleißig trainieren, hat er sich mal als Zaungast unentdeckt am Weihersbach am ASV-Platz eingefunden. Doch erst als ihm zugetragen wurde, dass das Team einen neuen Trainer sucht und Abteilungsleiter Niklas Benz ihn anrief, leckte er Blut.

Ganz ohne Football ging es bei ihm nämlich nie, auch wenn er seine aktive Karriere aus gesundheitlichen Gründen früher als erhofft beenden musste. So ist er immer wieder zu Gast bei seinem alten Verein, der nach einer Talfahrt unter Nürnberg Rams firmiert und in der German Football League 2 Süd zu Hause ist. Treffen mit den alten Kameraden und Spiele der NFL am Fernseher sorgen zudem dafür, dass er immer noch auf dem Laufenden ist.

Und nun halt das Angebot der Rhinos. Joachim Gerlach: "Ich sehe das als Herausforderung. Ich habe hier hoch motivierte Jungs angetroffen, die Flag Football wirklich schon gut draufhaben, aber zum Tackle Football gehört halt mehr als Werfen und Fangen."

Football-Legende für die Rhinos

© Foto: Stefan Hippel

Er weiß, dass er sich da eine Mammutaufgabe aufgehalst hat. Eigentlich bräuchte er mindestens noch einen Co-Trainer, um beim Training mit durchschnittlich knapp 30 Mann effektiv arbeiten zu können. Er selbst hat ja immer in der Offense Line gespielt, zunächst als Tackle, später als Tight End, "als der Trainer gemerkt hat, dass ich auch gut fangen kann – dass ich groß bin, hat man ja schon vorher gewusst", erinnert sich der Zwei-Meter-Hüne schmunzelnd. Für Laien: Anfangs sollte er nur seinen Quarterback vor gegnerischen Attacken bewahren, als Tight End durfte er sich aus der Formation lösen und selbst Touchdowns erzielen.

In Herzogenaurach würde er sich einen Defensivspezialisten an seiner Seite wünschen, damit man erstens die Übungen aufteilen und zweitens alle Spieler im Auge behalten könne. Ansonsten müsse er sich auf Videoaufzeichnungen im Training verlassen, um die Spieler auf Feinheiten und vor allem Fehler hinzuweisen.

Den Unterschied zwischen den Offensivreihen und den Verteidigern beschreibt er in ziemlich derben Worten: "Die Angreifer müssen taktisch und technisch ausgefeilt sein. Da geht es um perfektes Timing. Jeder muss zu jedem Moment wissen, was er bei den verschiedenen Spielzügen zu tun hat. Macht einer was falsch, platzt der ganze Spielzug des Teams."

Und die Verteidiger? "Das ist ein reines Zerstörerkommando. Da stehen die Jungs, die als die Kinder die Sandburgen der anderen zusammengetreten haben. Da ist Disziplin neben der gesunden Härte die wichtigste Tugend."

Sein wichtigster Part sei jedoch, die Spieler vom fast körperlosen Flag Football zum sehr kontaktfreudigen Tackle Football hinzuführen: "Die Jungs müsse lernen, darauf zu vertrauen, dass Helme und Schulterpolster sie wirklich schützen, wenn sie in die Zweikämpfe gehen müssen. Da darf man sich nicht schonen – und ohne Hits (Treffer) geht das nie ab."

Das Equipment spiele da eine wichtige Rolle, aber noch entscheidender sei die Psyche. Viele seiner Jungs kommen vom Fußball und anderen "Semi-Kontaktsportarten", wie er sie nennt; da seien solche frontalen Aufprallaktionen nicht üblich: "Das müssen die Burschen bis zum Sommer in ihre Köpfe bekommen, dass sie da richtig Gas geben."

Jetzt im Wintertraining in der Halle kann Gerlach noch keine Spielzüge einstudieren, da geht es um Basics wie Beinarbeit oder Details im Zweikampf. Außerdem sei jetzt Zeit für die "Muckibude", findet der Coach: "Wir haben zwar schon einige echte Athleten dabei, aber es schadet nicht, wenn sich alle noch ein bisschen körperlich aufbauen, bevor es richtig losgeht."

In der Aufbauliga Nord steht man ab Juni Teams wie den Bamberg Phantoms, den Coburg Black Dukes, den Coburg CoTrojans, den Nürnberg Silverbacks, den Schweinfurt Hornets und dem Lokalrivalen von den Hemhofen Gechers gegenüber. Wie man sich da schlagen wird, darüber kann selbst ein alter Hase wie Gerlach nur spekulieren. Man dürfe nicht zu viel erwarten, gerade im American Football sei Erfahrung ein ganz wichtiger Faktor. "Da ist ein Jahr Vorsprung eine ganze Menge", sagt Gerlach.

Damit die Rhinos diesen Rückstand aufholen können, will der Altmeister unbedingt ein mehrtägiges Trainingslager ("nicht auf dem Vereinsgelände, da gibt es zu viel Ablenkung") abhalten: zum sportlichen Feinschliff und zum Teambuilding. Testspiele gehören ebenfalls zum Vorbereitungsprogramm, um in den Spielmodus zu finden.

Er spricht aus Erfahrung, denn als er mit seinen Kumpels auf Nürnbergs Wiesen erstmals mit dem Football-Ei in Berührung kam, gab es auch nicht gleich Erfolge. Doch als sie 1982 die Rams gründeten, ging es relativ schnell bergauf – auch dank Hilfe der hier stationierten US-Soldaten, die ihre reiche Erfahrung einbrachten, gelang der Durchmarsch durch die 2. Liga. Ob die Rhinos auch so eine Erfolgsgeschichte schreiben werden?

Übrigens: Die Flag-Football-Gruppe besteht noch immer im ASV Herzogenaurach – aber ihre Existenz ist gefährdet: Die meisten wollen nun "tacklen" und bei den "großen Jungs" im Football dabei sein.

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