Für Jürgen Decke ist das "Theater Pfütze" sein Lebenswerk

1.2.2018, 14:00 Uhr
Für Jürgen Decke ist das

© Foto: Michael Metejka

Die Aurachstadt liegt Jürgen Decke immer noch am Herzen. Immerhin leben seine Eltern und sein jüngerer Bruder hier, den älteren Bruder hat es auch nur bis nach Hemhofen verschlagen. Und Jürgen Decke selbst wohnt in Nürnberg. Denn dort hat sich der heute 54-Jährige ein eigenes Theater aufgebaut.

Golden erstrahlt das "Theater Pfütze" in Nürnberg. So minimalistisch der Bau auch ist, die Fassade macht das Theater zu etwas Besonderem. Zudem scheint es fast zu schweben, ist es doch auf dem Dach der Sebalder Höfe platziert — und somit zwar zentral gelegen, aber dennoch geschützt und mit Grün vor der Tür. Dass sich dieses einst visionäre Bild einmal erfüllen würde, damit hat Jürgen Decke nicht gerechnet, als er mit Kommilitonen im Jahr 1986 das "Theater Pfütze" gründete.

Aufgewachsen ist Jürgen Decke in Herzogenaurach, besuchte die Carl-Platz-Schule, dann das Gymnasium. Schon während der Schulzeit sammelte er erste Theatererfahrungen in der Theatergruppe. "Das ist mir leicht gefallen und hat mir auch Spaß gemacht", erinnert sich Decke. Nach dem Abitur studierte er Theaterwissenschaften an der Uni in Erlangen — "ein sehr praktisch ausgelegtes Studienfach". Der Impuls für etwas Eigenes sei eigentlich von einem Kommilitonen gekommen. Dieser hatte den Auftrag, eine Kindertheaterproduktion auf die Beine zu stellen und wollte Jürgen Decke dabei haben. "Das war die Keimzelle der Pfütze." Denn die Studienfreunde fanden Gefallen daran, Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen seriöse und anspruchsvolle Werke zu präsentieren — abseits von reinem Klamauk. Freilich komme der Humor nicht zu kurz, aber der Qualitätsanspruch gelte damals wie heute, betont Decke. "Kinder merken einem Bühnengeschehen an, ob sie nur veräppelt oder ernst genommen werden." Man wolle Geschichten mit Substanz erzählen.

Erinnerungen im Gepäck

Für Jürgen Decke ist das

© Foto: Stefan Hippel

Und das seien dann auch die schönsten Momente, wenn etwas hängenbleibe und die Kinder einen Teil der Geschichten "als Gepäck mit durchs Leben nehmen", erzählt Decke mit leuchtenden Augen. Niemals werde er etwa den Ausspruch eines Grundschülers nach einer Vorstellung vergessen: "Was ich heute erlebt habe, kann mir keiner mehr nehmen." Oder folgenden Eintrag im Gästebuch: "Ihr seid besser als McDonalds und Michael Jackson zusammen."

Diese Momente — und natürlich auch die Würdigung der Arbeit durch Festival-Einladungen, Nominierungen und Auszeichnungen — machten seinen Beruf aus, so Decke. "Eine Portion Leidenschaft gehört natürlich auch dazu." Denn die Kehrseite der Medaille ist das Privatleben, das mitunter auf der Strecke bleibt. Jürgen Decke: "Das bitterste ist, dass Theaterleben und Familie nicht einfach zu vereinbaren sind; es ist ein zeitraubender und fordernder Beruf." Dennoch habe er seinen eingeschlagenen Weg nicht bereut. Nach den Anfängen 1986 war das "Theater Pfütze" mit einem festen Kreis von acht Schauspielern zunächst mobil unterwegs, man trat vor allem in Turnhallen und Schulaulen auf. Der Name "Pfütze" sei übrigens nach einer durchzechten Nacht entstanden, als jemand diesen Namen einfach in die Runde warf. "Pfütze hat uns gefallen, weil es so poetisch ist: Man kann sich darin spiegeln, hineinspringen, und die Fantasie wird angeregt. Es symbolisiert ein Gesamtbild von Verspieltheit und Kreativität."

Die Entscheidung, das Theater zum Hauptberuf zu machen, fiel nach mehreren Monaten, in denen das Ensemble mit dem eigenen Stück "Der kleine Prinz" äußerst erfolgreich im Nürnberger Planetarium aufgetreten war. Ihr erstes festes Domizil bezogen die Schauspieler 1997 in der Oberen Kanalstraße. Zur Verfügung gestellt wurde das Gebäude von Gerd Schmelzer, bis heute ein wichtiger Förderer und "Freund des Hauses", wie Decke sagt.

Damals lautete auch der offizielle Auftrag der Stadt, das Stadttheater (heute Staatstheater) solle die Sparte Kindertheater an freie Gruppen abtreten — also an "Pfütze" und "Mumpitz" (ebenfalls nach wie vor in Nürnberg tätig); natürlich mit entsprechender finanzieller Unterstützung. Das "Theater Pfütze" ist somit offizieller Kooperationspartner des Staatstheaters Nürnberg, eine Kooperation existiert auch mit dem Stadttheater Fürth. Weitere wichtige Förderer sind der Bezirk Mittelfranken, das Land Bayern, die Zukunftsstiftung der Sparkasse und Lebkuchen Schmidt aus Nürnberg.

Ein Meilenstein in der "Pfütze"-Geschichte war zweifellos der Umzug in ein nagelneues Haus, wiederum von Gerd Schmelzer, der mit seiner Alpha-Gruppe für die Sebalder Höfe verantwortlich zeichnet. Eröffnung des goldenen Kubus’ auf dem Dach der Sebalder Höfe war 2007. Bis dahin hatte sich das "Theater Pfütze" bereits einen Namen gemacht, "das Konzept ist aufgegangen", freut sich Jürgen Decke.

Reduziertes Ambiente

Jetzt agiert das aus insgesamt 20 Personen bestehende Ensemble (acht davon auf der Bühne), darunter auch ein Technik-Azubi, auf 700 Quadratmetern. Herzstück ist natürlich der Theatersaal mit 220 Plätzen, ein Foyer mit Galerie sowie Garderobe, Büros und ein Lager im Keller komplettieren das Theater. Anfangs nicht ganz so begeistert von dem "Kasten", findet Jürgen Decke das Gebäude heute ideal. "Es ist ein hochwertiger Ort — klar und reduziert im Ambiente. Das hat sich bewährt, weil Kinder und Jugendliche heute ja sonst zugeschüttet werden mit Reizen."

Ausdrücklich bietet das "Theater Pfütze" Stücke ab einem gewissen Alter an — "nach oben hin offen", betont Decke. Oft bediene man sich Kinder- und Jugendbücher, die dann in Theaterstücke umgearbeitet werden. "Und auch in reguläre Stücke greifen wir gerne ein bisschen ein, um diese auf unser Ensemble und unsere künstlerischen Vorstellungen zuzuschneiden", sagt Decke.

Momentan stehe das "Theater Pfütze" vor einem Umbruch. Im Zuge eines Verjüngungsprozesses wolle man auch andere, experimentellere Herangehensweisen ausprobieren. Neben den Sparten Schauspiel und Musiktheater solle ein neues Format mit dem Titel "Freiraum" Platz finden — "hier ist vieles denkbar und möglich".

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