Hemhofen: „Wischi-Waschi“ zur Zukunft der Flüchtlinge

9.6.2016, 14:02 Uhr
Hemhofen: „Wischi-Waschi“ zur Zukunft der Flüchtlinge

© Foto: Niko Spörlein

Gleich eingangs erklärte Bürgermeister Ludwig Nagel, dass die Zustimmung zur Nutzung der ehemaligen Tennishalle als Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber zeitlich befristet sei — und zwar bis 30. September 2016. Die Erstaufnahmeeinrichtung wurde auf Anraten des Landkreises in eine dezentrale Unterkunft umgewandelt. Der Gemeinderat, so Nagel, nahm hiervon in seiner Sitzung am 3. Mai 2016 Kenntnis und verband seine Zustimmung zur Nutzung über den 30. September 2016 hinaus mit einer Zusage des Landkreises, dass „Fehlbeleger“ der Unterkunft nicht der Gemeinde als Obdachlosenbehörde aufgelastet werden. „Fehlbeleger“ seien anerkannte Asylbewerber, die eigentlich nicht mehr in einer öffentlichen Unterkunft untergebracht werden sollten.

Laut Nagel ließ das Landratsamt wissen, es sei nicht beabsichtigt, Fehlbeleger der Gemeinde zuzuordnen, die dann für Wohnungen sorgen müsste. Der Zusatz in diesem Schreiben vom Landratsamt – „soweit für den Landkreis diesbezüglich ein Entscheidungsspielraum besteht“ – verunsicherte einige Bürgervertreter. Vizebürgermeister Hansjürgen Müller (Freie Wähler) sprach verärgert von einem „Wischi-Waschi-Schreiben“, das nicht aussagefähig sei. Weil die Gemeinde Hemhofen auf eine beiderseitige Kündigungsfrist von drei Monaten bestand und daher der Gemeinderat damit quasi bei jeder Sitzung die Verträge kündigen könne, wurde beschlossen, das Vertragsverhältnis weiter bestehen zu lassen.

Bürgermeister Nagel ließ in diesem Zusammenhang wissen, dass derzeit 102 Flüchtlinge in der Halle untergebracht seien, 18 davon als „Fehlbeleger“. Probleme mit den Menschen unterschiedlichster Herkunft, Kultur und Religion habe man keine; im Gegenteil, so Nagel, es würden sich immer wieder Asylbewerber melden, die Arbeiten möchten. Soweit die Gemeinde dies regulieren könne, setze man zwischen fünf bis zehn Flüchtlinge für Arbeiten im Bauhof ein.

Einer dieser Flüchtlinge ist der 31-jährige Iraner Sasan Bijani, der seit Ende Oktober 2015 in Deutschland ist. Er wohnt inzwischen in einer Wohnung im TSV-Sportheim und arbeitet auf Geringverdienerbasis seit März 2016 mit Vorarbeiter Siggi Großkopf zusammen. Und der wiederum legt sich ins Zeug mit seinem „Grünanlagen-Spezialist“ Bijani, denn dieser spricht indessen gut verständliches Deutsch.

Im Anschluss an diese Debatte verabschiedeten die Lokalpolitiker ein Baulandkaufmodell. Dies werde nötig, weil die Gemeinde beim Verkauf der ohnehin kaum mehr vorhandenen freien Grundstücke quasi nichts verdiene. Ähnlich wie andere Kommunen, bietet die Gemeinde nun Besitzern von potenziellem Baugrund (z. B. Acker oder Bauerwartungsland) an, 50 Prozent ihrer Flächen für 65 Euro pro Quadratmeter abzukaufen.

Der Besitzer könnte mit dem Erlös einen Großteil der Erschließungskosten seiner restlichen Grundstücksfläche decken. Eine Erschließungskostenvorauszahlung (die sich an die endgültigen Erschließungskosten orientiere) an die Gemeinde wird allerdings fällig. Die Gemeinde muss zehn Prozent der kompletten Erschließungskosten selbst zahlen und legt die restlichen Kosten auf die Bauwerber um.

Klar, dass dieses Baulandkaufmodell nicht ohne Debatten beschlossen wurde; insbesondere störten sich einige Räte an den fixen Grundstückspreis (65 Euro), den die Gemeinde zahlt. „Ich warne vor unterschiedlichen Preisstrukturen“, meinte Bürgermeister Nagel, dies könne zu großen Differenzen in der Gemeinde führen, zumal die Erschließungskosten nie fix benannt werden können. Nagel bezifferte diese auf zwischen 75 und gar 95 Euro pro Quadratmeter. Am Ende entschied sich der Gemeinderat für das Modell.