Hitzestau: Schnell mal einkaufen ist gefährlich

1.8.2017, 08:00 Uhr
Hitzestau: Schnell mal einkaufen ist gefährlich

© Foto: Monique Wüstenhagen/dpa

HÖCHSTADT /HERZOGENAURACH — "Kleinkind im Auto eingesperrt": Wenn die ADAC-Straßenwachtfahrer diese Alarmmeldung erreicht, muss es schnell gehen. Wie die Polizei mitteilt, wurde gerade erst auf dem Herzogenauracher Elektro-Beatz-Festival das Auto eines Besuchers gewaltsam geöffnet, um einen Hund aus dem völlig überhitzten Fahrzeug zu erlösen.

Der Höchstadter Allgemeinmediziner Dr. Roland Maeumbaed weiß genau Bescheid um die Folgen von Überhitzungen bei Tier — und Mensch. "Ich habe schon mehrfach Hitzeopfer behandelt." Diese kamen nach einem Sonnenstich in seine Praxis und litten unter Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen.

Beim Campingurlaub in Österreich hatte der Höchstadter schon "notarztmäßig" ein Hitzeopfer versorgt. "Das war in einem extrem heißen Sommer." Die betroffene Person befand sich schon außerhalb des brutal aufgeheizten Fahrzeuges. Infusion, Blutdruckmessen und ein EKG nennt Dr. Maeumbaed als vordringliche therapeutische Maßnahmen bei solchen Notfällen.

Auch im ADAC-Trainingszentrum in Schlüsselfeld "ploppt" das Thema "Hitzestau im Auto" immer wieder auf, berichtet der dortige Kurs-Koordinator Günther Zaloga aus der aktuellen Arbeit. Er warnt: "Es genügt nicht, beim Verlassen des Autos die Scheibe nur einen Zentimeter offen zu lassen." Auch auf dem Armaturenbrett werde es in kürzester Zeit unglaublich heiß.

Zaloga kennt den Alltag vieler Kursteilnehmer. "Wie oft werden ältere Personen im Fahrzeug gelassen, weil man nur noch schnell etwas im Supermarkt einkaufen möchte?" Da würde dann aus den eigentlich angepeilten fünf Minuten Einkaufszeit wegen der Mittagsschlange an der Kasse schnell eine Viertelstunde. In solchen Fällen fahrlässiger Unbedachtheit könne das Auto schnell zur "tödlichen Falle" werden, warnt der ADAC Nordbayern. Das dazu passende dramatische Beispiel aus der texanischen 30 000-Einwohner-Stadt Weatherford ist erst wenige Wochen alt. Dort starben zwei Kleinkinder in einem völlig überhitzten Fahrzeug. Gerade Babys, Senioren und Menschen mit Vorerkrankungen seien laut Dr. Maeumbaed für Überhitzungen besonders anfällig. "Da besteht die Gefahr, dass der Kreislauf nicht mehr mitmacht, das ist wie in der Sauna."

Apathisch im Wageninneren

Er gibt Tipps, wie Passenten auf ein mutmaßliches Hitzeopfer in einem geparkten Auto reagieren sollen. "Gefährlich wird es, wenn derjenige auf Klopfen nicht mehr reagiert, also somnolent ist, dann muss man handeln." Besonders schwierig einzuschätzen sei die Gefährdungslage bei Babys, denn die könnten sich nicht selbst äußern.

Wenn "Gefahr in Verzug" sei, dürfe man in einem solchen Fall "die Scheibe einschlagen". Deutlich zurückhaltender ist der ADAC mit seinen Hinweisen. "Wer selbst die Autoscheibe eindrückt, kann dabei eventuell das Kind oder Tier verletzen."

Außerdem bestehe das Risiko, dass es Streit um die Kosten für die kaputte Scheibe gebe. Diese bewegten sich aber meist nur "im niedrigen dreistelligen Bereich", verspricht der ADAC.

Die Rettungswache des Roten Kreuzes in Erlangen ist für den gesamten Landkreis zuständig. Der stellvertretende Einsatzleiter Thomas Heideloff sieht für dieses Jahr bisher keine auffällige Anzahl von Einsätzen für Hitzeopfer. Allerdings würden diese auch nicht eigens erfasst, sondern rangierten nur in der Notfall-Kategorie "Kollaps".

Sein Tipp: Gefährdete Menschen sollten stets Kopfbedeckungen wie Baseball-Käppies tragen. "Flüssigkeitszufuhr ist auch ganz wichtig." An sengenden Sommertagen rät er nachdrücklich zu zwei bis drei Litern Trinken zusätzlich. "Am besten Tee oder das gute alte Wasser aus der Leitung."

Kaffee entwässert Körper

Wenig nützen würden Süßgetränke wie Limonade, Cola oder Energy Drinks. Alkohol wie Bier wäre ganz schädlich. Eine Tasse Kaffee sei zwar unbedenklich, aber grundsätzlich gelte: "Kaffee entwässert den Körper". Und, auch wenn es schwerfällt: Selbst eingefleischte Franken sollten an heißen Tagen mittags aufs geliebte Schäuferla verzichten und sich mit leichter Salatkost begnügen.

Bei Hitze-Notfällen genüge es, die Nummer "112" zu wählen. "Sie werden dann automatisch an die integrierte Rettungsleitstelle weiterverbunden."

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