Höchstadt: Jam-Session der Nationen

30.7.2016, 06:00 Uhr
Höchstadt: Jam-Session der Nationen

© Christian Enz

„Die Idee zu diesem Projekt entstand vergangenes Jahr im Flugzeug auf dem Heimweg von Krasnogorsk“, erinnert sich Wolfgang Köberlein. Im vergangenen Herbst hatte sich die Höchstadter Nachwuchsband „Trouble X“ dort an einem internationalen Festival beteiligt. „Allerdings entwickelten eher meine Frau Daniela und Tochter Lisa den Plan, etwas Ähnliches in Höchstadt auf die Füße zu stellen. Ich kämpfte derweil mit den körperlichen Strapazen eines Fluges“, sagt der Bandleader. Doch einmal in der Welt, ließ die Idee zu einem Jugendprojekt keinen der Musiker mehr los. „Allerdings fragten wir uns, ob eine kleine Stadt wie Höchstadt so etwas stemmen kann.“

Antwort auf diese grundlegende Frage suchte man bei Gerald Brehm – und stieß auf offene Ohren. „Angesichts der sensiblen weltpolitischen Lage ist das Zusammenkommen von Jugendlichen aus unterschiedlichen Ländern eine tolle Sache“, betont Höchstadts Bürgermeister. Allerdings war allen Beteiligten schnell klar, dass ein reines Jugendkonzert die vorhandenen Ressourcen übersteigen würde.

Damit entstand die Idee einer Integration in das jährliche Altstadtfest. „Ein solches musikalisches Angebot an die Jugend wertet das gesamte Programm qualitativ auf. Gleichzeitig ist die Beteiligung unserer Partnerstädte ein schöner Baustein im Konzept der Kulturmeile“, erläutert Brehm. Trotzdem machte der Bürgermeister von Beginn an deutlich, dass die Stadt alleine nicht für die Kosten aufkommen könne.

„Stattdessen riet er uns, Fördermittel zu suchen und die Partnerschaftsvereine einzuschalten“, ergänzt Wolfgang Köberlein. Mit den Vorsitzenden Dagmar Wennmacher (Freundeskreis Castlebar) und Sibylle Menzel (Freundeskreis Krasnogorsk) stießen die Musiker auf begeisterte Mitstreiter. „Auch wurde uns vom Kreisjugendring, der Firma Martin Bauer und der Höchstadter Kreissparkasse finanzielle Unterstützung zugesichert“, erinnert sich Köberlein dankbar.

„Allerdings ist die wirtschaftliche Situation in den Partnerstädten schwierig. Die jungen Leute können keine hohen Reisekosten tragen.“ Ein solcher Kapitalbedarf ließ sich mit regionalen Partnern alleine nicht stemmen. Deshalb empfahl Bernd Riehlein, Leiter der Fortuna Kulturfabrik, im Februar, Fördermittel der Europäischen Union zu beantragen. Damit begann ein unabsehbarer Papierkrieg. „Und eigentlich war es dafür auch schon zu spät. Auf europäischer Ebene plant man in der Regel nicht erst im März ein Vorhaben für August“, erläutert Sibylle Menzel. „Zumal es für einen russischen Bürgermeister keine Selbstverständlichkeit ist, Dokumente der EU zu unterzeichnen“.

Aufgrund rechtlicher Bedenken stand Pavel Storikov dann auch kurz davor, die russische Beteiligung zu stoppen. Buchstäblich in letzter Minute gelang es dem zufällig gerade in Krasnogorsk befindlichen Klaus Strienz dann aber doch, die nötigen Unterschriften des Bürgermeisters einzuholen.

Inzwischen ist auch schon ein Förderbescheid aus Brüssel im Höchstadter Rathaus angekommen. „Es sind noch nicht alle Details klar. Aber auf den ersten Blick muss man dankbar sagen, dass wir eine stattliche Förderung bekommen“, bestätigt Brehm.

Damit war der Weg frei für das Projekt „One Sound – One Vision – One World“. Vom 24. bis 30. August treffen sich nun die Castlebarer Musikgruppen „New Social“ und „C & D“ sowie aus Krasnogorsk „Full Madness“, „Glam metal in my ha“ und „Ivansphere“.

Sie alle werden am Freitag, 26. August, gemeinsam im Höchstadter Engelgarten auf der Bühne stehen. Wie genau das Programm aussehen wird, steht noch nicht fest. Klar ist aber, so Wolfgang Köberlein, dass es ein facettenreicher Auftritt wird. Während „Full Madness“ für harten, metalligen Rocksound stehen, begeistern „Ivansphere“ ihr Publikum mit harmonisch-melancholischem Gitarrenrock. „A New Social“ konnten sich in Irland bereits mit zahlreichen Eigenkompositionen einen Namen machen, „C & D“ überzeugen mit ehrlichen, sanften Tönen. Dagmar Wennmacher gibt einen Vorgeschmack: „Wenn die Idee ankommt, gelingt es in Zukunft vielleicht, ähnliche Projekte in Castlebar oder Krasnogorsk zu initiieren“.

Untergebracht werden sollen die 21 bis 29 Jahre alten Musiker privat bei Familien. Das ist für den Erfolg der Projektwoche ebenso wichtig wie viele Zuhörer am Konzertabend. „Denn Völkerverständigung funktioniert nur, wenn man den Alltag der anderen kennen und verstehen lernt“, findet Wolfgang Köberlein. Allerdings ist es noch nicht gelungen, für alle Musiker eine Übernachtungsmöglichkeit zu finden. Hier hofft man noch auf Unterstützung in der Bevölkerung. Interessenten können sich an Wolfang Köberlein oder die Fortuna Kulturfabrik wenden. Großen Aufwand brauchen Gastgeber nicht zu befürchten. Das Team um Wolfgang und Daniela Köberlein sorgt für ein vielseitiges, dichtes Programm. Dieses beinhaltet Workshops zum Kennenlernen unterschiedlicher Kulturen ebenso wie Ausflüge in den Pottensteiner Hochseilgarten oder das Musikhaus Thomann und Nürnberg.

 

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