Herzogenaurach: Kleingartensaison hat wieder begonnen

8.4.2017, 07:09 Uhr
Herzogenaurach: Kleingartensaison hat wieder begonnen

© Ralf Rödel

HERZOGENAURACH – Der Garten von Familie Draegert ist anders. In den Fugen der Einfassungssteine dürfen Ziergräser Halt finden. Das Gemüse wächst in Holzkästen, die der Konstruktion von Hochbeeten ähneln, aber niedriger sind. Rindenmulchpfade dazwischen ermöglichen es, an jedes Beet von allen Seiten heranzukommen. In einem kleinen Steingarten gedeihen Rosenprimeln, Schlüsselblumen und Duftveilchen.

Ein Bobbycar hinterm rosa Gartenhaus verrät: Hier darf ein Kind spielen. Ist die außergewöhnliche Gestaltung also dem Nachwuchs geschuldet? Oder ist das der neue Trend für 2017?

Herzogenaurach: Kleingartensaison hat wieder begonnen

© Rödel

Stefan Wilk, der langjährige Vorsitzende des Herzogenauracher Kleingartenbauvereins, überlegt eine Weile. Dann sagt er: "Das ist wirklich mal etwas anderes. Aber Trend würde ich nicht sagen. Unsere Gärtner haben eigentlich keine Trends."

Bewährtes statt Mode

Keine Modefarben und Modeblumen also? Bei Christbaumschmuck gibt es das doch schließlich auch. In einem Jahr sollen alle Kugeln und Kerzen rot sein, im nächsten dann wieder beige. Wilk lacht. "Hm. Wir Kleingärtner denken nicht so von Jahr zu Jahr", sagt dann, "wir setzen eher auf Bewährtes".

Experimentiert wird aber zwischendurch schon mal. Zum Beispiel mit alten Obst- und Gemüsesorten, die zugunsten der unempfindlicheren Neuzüchtungen lange links liegen gelassen worden waren – und jetzt, da sich auch junge Menschen wieder bewusster ernähren – neue Beachtung finden. "Jeder hat da so seine Lieblingssorten", sagt Wilk beim Rundgang in der Anlage Gilgenweiher. "Ich hatte vor einiger Zeit blaue Kartoffeln. Die waren wirklich ganz blau. Aber die sind nicht richtig geworden, dann habe ich wieder aufgehört." Inspiration finden, wie er erklärt, die Gartler in Katalogen von Samenfirmen. Manche versuchen auch selbst, neue Samen und damit neue Sorten zu kreieren. Davon rät der Vereinsvorsitzende ab. "Das kann schief gehen" sagt er und erinnert an den Tod eines Kleingärtners vor zwei Jahren.

Der 79-Jährige aus Heidenheim war an einer schweren Vergiftung durch einen Auflauf mit einer selbstgezogenen Garten-Zucchini gestorben. Grund: Da er aus gelben und grünen Zucchini eine gelb-grüne gezüchtet hatte, vermehrt sich darin ein giftiger Bitterstoff. Dieser Bitterstoff – das Cucurbitacin – steckt in allen Kürbisgewächsen, auch in Gurken und Kürbissen. Allerdings wird er herausgezüchtet, um das Gemüse essbar zu machen. Das hatte der Heidenheimer durch seine Kreuzung aber rückgängig gemacht – ein verhängnisvoller Fehler.

Völlig ungefährlich ist dagegen ein anderes Kleingärtner-Experiment: Obstbäume so zu entwickeln, dass sie klein bleiben und dass sie nur in zwei, statt in vier Himmelsrichtungen wachsen. Spalierobst heißt das dann, und wächst entweder an einer Mauer entlang. Oder bildet selbst eine Art grüne Mauer, also zumindest einen Sichtschutz zum Nachbarn. Stefan Wilk rät seinen Vereinsmitgliedern zu solch einem Obstanbau. "Kleingärten sind eben kleine Gärten" erklärt er und lacht schon wieder. "Da ist es auch gut, wenn der Baum klein bleibt." Erstens bleibt dann genug Platz für die übrigen Pflanzen, zweitens ist die Ernte leichter.

Auch Nadine Draegert und ihr Mann Ronny mussten erstmal gegen Obstbäume kämpfen, nachdem sie ihre Parzelle im Februar 2016 gepachtet hatten. "Da stand eine riesengroße Kirsche. Die war viel zu nah am Haus", sagt die 36-Jährige. Insgesamt sechs Bäume mussten die Neupächter beseitigen, um Raum dafür zu schaffen, den Garten mit der leichten Hanglage nach ihren Vorstellungen umzugestalten. "Ich liebe die Vielfalt", sagt Nadine Draegert. "Ich mag es, wenn es überall blüht. Und ich liebe es, wenn es wuselt und summt, wenn alles voller Schmetterlinge ist." Daher haben sie und ihr Mann auch ein großes Insektenhotel selbst gebaut. "Ich informiere mich viel durch lesen", erklärt die Mutter eines sechsjährigen Sohnes.

Vier Obstbäumen hat sie übrigens wieder gepflanzt: Zwei verschiedene Apfelsorten, eine Birne und eine Sauerkirsche. Als Säulenbäume, also als kleine Bäumchen mit einem einzigen säulenartigen Stamm. Die Draegerts überlegen jetzt sogar, einen Bienenstock in ihrem Kleingarten aufzustellen. Imkerei liegt übrigens deutschlandweit ganz stark im Trend.

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