Herzogenaurach: Störche in Gefahr?

13.6.2018, 06:00 Uhr
Herzogenaurach: Störche in Gefahr?

© Foto: Heinz Czellnik

Czellnik, der in kommoder Fotoreichweite von dem Storchennest wohnt, führt seit Jahren Buch über die Storchenpopulation vor seiner Haustüre. Dass 2010 ein Storchenpaar auf dem Schlossdach heimisch wurde, löste bei Herzogenaurachs Vogelfreunden Euphorie aus, denn hier hatten 40 Jahre lang keine Störche mehr genistet. Das Männchen, das laut Czellnik die Ringnummer DER A 6500 trägt, kam in den letzten acht Jahren immer wieder – hatte in dieser Zeit allerdings drei verschiedene Weibchen dabei, zwei von ihnen beringt und deshalb eindeutig identifizierbar.

Die letztjährige Gefährtin, deren Brut nicht überlebte, wurde vor kurzem tot beim Liebfrauenhaus gefunden und in eine Kühlkammer des Städtischen Bauhofes gebracht. Anhand seiner Ringnummer konnte das tote Storchenweibchen eindeutig als die 2017er Partnerin des Storchs festgestellt werden. Ansatzweise dramatisch wirkt die Situation, weil auch die aktuelle "Herzensdame" des Storchenmannes verschwunden zu sein scheint: "Ich habe sie seit Tagen nicht gesehen – und ein Storchenweibchen lässt seine Brut normalerweise nie lange allein", erklärt Heinz Czellnik.

Der Storchenmann ist sichtlich bemüht, seine drei Jungen ausreichend mit Nahrung und Wasser zu versorgen. Eines der Jungtiere wird von den beiden anderen bereits am Kopf gepickt – nach Heinz Czellniks Erfahrung ein Indiz für Nahrungsmangel: Die beiden anderen Jungstörche wollen nicht verhungern. Czellnik rechnet damit, dass auch diese Brut in absehbarer Zeit eingeht. "Das muss nicht sein", widerspricht Oda Wieding. Die Diplombiologin ist Weißstorch-Expertin beim Landesbund für Vogelschutz (LBV). Sie sieht die drei Jungvögel in Herzogenaurach nicht als akut gefährdet an: "Dass ein Altvogel ausfällt, ist der Lauf der Natur und nichts Ungewöhnliches", sagt Oda Wieding. Vorbehaltlich der Ergebnisse einer forensischen Untersuchung des toten Weibchens hat Wieding eine eigene Theorie, wie das Tier zu Tode gekommen sein könnte: "Wenn das Weibchen verspätet aus dem Winterquartier zurück kam und das Männchen schon mit einer anderen zusammen war, kann es durchaus sein, dass die Rivalinnen miteinander gekämpft haben", erklärt die Spezialistin. Der männliche Storch schaue bei solchen Kämpfen erfahrungsgemäß ungerührt zu und entscheide sich dann in der Regel für die Siegerin.

Sofern auch die "amtierende" Gefährtin des Männchens bei dem Kampf verletzt wurde, könnte dies ihre Abwesenheit erklären. Dem verschollenen Weibchen kann gleichwohl auch auf der Nahrungssuche etwas passiert sein. "Wenn es von einem Gewittersturm überrascht wurde, versteckt es sich vielleicht irgendwo und wartet, bis das durchnässte Gefieder wieder trocken ist", meint Oda Wieding.

Auch im restlichen Landkreis wurden in jüngerer Vergangenheit tote Störche gefunden, der letzte vor wenigen Tagen bei Weisendorf. Laut Auskunft der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt besteht hier allerdings voraussichtlich kein Kausalzusammenhang mit den Vorfällen in Herzogenaurach, denn die insgesamt vier Störche waren ausnahmslos Altvögel, von denen drei durch Kollisionen mit Wänden oder Autos ums Leben kamen.

Durch Stromschlag getötet

Der bei Weisendorf gefundene Storch kam dagegen nach ersten Erkenntnissen durch einen Stromschlag ums Leben. Dies könne bei älteren Überland-Freileitungen ab und an vorkommen, weil deren Isolierung Schwächen hat.

Bei dem neben dem Liebfrauenhaus gefundenen Weibchen soll eine Analyse des Kadavers Aufschluss über die Todesursache geben. Heinz Chellnik befürchtet, dass der Vogel an einer Vergiftung gestorben sein könnte und auch andere Störche in Gefahr sein könnten. Ein Denkansatz, den auch Oda Wieding nicht völlig von der Hand weisen will.

Fresse ein Storch eine Maus oder eine Ratte, die im Zuge der Schädlingsbekämpfung an Gift eingegangen sind, kann es passieren, dass der betreffende Stoff auch dem Vogel den Garaus macht. Dies lasse sich weder ausschließen noch zuverlässig verhindern. Wieding empfiehlt dennoch, das eigene Verhalten gerade bei der Bekämpfung schädlicher Nager zu hinterfragen und diese dort zu vergiften, wo das Gift nicht sofort wieder in die Nahrungskette zurück kommen kann.

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