Heiß auf Dampfer: Röttenbacher liebt Schiffsmodelle

8.1.2019, 06:00 Uhr
Heiß auf Dampfer: Röttenbacher liebt Schiffsmodelle

© Foto: Rainer Groh

Auf dem Weg in Frank Behringers Modellbau-Werkstatt kann man sich von der Nase leiten lassen: Immer deutlicher riecht es nach Leim, wenn man in den Keller des Hauses am Goldberg hinabsteigt. Es geht vorbei an einer Metallkommode mit einem wahrlich umfassenden Materiallager aus Hölzern und Polystyrol-Teilen aller Formate und Größen, dann ist man in der "Werft".

Ein Raum voller Kleinteile-Magazinen, Werkzeugschränken und Regalen voller Plänen, in der Mitte der Tisch mit dem Rumpf des Modellschiffs. 1,43 Meter lang, 17,5 Zentimeter breit ist der Schiffskörper, genau 100 mal kleiner als das Original, das 1929 die große Werft Blohm & Voss verließ. Aus Fichten-Sperrholz aus dem Baumarkt hat Behringer die Außenhaut geformt, die Spanten, das innere Skelett, sind aus Sperrholzplatten.

Mit einem Köper-Gewebe aus Kunstfasermaterial ist der Rumpf zum Schutz überzogen, gespachtelt und grundiert. Er wartet noch auf seine Lackierung. Selbstverständlich wird das Modell die gleichen Farben haben wie das Original. Modellbauer Behringer lässt die Farben nach den im Bauplan vermerkten RAL-Tönen vor Ort mischen: bei der Röttenbacher Malerfirma Dausch.

Der 52-Jährige, der seit seiner Grundschulzeit dem Modellbau verfallen ist und ein besonderes Faible für Schiffe aus den ersten sieben Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts hat ("Damals waren sie am schönsten"), hat die Modell-Erlangen im September in seiner Werkstatt auf Kiel gelegt. Der Rumpf samt der Halterung für das Ruder und das Deck aus Pappel-Sperrholz sind kurz vor Weihnachten fertig geworden. So konnten Behringer und seine Mit-Projektanten einen symbolischen Mini-Stapellauf veranstalten.

Heiß auf Dampfer: Röttenbacher liebt Schiffsmodelle

© Foto: Groh

Mit im Boot im wahrsten Sinn des Wortes sind der Röttenbacher Seefahrt-Enthusiast Frank Müller, der die Geschichte des wohl berühmtesten Blockadebrecher-Schiffs recherchiert und niedergeschrieben hat, und der Münchner Bernd Jocham. Letzterer hat aus den Werftplänen der "Erlangen", die wiederum über Frank Müllers gute Beziehungen organisiert werden konnten, für Behringer Baupläne gezeichnet, vor denen der Modellbauer nur den Hut ziehen kann. Hochgenau, vom Schornstein bis zu den Tiefgangs-Anzeigen an beiden Seiten des Rumpfs.

Auf Frank Behringer, den Ausführenden, warten jetzt noch der schwerste Teil der Arbeit: die Aufbauten. Vorher wird er noch die Masten, die Ankerklüse und die Bullaugen, das Ruder und die Schraube samt Antriebswelle nebst einem Elektromotor einbauen. Alle Modelle aus der Werft am Goldberg sind, wenn nicht see-, doch weihertauglich und werden wirklich zu Wasser gelassen.

Bei den Aufbauten von der Brücke bis zu den Ladebäumen, setzt der Modellbauer auf Kunststoff. Polystyrol ist schneller zu verarbeiten und in allen möglichen Formen zu bekommen. In Behringers Arsenal finden sich maßgenaue Stäbe ab 0,4 Millimeter Durchmesser, aber auch — für’s Grobe — alte Werbeschilder, bestens geeignete Bau-Platten für Wände.

Ein Talent zur Zweitverwendung aller möglichen Alltagsgegenstände zeichnet einen Modellbauer eben aus. Nicht ohne Schmunzeln erzählen Behringer und sein Modellbau-Freund Manfred Ott, dass sie einmal Kugelschreiber-Spitzen für einen Schiffskran-Nachbau verwendet haben. Sie hatten maßstabsgerecht die Form der Stützen des historischen Originals.

Heiß auf Dampfer: Röttenbacher liebt Schiffsmodelle

© Foto: Groh

Eine Laufmasche ist auch noch lange kein Grund, eine Nylon-Strumpfhose wegzuwerfen. Frank Behringers Partnerin Anita kann es bestätigen: Einige ihrer aufgetragenen Nylons formen den Rumpf der Miniatur-Rettungsboote auf den Schiffen, die Behringer schon nachgebaut hat.

Andere Teile, Winden zum Beispiel oder auch Luken, gießt der Modellbauer in Urformen aus Silikon-Kautschuk. Und selbst die Typenschilder sind maßstabsgerecht aus Alu-Folie. Injektionsspritzen für das Guss-Material gehören ebenso zum gehorteten Werkzeug-Arsenal wie selbstgebaute Schleifhilfen, mit denen man jede Rundung glätten kann.

Ein Jahr Bauzeit hat Behringer für die "Erlangen" eingeplant. Der Röttenbacher arbeitet hauptberuflich als Flaschner, die Modell-Werkstatt ist dennoch täglich in Betrieb, Haupt-Arbeitstag der Sonntag. Partnerin Anita gewinnt diesem Zeitaufwand Gutes ab: Sie würde die Fieselarbeit heftig stressen, ihr Frank dagegen werde dabei ruhig und ausgeglichen.

Wenn es die Blaualgen-Lage im Dechsendorfer Weiher zulässt, soll die "Erlangen" im Sommer erstmals ihre Manövrierfähigkeit zu Wasser erproben. Fertig soll das Modell im Herbst werden. Frank Müller hat bereits seinen Seefahrt-Freundeskreis darauf hingewiesen. Die Original-Erlangen wäre dann 90 Jahre alt. Zum Jubiläum soll es eine Ausstellung geben — in Erlangen oder in Röttenbach.

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