Heßdorf nimmt nochmal 13 Flüchtlinge auf

11.9.2014, 18:10 Uhr
Heßdorf nimmt nochmal 13 Flüchtlinge auf

© Foto: Horst Linke

Mustafa aus Syrien wurde als 15-Jähriger von seiner Mutter losgeschickt mit der Aufforderung, sich nach Europa durchzuschlagen. Mit anderen jungen Männern oder auch Familien wohnt er nun im Hotel zur Post in Heßdorf. Und wartet auf Bescheide. Faktisch seit vier Jahren. Bisher hat er noch keine Aufenthaltsgenehmigung.

Omar aus Syrien wirkt gelöst auf den ersten Eindruck, andere junge Männer, die in Flipflops vors Haus kommen, machen einen deprimierten Eindruck. Was sie durchgemacht haben – Bürgerkrieg, Todesangst, Flucht und Entwurzelung – lässt sich kaum ahnen. Diese Hintergründe sprechen Bürgermeister Horst Rehder, Hagen Dietzel, Gitta Zuther und Ingeborg Peinkofer von der Flüchtlingsinitiative an, als sie informieren, dass im Gasthaus Jägersruh in Hesselberg nun 13 Flüchtlinge aus der Ukraine eintreffen werden. Weitere, in Heßdorf dezentral untergebrachte Flüchtlinge, wohnen im Gasthaus Linde.

Behörden, vom Bund übers Land, über die Bezirke und Landratsämter bis zu den Gemeinden, die vom Flüchtlingsstrom personell und logistisch überfordert sind – dies ist vielerorts die Situation. Soziale Betreuungskräfte, die sich schier aufarbeiten. So skizzieren es die Gesprächspartner in der Runde. Mit ehrenamtlichem Engagement versuchen Menschen, das Notwendige zu tun.

In Heßdorf geht es wie andernorts um Behördengänge, Arztbesuche, um seelischen Beistand, um Teilnahme am Leben. Es dreht sich um Anträge, Anwaltsbriefe, um Mobicards, ums Mitfahren im Bürgerbus, um interkulturelles Kochen, um Kindergartenbesuche: Alles Faktoren, um den Menschen, die fliehen mussten oder Asyl suchen, die Wartezeit etwas erträglicher machen oder sogar einen Anfang von Integration zu ermöglichen.

Gebraucht werden weitere Helfer, Dolmetscher, Geldspenden und Ausstattung mit Fahrrädern, damit man auf dem Dorf mobil ist, mit Computern und Handys, um den Kontakt zur Heimat nicht zu verlieren. Gern genommen würden Gutscheine für Freizeitbäder oder Fitnessstudios. Ein Kickerspiel wäre als Ablenkung von Tristesse und erzwungener Untätigkeit überaus willkommen.

Vieles hat die Flüchtlingsinitiative mit der Gemeinde und dem Helfernetz schon auf kurzen Wegen gelöst. Ein Asylbewerber wurde auch von der Gemeinde für kleine Arbeiten eingestellt. Er spricht bereits gut Deutsch und arbeitet in der Schule. Gegen eine Spende bot die Spielvereinigung Heßdorf an, dass Asylbewerber mittrainieren dürfen. Beim gemeinschaftlichen Kochen in der Mehrzweckhalle können die Flüchtlinge einen Hauch von Heimat erleben.

Hagen Dietzel indes hält vor allem beim Themenkreis „Behörden“ eine Unterstützung der Asylsuchenden für notwendig: „Die Meisten sind noch nicht anerkannt, sie sind Asylbewerber und müssen ihren Aufenthaltsstatus erneuern. Als langwierige Prozesse gestalten sich auch die Anerkennungen von Zeugnissen.“ So kann Omar aus Syrien etwa den akademischen Grad eines PhD (Doktor der Philosophie) vorweisen. Ein eigenes Feld sei die medizinische Behandlung der Asylbewerber, führt Gitta Zuther aus. Pro medizinischer Behandlung sei eigentlich eine Genehmigung des Landratsamts nötig. Falls ein Notarzteinsatz erforderlich ist, wird die Angelegenheit noch schwieriger. Ganz kompliziert hinsichtlich der Kostenfrage gestalte sich die Behandlung einer schweren Erkrankung. „Der Level von Angst und Stress ist bei den Flüchtlingen sehr hoch“, weiß sie.

Horst Rehder fasst zusammen: „Unsere Leute sollen sich als Gäste sehen. Nicht unwürdig behandelt.“ Eine Welle der positiven Einstellung registriert er in der Bevölkerung. Ingeborg Peinkofer ergänzt: „Ich kann von den Leuten nur das Beste sagen.“

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