„Ich lerne viel dazu“ — im Landtag und im Landkreis

21.8.2014, 09:00 Uhr
„Ich lerne viel dazu“ — im Landtag und im Landkreis

© Archivfoto: Rainer Groh

Die Zeit zum ernsthaften Nachdenken fehlt ihr – und nicht nur ihr. „Die Arbeitsweise im Parlament hat sich geändert.“ Die Art, wie Alexandra Hiersemann das sagt, lässt es erahnen: nicht zum Besseren. „Es hat schon einige Male Anträge gegeben, bei denen ich mir dachte: Hättet Ihr mal gründlicher überlegt.“

Den Vergleich kann die Juristin ziehen, weil sie schon Anfang der 1990-er Jahre als Referentin der SPD für Verfassungs-, Rechts- und Kommunalfragen im Maximilianeum gearbeitet hat. Und sie ist eine erklärte Gegnerin von „Schnellschüssen aus der Hüfte“, auch in der eigenen Fraktion. Denn wiewohl die SPD keine Mehrheit im Landtag habe, entbinde sie das nicht der Verpflichtung, ihre eigenen Anträge sauber und genau auszuarbeiten. Das sei einerseits ein Muss gegenüber den Bürgern. Andererseits bringe das den politischen Gegner in die Kalamität, die wohlbegründeten Argumente erst einmal entkräften zu müssen, ehe er sie vom Tisch wischt.

Kollegialer Umgang

„Ich versuche, mir überall Basiswissen anzueignen“, erklärt die 54-Jährige. Das sei nicht einfach und werde, fürchtet sie, wohl nie ganz gelingen. Dazu sei die Arbeit in den beiden Ausschüssen, denen sie angehört, zeitraubend genug — der Petitionsausschuss sowie der Rechts- und Verfassungsausschuss. Beide Ausschüsse stehen nicht so sehr im Fokus der Öffentlichkeit. Doch gerade in ihnen sieht Alexandra Hiersemann ein Stück weit Kontrolle der Regierungsarbeit möglich. In den Petitionsausschuss kommen Gnadengesuche von Häftlingen oder häufig auch Asylfragen. Die Abgeordnete freut sich, dass sie schon zweimal als Berichterstatterin damit Erfolg hatte, dass ihre Fälle an die Härtefallkommission weitergegeben worden sind. Das liegt ihrer Ansicht nach auch mit daran, dass „man mit den Kollegen der Mehrheitsfraktion durchaus reden kann“. Das gilt in besonderem Maße für ihren Kollegen Walter Nussel (CSU), der das Direktmandat für den Landkreis ERH errungen hat. „Wir arbeiten gut zusammen, sprechen uns kollegial ab“, betont Hiersemann, zum Beispiel wer wo ein Grußwort hält. Sie würden jeweils die Grüße des je anderen mit überbringen, erklärt sie. Man müsse ja offizielle Veranstaltungen nicht künstlich hinausziehen, indem man immer noch ein weiteres Grußwort anfüge.

Auch könne sie nicht auf allen Hochzeiten tanzen. Zum teil spreche sie auch das mit Walter Nussel ab, wer von Beiden zu welcher Veranstaltung geht. Trotzdem, sagt die Witwe und Mutter eines erwachsenen Sohnes, komme sie auf sieben Tage Arbeit, wenn sie das vergangene Jahr revue passieren lasse. Denn auch der Besuch einer Kirchweih auf Einladung einer Gemeinde oder die Einweihung eines Feuerwehrgerätehauses sei für den Abgeordneten Arbeit.

„Man lernt dazu“, das sei durchaus positiv zu verstehen, so Hiersemann. „Wenn ich bei einer Feuerwehr am Biertisch sitze, wirke ich vielleicht ein wenig wie ein Exot, aber das hat sich schon ein wenig geändert.“ Gleichgültig ob Feuerwehr, soziale Dienste oder Gesang- und Musikvereine, um nur einige zu nennen: es gebe so viele Menschen, die sich, ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten in die Gesellschaft einbringen. Das freue sie und das wolle sie mit ihrer Anwesenheit anerkennen. Deshalb fühlt sich die Abgeordnete aber nicht als was Besonderes. „Ich habe ein Mandat, also einen Auftrag“, den sie mit der gebotenen Ernsthaftigkeit und mit Freude wahrnehme.

Kirche und Politik

Dabei macht sie kein Geheimnis daraus, dass ihr die Arbeit in und mit der Kirche ebenso wichtig ist, sei es im Kirchenvorstand der Altstädter Kirchengemeinde in Erlangen oder als stellvertretendes Mitglied der evangelischen Landessynode. Diese Arbeit ergänze sich auch gut mit der Politik.

Wenn ihr die Zeit bleibt, übernimmt sie auch noch einige Beratungen im kirchlichen und vereinsrechtlichen Bereich. „Doch die Hauptaufgabe ist das Mandat“, unterstreicht sie.

Jetzt, im August, in der sitzungsfreien Zeit des Landtags, ist allerdings erst einmal Urlaub angesagt. „Ich will zwei Wochen ausspannen, zur Ruhe kommen — und über meine Zeiteinteilung nachdenken.“ Danach ist sie wieder bereit, „mein Bestes zu geben“, im Landtag und im Landkreis. Dabei hat sie festgestellt, dass ihr der Kontakt mit Menschen zunehmend Spaß macht. Nicht zuletzt, weil sie viel Neues lerne und bisweilen auch Bürgern helfen könne.

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