In Oberreichenbach kommt der Bürgerbus

1.10.2015, 16:15 Uhr
In Oberreichenbach kommt der Bürgerbus

© Berny Meyer

„Wir sind nicht so mit öffentlichen Verkehrsverbindungen gesegnet“, erläutert der Bürgermeister. Wer zum Supermarkt in Münchaurach, zur Behörde nach Herzogenaurach oder zum Doktor nach Erlangen will und kein eigenes Fahrzeug besitzt, der hat meistens ein Problem. Um das zu ändern, bietet die Gemeinde zusammen mit einem Kreis von elf ehrenamtlichen Fahrerinnen und Fahrern seit April einen Bürgerbus an, der die Menschen zum gewünschten Ziel transportiert — gegen eine Spende.

Ein kurzer Anruf bei Jürgen Seddig am Vortag genügt und am nächsten Tag steht der neue Fiat Doblo vor der Haustür. „Wir bringen die Leute zum Arzt, zum Einkaufen, zur Gymnastik oder was halt anfällt“, erläutert der 79-Jährige, der den Bürgerbus koordiniert.

Gedacht ist der Service vor allem für ältere Menschen, die aus irgendeinem Grund auf ein Fahrzeug angewiesen sind, aber niemanden haben, der sie fährt. Aber es würden auch jüngere Bürger gefahren, wenn sie zum Beispiel nach einem Unfall nicht selbst fahren könnten, führt der agile Senior aus. „Fahrten zur Disko oder zur Party scheiden aber natürlich aus“, stellt Seddig klar.

Mit Jürgen Seddig haben sich noch zehn weitere Männer und Frauen gemeldet, die den weißen Fiat bei Bedarf fahren — sogar am Wochenende. „Helfen ist für mich selbstverständlich“, nennt zum Beispiel Annette Schneider als Grund für ihre ehrenamtliche Tätigkeit. Die 50-Jährige fährt beispielsweise jeden Samstagnachmittag Asylbewerber zur Tafel nach Herzogenaurach. Das ist im Fahrplan des Bürgerbusses schon ein fester Termin.

Hartmut Reinke findet dagegen einfach die Idee — Bürger fahren Bürger — gut. Deswegen setzt sich der 65-jähriger (Un-)Ruheständler gern mal in seiner Freizeit ans Steuer. Seit März hat der neue Fiat, der neben dem Fahrer noch vier bis fünf Personen transportieren und auch einen Rollstuhl oder Rollator unterbringen kann, rund 1500 Kilometer zurückgelegt.

Geht es nach den Ehrenamtlichen, könnte das ruhig mehr sein. „Diese Woche war gar nichts, sonst sind es durchschnittlich vier bis fünf Fahrten die Woche“, berichtet Seddig. Enttäuscht sei er deswegen nicht, man müsse das Angebot einfach noch bekannter im Ort machen, glaubt er. So sei jetzt geplant, jeden Freitag eine feste Tour zu einem Einkaufsmarkt anzubieten. Damit hofft man, vielleicht ein paar neue Bürger für die praktische Fahrgelegenheit begeistern zu können.

Unter den 1230 Einwohnern in Oberreichenbach gebe es bestimmt eine ganze Reihe von Menschen, die keine Möglichkeit haben, wegzukommen. „Aber vielleicht trauen sich manche einfach nicht anzurufen“, mutmaßt der Bürgermeister. Er hofft, dass sich das noch ändert.

Den kostenlosen Fahrservice lässt sich die Gemeinde einiges kosten: Der Fiat Doblo habe rund 20 000 Euro gekostet, für Unterhalt und Versicherung fallen im Jahr etwa 2000 Euro an, schätzt Hacker. Der benötigte Sprit wird über die freiwilligen Spenden, die die Fahrgäste geben, finanziert. Also, alles ist gerichtet — jetzt müssen die Bürgerinnen und Bürger nur noch zugreifen.

Wer den Bürgerbus nutzen will, sollte mindestens einen Tag zuvor bei Jürgen Seddig oder Hans-Joachim Röttger, Tel. (01 74) 6 09 26 20, einen Termin ausmachen.

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