Herzogenaurach: Mehr Diskurs in Flüchtlingsfragen

26.6.2018, 13:57 Uhr
Herzogenaurach: Mehr Diskurs in Flüchtlingsfragen

© Foto: Rainer Groh

Der Sachausschuss "Eine Welt – Tembladera" der katholischen Pfarrei St. Magdalena im Pfarreienverbund Herzogenaurach ist jüngst nach der Wahl des Seelsorgebereichsrats ebenfalls neu gewählt worden. Wolfgang Seitz und Konrad Eitel, Mitglieder in dem noch vorsitzlosen Gremium, haben sich zu Wort gemeldet.

Sie sehen in der derzeitigen Diskussion über Flüchtlingsfragen eine gefährliche Entwicklung, ausgelöst von der CSU, die mit Blick auf die Landtagswahlen "Antisemiten und Anti-Europäer" (Seitz) wie den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán umarme und, so Eitel, die Sprache der AfD benutze. Was ihn daran betroffen mache: Auch seine Partei, die SPD, lasse sich mit in diese Richtung verschieben.

Dazu könne eine christliche Gemeinde nicht schweigen, und so wollen die Mitglieder des Sachausschusses einen Diskurs in den Herzogenauracher Pfarreien eröffnen. Sie hoffen auf einen Diskussionsprozess, den sie nicht aus neutraler Warte anstoßen wollen, sondern von ihrem Standpunkt aus: "Es kann nicht sein", positioniert sich Konrad Eitel, "dass man in jeder Staatsbehörde Kreuze aufhängen lässt und gleichzeitig Menschen davonjagt, die gerade wegen unserer christlichen Werte zu uns wollen."

Einer dieser populistischen Sätze, die Eitel und Seitz sauer aufstoßen: "Wir müssen unsere Grenzen schützen." Da denke er immer an den Kalten Krieg, sagt Konrad Eitel. Als drohten russische Panzer mit einer Invasion. Doch seien es ja nur Menschen auf der Flucht.

Sprachgebrauch macht Sorge

Ihm als Lehrer, sagt Wolfgang Seitz, mache diese Verschiebung im öffentlichen Sprachgebrauch Sorge. Was antworten, wenn Schüler fragen, welche Werte denn bei uns gelten? Abschiebezentren, Einschränkungen im Familiennachzug, Verweigerung von Arbeitserlaubnis stehen jedenfalls im Widerspruch zum biblisch-christlichen Menschenbild, sagt Seitz.

Im Grund, so Eitel, tun sich in den Pfarreien von Herzogenaurach sehr positive Dinge. Was der Sozialausschuss und die Kleiderkammer auf die Beine stellen, sei aller Ehren wert. Der Pfarrer habe Kirchenasyl gewährt, habe sich Anzeigen eingehandelt. Kirchliche Wohnungen im Pfarreienverbund seien Flüchtlingen zur Verfügung gestellt worden. Alles Ausdruck von Haltung. Doch einen gewissen Mangel sehen Eitel und Seitz bei der Einmischung in den öffentlichen Diskurs in einer Zeit, in der dieser von Populisten beherrscht werde.

Die beiden Mitglieder des Sachausschusses stellen sich ausdrücklich hinter einen offenen Brief an die CSU-Mitglieder, deren Vorsitzenden Horst Seehofer und an Ministerpräsident Markus Söder über die Kennzeichen christlicher und sozialer Politik, den der Nürnberger Jesuit und Hochschullehrer Jörg Alt, der Würzburger Hochschulpfarrer Burkhard Hose und Beatrice von Weizsäcker, Publizistin und Präsidiumsmitglied des evangelischen Kirchentags, initiiert haben.

Der Brief fordert an zentraler Stelle, den Artikel eins des Grundgesetzes einzuhalten: Die Würde aller Menschen ist unantastbar, auch die von Geflüchteten und psychisch Kranken. Auch erfordere christlich soziale Politik, die Armut zu verringern. Und dazu wiederum müsse man auch über Reichtum sprechen und diesen angemessen besteuern.

Eitel und Seitz nennen dazu gleich Beispiele. Das Bestreben, Fluchtursachen in den jeweiligen Ländern zu bekämpfen, könne man nur gutheißen. Unglaubwürdig werde aber eine Regierung, wenn sie gleichzeitig alles tue, um deutsche Konzerne zu schützen, wenn sie mit ihren Exporten ganze Märkte in Afrika zerstören, worauf es die Menschen in die Flucht treibt.

Im Gegensatz etwa zum Erlanger Dekan Josef Dobeneck, der zu den Erstunterzeichnern gehört, hat sich der Herzogenauracher Seelsorgebereichsrat dem offenen Brief nicht angeschlossen, so Eitel und Seitz. Doch habe der Sachausschuss "Eine Welt — Tembladera" grünes Licht für seine Planungen erhalten, mit öffentlichen Aktionen die Diskussion anzustoßen.

Im Herbst sollen dazu Veranstaltungen folgen. Zum Beispiel will man Fluchtursachen differenziert darlegen. Auch soll, so Wolfgang Seitz, der Dokumentarfilm "Das grüne Gold" gezeigt werden, der erläutert, wie die äthiopische Regierung Konzernen Land überlässt, auf dem Basmati-Reis für den Export angebaut wird. Den Menschen bleibt dabei nur die Flucht.

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