Herzogenaurach: Wohnungssituation ist "furchtbar"

12.9.2014, 09:00 Uhr
Herzogenaurach: Wohnungssituation ist

© Foto: Ralf Rödel

Wer spontan in Herzogenaurach eine Wohnung oder ein Haus sucht, hat ein Problem. Das sich oft nur lösen lässt mit genügend Geld oder wirklich guter Vernetzung.

Immer wieder wurde das Thema Bauen und Wohnen im Vorgängergremium des Stadtrats debattiert. Und ebenso in den Ratsversammlungen vor 2008. Baulücken oder Gebäudeleerstand: Die Einwirkungsmöglichkeiten der Kommunen sind begrenzt.

In Herzogenaurach wurde oftmals auf Entlastung der angespannten Situation durch die neuen Wohngebiete Herzo Base I, II, und später III gehofft. Allerdings ist eine Entspannung fraglich.

Mehr Wohnraum wird unter anderem durch die zahlenmäßige Zunahme von Single-Haushalten gebraucht, auch durch mehr individuellen Wohnraumanspruch, durch Zweitwohnungen und die Alterung der Gesellschaft – ein Trend auf beinahe allen Kontinenten.

Krasse Entwicklungen sind mittlerweile in Megacities und Ballungsräumen eingetreten. Langjährige Mieter versucht man in New York mit bereits kriminellen Mitteln und Bedrohungen aus Wohnungen zu vertreiben, die für ein X-Faches vermarktet werden sollen. In Großstädten wie Paris sind Drei-Zimmer-Wohnungen im vierten Stock für annähernd eine Million Euro Kaufpreis möglich. Hotels wandeln ihre Frühstücksräume in Wohnraum um.

Auch in einem reichen Landkreis wie Erlangen-Höchstadt herrscht Wohnungsnot. Die Grundstückspreise in Herzogenaurach sind hoch, 250 Euro bis 300 Euro pro Quadratmeter wurden schon im ersten Bauabschnitt Herzo Base gezahlt.

Schon 2001 schrieben die NN über „Bauland ist Mangelware“ und einen SPD-Antrag, dem abzuhelfen. Vor zwei Jahren berichteten die NN über Grundstückskaufpreise in der Innenstadt von Herzogenaurach von 400 Euro pro Quadratmeter. Der Mietquadratmeterpreis wird aktuell auf elf Euro im Durchschnitt veranschlagt.

Die Situation hat sich seit 2001 nicht verbessert. Jüngst wurde der Faktor „Kaufkraftarmut“ für Ballungsräume öffentlich diskutiert.

„Zurzeit keine Baugrundstücke“

Für den im Bau befindlichen Abschnitt Herzo Base II, dessen Vermarktung nach jüngster Termineinschätzung von Bürgermeister German Hacker 2015 beginnen soll, ist mit entsprechenden Entwicklungen zu rechnen. Rund 300 Anfragen führt die Stadt bereits auf ihrer Liste von Bauinteressenten, informierte Hacker auf der Baustelle des künftigen Wohngebiets Herzo Base II. „Die Stadt Herzogenaurach besitzt zurzeit keine zu veräußernden Baugrundstücke“ wird auf der Homepage der Stadt festgestellt.

Für das Thema engagierte sich im Vorgängerstadtrat vor allem der ehemalige SPD-Rat Konrad Eitel. Eine Weiterentwicklung der Wohnungsbauförderung der Stadt, speziell auf der Herzo Base, wurde mehrfach von ihm gefordert.

Ein Vorschlag: In jedem Bauabschnitt in den Mehrfamilienhäusern mindestens ein Drittel Mietwohnungen im sozialen Wohnungsbau zu errichten. Mit den genossenschaftlichen oder vergleichbaren Bauträgern seien dabei vertraglich sozial verträgliche Mietpreise zu vereinbaren.

Eine zweite Möglichkeit sah Eitel in der Anpassung des „Einheimischenmodells“ an den sozialen Wandel, unter anderem durch Einführung von Einkommensgrenzen bei der Förderung.

Auch die Vergabe einer Anzahl von Grundstücken (Reihenhäuser/Doppelhäuser) in Erbpacht wurde vorgeschlagen, um eine besondere Komponente zum sozialen Ausgleich einzuführen.

Die Überarbeitung des Einheimischenmodells beschäftigte den Stadtrat schon vor 2014, entsprechende Kriterien wurden beschlossen. (www.herzogenaurach.de). Renate Schroff, 2. Bürgermeisterin, die zum Thema Wohnungssuche bemerkt: „Das ist hier furchtbar“, verweist darauf, dass es in anderen Städten und Gemeinden Vorschriften gibt, dass Baulücken binnen fünf Jahren zu bebauen sind: „So etwas im Nachhinein zu beschließen ist schwierig“.

Mit dem Umbau des Seelhauses am Kirchenplatz, der für eine erhebliche Summe im Etat 2014 steht, versucht die Stadt auch ein Signal zu senden, leerstehenden Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Beim ältesten Gebäude der Stadt ist ein Verkauf nicht gelungen. Die stadteigene Stiftung will das denkmalgeschützte Gebäude in fünf Einzimmer-Appartements für Referendare oder Werkstudenten umbauen. Die Kosten liegen bei 800 000 Euro.

Denkmal: Ein Problem

Am Beispiel des Kleinen Spitals, nur ein paar Schritte vom Seelhaus entfernt, ist zu sehen, auf welche Hindernisse dies stoßen kann.

Käufer Roger Kuchenreuther aus Scheßlitz, der das Spital vor vier Jahren zum Symbolpreis von einem Euro erwarb, schildert die Schwierigkeiten. Als Zimmermann und Restaurator richtet er das baufällige Häuschen größtenteils selbst her. Um es sinnvoll bewohnbar und vermarktbar zu machen, sei ein Türdurchbruch in Richtung des Gärtchen-Umgriffs sinnvoll. Ein Vorschlag, der auf das Verdikt des Amts für Denkmalschutz trifft. Kuchenreuther: „Wir sanieren oft Denkmäler. Bei großen Gebäuden werden teils ganze Fassaden geändert oder weggerissen, weil es heißt, „das Denkmal ist in der Substanz dennoch erhalten.“ Bei kleinen Denkmälern sei die Substanzfrage indes wesentlich enger.

Das Ergebnis, laut Kuchenreuther: „Der Große kann machen, was er will, der Kleine wird ins Zwangskorsett gepresst. Die Häuser verfallen, es gibt keine Möglichkeit sie zu nutzen.“ Sein Kritikpunkt ferner: „Wer herrichtet profitiert meist nicht von der Steuerabschreibung.“

Die Zahl von 14 400 Einpendlern nach Herzogenaurach wurde beim Haushalt 2014 genannt. Viele davon legen täglich unglaublich weite Strecken bis nach Oberfranken, ins Lechgebiet oder in den Landkreis Neustadt/Aisch zurück, nachdem sie über längere Zeit vergeblich versuchten, ein geeignetes erschwingliches Miet- oder Kaufobjekt in Herzogenaurach zu finden.

Auch die Zahl der Fernpendler, täglich von Bamberg nach München, täglich von Nürnberg nach München beispielsweise, erhöht sich kontinuierlich.

Denn der Wohnungsmarkt in München, Spitzenreiter bei den Preisen, bietet bekanntlich noch weniger Chancen. Dort werden, laut stetig aktualisiertem Mietspiegel, Mietpreise von im Durchschnitt 15,67 Euro pro Quadratmeter verlangt. Mit rasanten Tendenzen nach oben.

Keine Kommentare