Freie Wähler wollen in der Koalition kein Anhängsel sein

19.10.2018, 17:40 Uhr
Freie Wähler wollen in der Koalition kein Anhängsel sein

© Foto: M. Balk/dpa

85 Abgeordnete stellt die CSU im neu gewählten Landtag, der mögliche Koalitionspartner Freie Wähler brächte 27 Sitze mit ins Bündnis. Die Gewichte sind damit klar verteilt, doch für die Freien Wähler ist das kein Grund, sich in eine Rolle als Juniorpartner drängen zu lassen. Irene Häusler, Kreisvorsitzende der Freien Wähler, traut Hubert Aiwanger und Co. zu, sich durchzusetzen. "Sie sind markant genug, um sich nicht aufs Abstellgleis schieben zu lassen. Wir sind kein Anhängsel, sondern eine eigenständige Kraft. Besonders im ländlichen Raum."

Hier sieht Häusler auch die Stärken ihrer Partei. Wichtige Themen sind aus ihrer Sicht gebührenfreie Kinderbetreuung und die Kosten für den Straßenausbau. Hier müssten nach den Bürgern endlich die Kommunen entlastet werden. Auch für den Erhalt der Kreiskrankenhäuser wollen sich die FW in einer Koalition einsetzen.

Zur Stärkung des ländlichen Raums könnte sich Häusler deshalb die Ministerien für Landwirtschaft, Arbeit oder Gesundheit gut vorstellen, aber auch das Justizressort. "Eigentlich alle Bereiche, in denen man etwas verändern kann und muss. Wenn nichts zu verändern wäre, wäre das Wahlergebnis nicht so ausgefallen."

Das sieht der knapp gescheiterte Landtagskandidat Christian Enz genau so: "Ich bin guter Dinge, dass wir relativ vieles durchsetzen können – vor allem bei den Kernthemen." Für den Höchstadter ist das in erster Linie die kostenfreie Kindertagesstätte ("ein wichtiges Zukunftsthema").

Außerdem würde er gerne noch einmal über die großen Stromtrassen neue verhandeln, denn "falls die wie geplant kommen, müssen die Kohelnkraftwerke noch länger laufen. Das will aber unsere Gesellschaft nicht." Und als Franke will er die dritte Starbahn des Münchner Flughafens verhindern: "Die gefährdet den Nürnberger Flughafen massiv in seiner Existenz."

Für den wiedergewählten Herzogenauracher CSU-Landtagsabgeordneten Walter Nussel ist klar, dass die Freien Wähler Ansprüche anmelden werden. Wichtig sei aber, eine stabile Regierung auf den Weg zu bringen und die Ministerien entsprechend zu verteilen. "Da appelliere ich an die Vernunft. Es müssen beide Seiten Abstriche machen."

Ganz oben steht für Nussel, dass endlich Berlin keine Rolle mehr spielt und die bayerischen Themen wieder in den Vordergrund rücken. "Das Diesel-Problem können wir nicht in Bayern lösen", sagt er.

Dass die Freien Wähler der nominell deutlich kleinere Partner wäre, werde die Regierungsarbeit nicht einfacher machen, ist sich Nussel sicher, der Partner sei aber natürlich ebenfalls an den Koalitionsvertrag gebunden. Hier gelte es deshalb bestmögliche Schnittmengen zu finden. "Das war schließlich der Wählerwille", sagt Nussel. Der Wähler müsse aber auch wissen, dass jetzt nicht mehr alles wie versprochen umsetzbar sei.

Etwa bei den Stromtrassen liegen die Meinungen weit auseinander: "Die Freien Wähler wollen die Energiewende, aber keine Stromtrassen. Doch genau die werden für die Infrastruktur gebraucht."

Parteikollege Stefan Müller, CSU-Bundestagsabgeordnete und Kreisvorsitzender, ist sich sicher, dass eine Koalition mit den FW "eine stabile Regierung auf einem gemeinsamen bürgerlichen Wertefundament möglich machen wird". Die inhaltlichen Schnittmengen und Übereinstimmungen seien groß.

Die Behauptung, die Menschen in Bayern hätten am Sonntag für eine grundlegende Veränderung gestimmt, sei im Übrigen eine Legende, sagt Müller: "Die bürgerlichen Parteien CSU, Freie Wähler und FDP stehen zusammen für 53,9 Prozent der Wähler in Bayern. Grüne, SPD und Linke bringen dagegen nur 30,4 Prozent auf die Waage. Wie man ernsthaft glauben kann, daraus einen Auftrag für die Abkehr von einer erfolgreichen bürgerlichen Politik in Bayern ableiten zu können, ist mir schleierhaft."

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