Herzogenaurach: Nicht nur Italiener fiebern mit den Azzurri

1.7.2016, 08:01 Uhr
Das Herz von Partizio Giuliano gehört Italien, aber auch über einen deutschen Sieg würde sich der Inhaber der Fratelli-Osteria freuen.

© André De Geare Das Herz von Partizio Giuliano gehört Italien, aber auch über einen deutschen Sieg würde sich der Inhaber der Fratelli-Osteria freuen.

Wenn man mit italienischen Männern über Fußball spricht, dann geht in ihnen eine seltsame Veränderung vor. Die Mundwinkel gehen nach oben, die Augen strahlen und die Stimme fängt an, sich zu überschlagen. Es sind Symptome, die man sonst so nur bei frisch Verliebten beobachten kann – aber es gibt ja auch genug Gründe, die „Squadra Azzurra“ zu lieben.

Bei dieser EM sind es mal wieder besonders viele, weil die Italiener genau wie die Isländer eine der schönsten Geschichten des Turniers schreiben: Vorher als „Rentnertruppe“ verspottet, spielen Buffon, Chiellini und Co. den taktisch reifsten Fußball.

Über die Behauptung, die Italiener seien alte Männer, kann Patrizio Giuliano, Inhaber der „Fratelli Osteria“ am Marktplatz, jedenfalls nur schmunzeln: „Die Männer sind reif und halten gut zusammen“, findet er.

Am Eingang zu seinem Restaurant hat er zwei Italien-Trikots aufgehängt, an den Fenstern baumeln aber auch Deutschland-Fahnen. „Egal wer gewinnt, ich hoffe auf ein faires Spiel“, sagt Giuliano. Viel wichtiger sei sowieso der Sieg gegen Spanien gewesen - es war die Revanche für das 0:4 im Endspiel 2012. Und Spiele gegen Deutschland hat Italien bei großen Turnieren ja schon genug gewonnen, um es genau zu sagen: bisher alle. „Deutschland kann ruhig auch mal gewinnen“, sagt Giuliano, genau so lautet auch sein sportlicher Tipp. Das Herz, das kann der Wirt dann doch nicht verbergen, hofft aber schon auf einen Sieg Italiens.

Auch das Herz von Helmut Fischer, früher Werbe- und Marketingleiter und heute Berater bei Puma, hat die „Squadra Azzurra“ im Sturm erobert. Seit der WM 2006 ist Fischer ein leidenschaftlicher Fan. Er mag den italienischen Fußball, aber ihm hat auch gefallen, dass die Squadra damals Deutschland und den Rivalen adidas aus dem Turnier kegelte. Aber vor allem: „Viel wichtiger war, dass wir Weltmeister geworden sind.“

Buffon – „ein Sportsmann“

Auch jetzt hofft er auf ein Weiterkommen der Azzurris und ihres genialen Trainers Antonio Conte, den Fischer schon kennengelernt hat. „Ein bisschen extravagant“ sei Conte, sagt Fischer: „Aber er ist ein Fußballverrückter Marke Kloppo.“ Auch Giorgio Chiellini ist der Puma-Berater schon begegnet, dem beinharten Innenverteidiger von Juventus Turin – und Gianluigi Buffon, dem Torhüter, der einfach nicht älter zu werden scheint. „Ein ganz netter, sehr zurückhaltender Mensch und ein Sportsmann durch und durch“, sagt Fischer.

Auch Michele Cordasco, Inhaber der „Trattoria al Centro“ in der Hauptstraße, ist begeistert von dem 38 Jahre alten Torhüter, „Er ist ein zweiter Dino Zoff“, sagt er, hat aber auch eine Erklärung für die jahrelangen Weltklasse-Leistungen: „Vielleicht liegt das an der bildhübschen Frau, die er hat“, sagt er und lacht. Seine Liebe zu Buffon kommt natürlich auch ein wenig daher, dass Cordasco es mit Juventus Turin hält, wo „San Gigi“ seit 15 Jahren im Tor steht. Er sei, gibt der Gastwirt zu, gar kein so typischer Italiener, Fußball interessiere ihn eigentlich nur zu großen Turnieren, aber: „Seit Jahren habe ich von Italien nicht mehr so frischen Fußball gesehen“, freut sich Cordasco.

In Herzogenaurach ist das Spiel zwischen Italien und Deutschland natürlich noch spezieller, weil es auch das Duell zwischen Puma und adidas ist, beide Teams sind die größten Flaggschiffe, die bei der EM für die beiden Ausrüster am Start sind. Seit 2003 rüstet Puma die „Squadra Azzurra“ aus, adidas und der DFB sind spätestens seit der WM 1954 enge Partner. Italien verkörpert Mode- und Stilbewusstsein wie kein zweites Team, es passt zur Marketing-Strategie von Puma. Die Trikots, sagt Fischer, seien modisch ihrer Zeit immer voraus gewesen. Und natürlich sei azurblau als Farbe schwer zu schlagen.

Das Spiel am Samstag wird Fischer im Materazzi-Trikot anschauen, der Innenverteidiger hat es ihm geschenkt: Es ist das, das er im Endspiel 2006 selbst getragen hat, der Partie, in der er sich den legendären Kopfstoß von Zinedine Zidane einfing, übrigens ein adidas-Athlet.

So brisant sieht man die Partie bei den Unternehmen nicht. Puma-Chef Björn Gulden hat Sympathien für Deutschland, schließlich lebt er hier seit über 20 Jahren. „Aber ein Sieg von Italien wäre nach der bisherigen Turnierleistung sicher auch verdient und ein toller Erfolg für das Team, die Fans und uns als Ausrüster“ Auch bei adidas gibt man sich gelassen: „Wenn Deutschland auf Italien trifft, ist das immer etwas ganz Besonderes. Unabhängig von den Ausrüstern.“

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