Höchstadts Kulturkino wehrt sich gegen Medienmultis

30.4.2016, 09:02 Uhr
Höchstadts Kulturkino wehrt sich gegen Medienmultis

© Fotos: Edgar Pfrogner

In diesem gallischen Dorf gibt es rote Kinositze und bequeme Sofas. Ähnlich wie Asterix im Comic kämpfen Ulrike und Werner Schramm vom Kulturkino in der Koslinger Straße gegen eine große Übermacht. Ihre Römer sind die sogenannten „Majors“ aus den USA. 2002 haben sich die DCI (Digital Cinema Initiatives) gegründet, bestehend aus den wichtigsten Hollywood-Filmstudios. Produzenten und Verleiher versuchen seither durch „Technikbevormundung“, wie Werner Schramm es nennt, ihre Monopolstellung zu sichern.

2015 haben auch die letzten deutschen Filmverleihe das Herstellen und Verschicken analoger Kopien eingestellt. Die Filme Streifen sind jetzt ausschließlich digital erhältlich.

Höchstadts Kulturkino wehrt sich gegen Medienmultis

Dabei geht es nicht nur um Star Wars und Co.. Ein kleines Beispiel: Der deutsche Film „Honig im Kopf“ wird über einen amerikanischen Filmverleih verbreitet. Der wiederum liefert aber nur an Kinos aus, deren Server konform sind mit der Technik DCI und ganz bestimmten Standards entsprechen. Anschaffungspreis laut Schramm: zwischen 40 000 und 100 000 Euro.

Das kann sich das kleine Kulturkino in Höchstadt mit gerade mal um die 20 Sitzplätze natürlich nicht leisten. Es wird betrieben von einem kleinen Verein mit acht Mitgliedern rund um das Ehepaar Schramm. An einer Digitalisierung kamen sie natürlich trotzdem nicht vorbei. Vor zwei Jahren hat Schramm deshalb einen Player angeschafft, den das Fraunhofer-Institut entwickelt hat. Stephan Wein, Softwareentwickler und Webadministrator der Leipziger Cinémathèque, hat außerdem einen Aufsatz und eine Software entwickelt, die es dem Server ermöglicht DCI-Technik abzuspielen. Kostenpunkt: etwa 5000 Euro.

Die Systeme sind also kompatibel. „Honig im Kopf“ würde problemlos laufen. Aber es ist eben nicht konform wie es die „Majors“ fordern. Sie begründen ihren Standpunkt mit Sicherheits- und Qualitätsstandards. Darüber kann Werner Schramm allerdings nur schmunzeln. Online-Streaming widerlege täglich die Sicherheit der DCI-Technik und die Qualität habe zu Videozeiten auch niemanden interessiert. Wieso dann also jetzt?

„Hier wirft das Freihandelsabkommen TTIP schon seine Schatten voraus“, meint Schramm. „Es scheint um die Übernahme des gesamteuropäischen Marktes zu gehen. Freie Kinobetreiber könnten dabei die freie Marktentfaltung à la TTIP nur stören.“

Anders als in den Vereinigten Staaten ist der Film in Deutschland als Kulturgut geschützt. Und als solches auch förderungswürdig. Deshalb wurde die Digitalisierung der Kinosäle aus öffentlichen Töpfen mitbezahlt. Das Ehepaar Schramm kritisiert, dass nur dann Gelder fließen, wenn es sich um DCI-konforme Systeme handelt. „Das im rein privatwirtschaftlichen Interesse durchgesetze US–amerikanische Geschäftsmodell wird mitfinanziert.“

Viele kleine Kinos seien deshalb gezwungen gewesen, auf DCI umzurüsten. Wenn aber ein DCI-Projektor kaputtgeht oder die Technik sich weiterentwickelt, sind sie dann weiterhin auf die teuren Produkte der Hersteller angewiesen, um mithalten zu können. „Da werden bald viele Lichter ausgehen“, befürchtet Schramm..

Schramms würden gerne auf Augenhöhe mit allen Verleihern verhandeln. Um dieses Ziel zu erreichen haben sie eine Petition gestellt „Für Technikfreiheit in Europa“. Sie hat 127 Unterstützer aus aller Welt gefunden. Aber es sollen eben noch mehr werden. Die filmpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Tabea Rösner, hat zwei schriftliche Anfragen an die Bundesregierung gestellt. Als Antwort kam das Argument, es würden von den Kinobetreibern fast ausschließlich DCI-Systeme nachgefragt. Dies liegt laut Schramm aber an den US-amerikanischen Vorgaben.

Und Asterix hat auch direkt nach Rom geschrieben. In einem Protestbrief hat sich Werner Schramm an die Firma Warner gewandt. Er hat sogar Antwort bekommen. Darin wird klar: Für die Verleihfirma sind alle auf DCI-konforme Technik umgestellten Häuser Kinos, alle nicht-konformen Häuser laufen unter „alternative Spielstätten oder Fanclubs“. Helfen tut das nichts. Und deshalb bleibt das Kulturkino ein gallisches Dorf an der Aisch.

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