Ganz neue Laufbahn

HERZOGENAURACH - Er ist kein Läufer mehr. Aber deswegen, sagt sich Wilson Kipketer, kann man auch nicht stehen bleiben. Mit bald 43 orientiert sich der dreifache Weltmeister beruflich völlig neu und studiert Sportmanagement und -technologie. Seit zwei Wochen ist die Lauf-Legende Praktikant bei Puma in Herzogenaurach.

Der in Kenia aufgewachsene Däne ist vermutlich der schnellste Praktikant, den der Sportartikler je beschäftigt hat. Kipketer hat über seine Spezialstrecke 800 Meter drei Weltrekorde aufgestellt, die 1:41,11 Min. bestanden bis 2010, fünf Jahre über sein Karriereende hinaus. In der Halle war bislang noch kein Mann schneller als er, weder über 800 noch über 1000 Meter – und das seit über 15 Jahren.

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Wenn Kipketer heute mit einem breiten Lächeln aus seinem Büro in der von Martyn Bowen geleiteten Abteilung für die Märkte Europa, Mittlerer Osten und Afrika kommt, traut man ihm durchaus zu, seine Wette mit Björn Gulden zu gewinnen. 1:50 Min. oder schneller muss er die 800 Meter laufen, und in zwei Jahren will er so weit sein, wenn das Studium und seine Abschlussarbeit fertig sind und er drauf trainieren kann.

Sonst aber hat er mit Wettkampfsport für sich abgeschlossen — und zwar ohne Groll auf die Rückschläge, die auch ein Champion erlebt. Die Malaria z. B., die er sich auf Heimaturlaub in Kenia einfing und deren Spätfolgen ihn 2000 im Olympiafinale von Sydney hinter den Deutschen Nils Schumann herlaufen ließen.

1996 hatte er wegen des Wechsels der Staatsbürgerschaft nicht in Atlanta antreten dürfen („Meine eigene Entscheidung. Niemand ist schuld“). 2004 in Athen lief er auf den Bronzerang und somit blieb einer der größten Mittelstreckler aller Zeiten ohne Olympiasieg. Was soll‘s, der Promi-Praktikant lacht mit unnachahmlicher afrikanischer Heiterkeit.

Er nimmt heute andere Dinge wichtig, kümmert sich um seine „Kipketer Foundation“, die Straßenkinder in Afrika unterstützt, läuft ab und zu „um frische Luft zu schnappen“ und kümmert sich intensiv um Läufer-Schuhwerk. Da kennt sich der Profi aus und will sein Know-how einsetzen, dass man Schuh-Typen entwickelt, die wirklich auf den jeweiligen Läufer-Typ zugeschnitten sind, und sie vermarkten helfen.

Seine ersten Spikes, die er als Junge in Kenia bekommen hat, sagt Kipketer, waren schon von der Raubkatzenmarke, den Weltrekord in Köln, das weiß er noch, rannte er in „schönen gelben Spikes“. Puma war Kipketers langjähriger Sponsor, sein Ansprechpartner der Running-Experte der Firma, Pascal Rolling. Über diese Kontakte kam auch die Praktikantenstelle, der Kipketer nach der Herzogenauracher Zeit noch vier Wochen nach Schweden führt. RAINER GROH