Herzo: Stadtmauer ist voller Überraschungen

2.7.2015, 07:00 Uhr
Herzo: Stadtmauer ist voller Überraschungen

© Fotos: Kronau

Dort wird die Südseite der Stadtmauer auf rund 20 Meter ausgebessert. „Zum Teil fehlen Teile, zum Teil sind sie die Steine locker“, erklärt Albert Geinzer von der Gebäudewirtschaft der Stadt. Lücken werden mit passendem Steinmaterial ergänzt, lockere Steine herausgenommen, nummeriert und dann wieder hinzugefügt. Die Innenseite der Mauer, also die der Stadt zugewandten Seite, ist in der Regel mit kleineren Steinen und unregelmäßiger gebaut. Die Kosten für die Sanierung schätzt Geinzer auf rund 25 000 Euro. Ein Teil davon wird aus dem Programm „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“ der Städtebauförderung von Bund und Land finanziert.

Grund für die aktuelle Sanierungsmaßnahme an der Bamberger Straße ist ein geplanter Hausbau auf dem unmittelbar anschließenden Grundstück „Am Rahmberg 1“. Dort war vor Jahren schon der bestehende Altbau, das alte Wachhaus, abgerissen worden. Die Mauer war ein Teil der rückwärtigen Hauswand.

Letzteres ist sehr oft der Fall entlang der Stadtmauer. „In der Regel“, so Anja Wettstein vom Planungsamt, gehört die Mauer der Stadt, sie hat auch eine eigene Flurnummer. Die Bauherren früherer Tage haben quasi die Stadtmauer genutzt und darauf ihre weitere Rückwand gesetzt.

Beides möglich

Noch weiter zurück in der Zeit, im Mittelalter, sei das anderes gewesen. Da habe es zwischen Mauer und Gebäude noch einen Abstand gegeben, weiß Wettstein aufgrund von Informationen des Landesamtes für Denkmalschutz. Aktuell ist man übereingekommen, dass bei neuen Bauvorhaben an der Stadtmauer beides möglich ist: die Einbeziehung der Stadtmauer als auch das abgesetzte Bauen.

Bei dem privaten Bauvorhaben, das wohl demnächst in der Bamberger Straße 1 begonnen wird, nicht die Mauer nicht Teil der Hauswand sein. Also ist es Aufgabe der Stadt, die Südseite der Mauer herzurichten. Und sie kommt dieser Aufgabe auch gerne nach: „Die Stadtmauer ist ein Erbe der Stadt“, betont Anja Wettstein.

Gerade in solchen Fällen, wo Gebäude abgerissen werden und Neues errichtet wird, nutzt die Stadt die Gelegenheit, die Mauer zu inspizieren und gegebenenfalls herzurichten. Im Fall der Bamberger Straße: Die Nordseite der Mauer ist bereits vor Jahren saniert worden, jetzt wird auch noch die Südseite auf Vordermann gebracht.

Herzo: Stadtmauer ist voller Überraschungen

Solche Sanierungsarbeiten sind nicht nur notwendig, um historische Stadtsubstanz zu bewahren. Sie fördern manchmal auch ganz Neues zu Tage. Beziehungsweise Altes. Die Steinarbeiter haben in den vergangenen Tagen interessante Funde gemacht (siehe Foto links). Obschon die Deutung nicht ganz leicht ist. Altes Handwerkszeug ist dabei, zwei kleine Behältnisse und ein ultraleichter Löffel.

Zumindest beim Löffel hat Irene Lederer vom Stadtmuseum eine Vermutung. „Vielleicht handelt es sich um einen Löffel aus altem Flugzeugblech“, ist ihre erste Reaktion beim Anblick des Fotos. Denn das zumindest ist belegt: In der Nachkriegszeit hat man auch in Herzogenaurach tatsächlich aus wertlosem Kriegsmaterial Alltagsgegenstände hergestellt.

Die Stadtmauer hat eine ereignisreiche Geschichte, als sie noch zur Sicherung Herzogenaurachs benötigt wurde. Sie hat aber mindestens genauso viel erlebt, seit sie nicht mehr gebraucht wird. Immer wieder wurden Stücke abgerissen, und von den vier Stadttoren existiert kein einziges mehr. Ihre Durchfahrten wurden für den motorisierten Verkehr zu eng, also mussten sie weichen. Heute würde man sie liebend gerne im Stadtbild haben.

Erst in den vergangenen Jahren ist ein neues Bewusstsein für die Stadtmauer entstanden. Von den Stadttürmen entlang der Mauer (zusätzlich zu den vier Toren) sind auch nur noch wenige erhalten, so etwa der Pulverturm in der Nähe des Freibads. Ob innere oder äußere Stadtmauer – eine Erkundung zu Fuß lohnt sich. Passend dazu gibt es einen „inneren“ und einen „äußeren“ Stadtspaziergang, den die Stadt ausgeschildert hat.

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