Highland-Games: Wenn Bäume fliegen

10.7.2014, 12:13 Uhr
Highland-Games: Wenn Bäume fliegen

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Denkt man zurzeit an Sportfunktionäre, so hat man dank der Weltmeisterschaft in Brasilien schnell das Bild von Fußballtheoretikern in Anzügen im Kopf. Manfred Schleicher setzt dazu einen wohltuenden Kontrapunkt. Seit zwei Jahren ist der Röttenbacher die treibende Kraft hinter den fränkischen Highland- Games, die dieses Jahr wieder im Schatten des altehrwürdigen Hemhofener Schlosses abgehalten wurden.

Highland-Games, das ist eine einzigartige Mischung aus Sport, Kultur und Unterhaltung. Sie spiegelt das gälische Lebensgefühl, das die Schotten sich auch nach ihrer Unterwerfung durch England bis in die heutige Zeit bewahren konnten. Und Schleicher organisiert nicht nur einen Wettkampf, er hat dieses Lebensgefühl absolut verinnerlicht. Sowohl optisch mit Kilt und gälisch-respekteinflößende Haarpracht als auch menschlich. Er strahlt die herzliche Art aus, die für die Bewohner des unwirtlichen schottischen Hochlandes überlebenswichtig ist. „Wichtig ist hier die Gemeinschaft und dass alle Spaß haben“, so Schleicher. Stolz berichtet er, dass heuer bei den Jugend-Games auch ein Kind mit Prothese mitmacht.

Überhaupt geht es bei den fränkischen Highland-Games nicht um Sieg oder Niederlage. Im Mittelpunkt steht Schottland und die Sehnsucht nach unberührter Natur, Ruhe und Freiheit. Diese Idee wird dank umfangreichen Rahmenprogramms für die ganze Familie anschaulich vermittelt. Ein gemütlicher Frühschoppen umrahmt von schottischen Klängen der Cottages-Tree-Band gehört ebenso dazu wie Erzählerin Barbara. Sie nimmt kleine und große Zuhörer mit auf eine Reise in die englische Märchenwelt.

Für eine besondere Note sorgt die Nürnberger Tanzformation „Scotish Dance Group“. Unbekümmert und mit federndem Schritt wird getanzt – auf einer unbürokratisch aus Spanplatten zusammengelegten Tanzfläche und zu im daneben geparkten Auto abgespielter Country-Musik. „Der schottische Volkstanz kennt verschiedene Spielarten. Wir praktizieren Country-Dancing“, erklärt Gruppensprecher Jürgen Wagner. „Das Schöne dran ist, dass es ein Paartanz und zugleich Gruppentanz ist.“ Die Formation erntet viel Applaus. Verdienter Lohn für einen trotz tropischer Temperaturen in kompletter Tracht absolvierten Beitrag.

Gekommen sind die knapp 300 Besucher trotzdem in erster Linie wegen der einzigartigen schwerathletischen Wettkämpfe. Diese sind den schottischen Vorbildern nachempfunden, hier und da aber an regionale Besonderheiten angepasst. „Auf der Insel wirft man mit großen Steinen. Wir haben uns stattdessen für ein Bierfass entschieden. Auch das Bulldog-Ziehen gehört eigentlich eher auf eine Kirchweih“, gibt Schleicher offen zu.

Regionalisierte Form

Durch die regionalisierte Umsetzung will der Veranstalter die Einstiegshürde für potenzielle Wettkämpfer senken. „Denn die Sorge, sich zu blamieren ist hier viel höher als beim Fußball“, bedauert Schleicher. Deshalb, so vermutet er, haben sich bislang weder die Hemhofener noch die Röttenbacher Kerwa-Burschen zu einer Teilnahme durchringen können. Ebenso wenig wie ein Frauen-Team.

Trotzdem konnten in diesem Jahr mit „Der Draurige Rest“, Erlangen, den Kick-Boxern des TSV Höchstadt, dem Steigerwald-Team, Cadolzburg, und dem „Wilden Haufen“, Erlangen, vier Teams für den Wettkampf gewonnen werden. Die insgesamt 20 Athleten mussten in den Disziplinen Baumstammwerfen, Bulldogziehen, Schubkarren-Rally, Baumstamm-Parcour, Baumschälen, Maßkrug stemmen, Wettsägen und Bierfass-Hochwurf gegeneinander antreten.

Zur Freude des Hemhofener Spielleiters Ralf Kuchelbauer zeigt sich, dass das sportliche Niveau gegenüber dem Vorjahr stark gestiegen war, obwohl das Team „Wolperdinger“ aus Dachsbach nicht zu einer Titelverteidigung angetreten ist. So konnte sich beispielsweise das Team „Steigerwald“ mit einer Zeit von 6,50 Minuten im Maßkrug stemmen durchsetzen. 2013 lag die Bestzeit noch bei knapp fünf Minuten. Für ein Herzschlagfinale sorgte Axel Geier: Der Kassenwart des TSV Höchstadt wuchtete unter frenetischem Applaus sein Bierfass auf eine Höhe von 6,10 Meter. Für den Gesamtsieg sollte es trotzdem nicht reichen. Den sicherte sich das Team „Wilder Haufen“ (22 Punkte) mit hauchdünnem Vorsprung vor den Höchstadter Kick-Boxern (21 Punkte), gefolgt von Team „Steigerwald“ und „Der Draurige Rest“.

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