Ganzjährige Lust und Last mit Weihnachtsbäumen

17.11.2017, 08:57 Uhr
Ganzjährige Lust und Last mit Weihnachtsbäumen

© Foto: Silvia Wawarta

Die Ruhe vor dem Sturm: Auf dem Hof "Frankentanne" der Geyers in Oberwinterbach herrscht noch weitgehend gähnende Leere. Nur am Rand drängeln sich einige Dutzend in weiße Netze verpackte Nordmann-Tannen und Blaufichten. Gerade die von vielen Kunden als zu stachelig empfundenen Blaufichten sind Doris Geyer besonders ans Herz gewachsen. "Sie hat damit schon einige Preise gewonnen", verrät ihr Ehemann, der Hofbetreiber.

In einer anderen Hof-Ecke die eingetopften Christbäume. Eigentlich ein Nischen-Produkt. "Sie werden später von den Leuten in ihren Garten gepflanzt", sagt Doris Geyer.

Spätestens an den Adventssamstagen herrscht auf dem Vorplatz vor ihrem schmucken roten Häuschen drangvolle Enge. Zusätzlich zu den bis zu 300 ausgestellten Weihnachtsbäumen sind dann Hundertschaften von Christbaum-Kunden vor Ort.

Von Familie markiert

"Viele wollen die Bäume selbst absägen", erklärt Doris Geyer. Das Händler-Ehepaar stellt ihnen bereitwillig Sägen zur Verfügung. Etliche der solcherart zu Fall gebrachten Weihnachtsbäume wurden Wochen vorher von den Kunden-Familien höchstpersönlich herausgesucht und markiert, beispielsweise mit blauen Plastiktüten.

"Die Kunden kommen dann acht bis zehn Tage vor Heiligabend, um den Baum abzusägen", berichtet Doris Geyer von diesen lupenreinen Familien-Events. "Kinder verdreckt, Vater total verdreckt", so stehen die Familien dann mit dem abgesägten und hergetragenen Baum vor ihm, erinnert sich Herbert Geyer voller Vergnügen. "Der Vater hält den dicken Stamm, die Kinder die Baumspitze."

Oft genug hat der Papi einen Verband am Finger, "weil er sich in den Finger geschnitten hat". Gleichzeitig strahlen solcherart versehrte Familienväter nach ihren Waldarbeiter-Einsätzen über das ganze Gesicht.

Mit Kutschenfahrten, Alphornbläsern, Lagerfeuer, Stockbrot und gerösteten Kartoffeln an jedem Adventswochenende sorgen die Geyers derweil für das passende Rahmenprogramm bei dieser alternativen Form des Christbaum-Shopppings.

Bis Weihnachten haben die Christbaum-Züchter kaum eine ruhige Minute, geschweige denn einen freien Tag. "Meinen letzten Weihnachtsbaum habe ich an einem 28. Dezember verkauft", erinnert sich Doris Geyer. Der vergessliche Vater wurde von seinen Lieben so lange genervt, bis er doch noch ein schmuckes Adventsstangerl einkaufte.

Echter Trend

Einen echten Trend zu Bäumen aus heimischer Produktion sieht Herbert Geyer. Grund genug für ihn und seine Frau, 2004 auf die Christbaum-Anbau als Vollerwerb umzusatteln. "In der ersten Zeit haben wir viel Lehrgeld gezahlt", erinnert sich Doris Geyer. "Im ersten Winter sind bei bitterer Kälte viel Bäume erfroren."

"Schönster Job"

Ihr Ehemann lakonisch zur Situation eines Landwirts, der mit der Natur lebt: "Mal ist es zu trocken, mal zu nass, es hagelt oder es gefriert — dennoch ist das der schönste Job für mich."

Die schönste Zeit ist aber für ihn auf dem Hof nicht die Vorweihnachtszeit, sondern das Frühjahr. "Das ist die Zeit, wenn die Bäume alle austreiben."

Auf ihren "pflegetechnischen Durchgängen" durch die Christbaum-Kulturen sind die Geyers vor Überraschungen nicht gefeit. Doris Geyer: "Christbäume sind keine Monokultur." Immer wieder entdeckt sie zwischen den Zweigen der Tannen und Fichten Vogelnester. "Die lasse ich drin, denn den Kunden gefällt das." Aber auch Erdhummeln, Eidechsen und Insekten gehören zur Tierausstattung auf ihrer Weihnachtsbaum-Plantage.

Insgesamt bewirtschaften die Geyers 40 Hektar Anbaufläche für ihre Weihnachtsbäume. Die Frage nach ihrem Markt-Anteil beantwortet Doris Geyer spitzbübisch mit Blick auf ihre bessere Hälfte: "Klar ist er der Größte mit seinen 1,96 Metern Körpergröße." Herbert Geyer kurz darauf etwas sachlicher: "Ich denke, ich bin bei den Top-Ten in Bayern."

Inzwischen haben sich die heimischen Anbieter auch mit der Kälte arrangiert. Mit der automatischen Beregnungsanlage werden die nahe des Wohnhauses gepflanzten Baumkulturen gerade an extrem kalten Wintertagen in wärmenden Sprühnebel getaucht. "Wir haben aber nur Wasser für drei Tage", schränkt Doris Geyer ein.

Widerstandsfähigere Sorten

Widerstandsfähigere Baumsorten werden einfach hangaufwärts gepflanzt, auf exponiertere Lagen. Solche Tricks mussten sich die Vestenbergsgreuther Erzeuger mühsam erarbeiten.

"Früher kamen die Bäume aus Dänemark, aber da war keiner bereit, sein Wissen preiszugeben." Ihr Know-how um die Christbaum-Zucht geben die Eheleute mittlerweile in Kursen weiter. Vor unliebsamer Konkurrenz ist ihnen nicht bange. Das Geschäft brummt.

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