Mutter und Schwester gründen Verein

Lenas Vermächtnis: Glücksmomente für kranke Kinder

16.9.2016, 17:29 Uhr
Lenas Vermächtnis: Glücksmomente für kranke Kinder

© Fotos: Eduard Weigert

Die Verantwortlichen von „Lena’s Pferde“ sind selbst vom Schicksal nicht verwöhnt. Heidrun Schütz-Götzfried und ihre Tochter Sina (geboren 1990) aus Großenseebach haben den Verein im Herbst 2015 gegründet. Vorangegangen war eine schwere Zeit: Denn die Schütz-Götzfrieds hatten noch eine zweite, vier Jahre ältere Tochter, Lena. Sie erkrankte Anfang 2013 an Krebs – ein Nierenzellkarzinom. Auch ihr Vater bzw. der Ehemann von Heidrun Schütz-Götzfried war bereits an Krebs gestorben. Eine erste Operation von Lena verlief erfolgreich, doch im Sommer kam der Tumor wieder. Erneut eine große Operation, Chemotherapie, Reha. Und dann ging alles ganz schnell. Lena starb am 18. Juni 2014, mit 27 Jahren, in der Uniklinik in Erlangen.

Wunsch wird wahr

Doch damit ist die Geschichte nicht zu Ende. Lenas letzter Wunsch vor ihrem Tod: Sie möchte sich von ihrem Pferd Leo verabschieden. Geritten sind Lena und ihre Schwester Sina nämlich schon als Kinder. Mit 20 Jahren kaufte Lena sich ihr Pflegepferd Ronny, später dann noch Leo. Ronny war inzwischen gestorben, aber ihren Leo will Lena noch einmal sehen. Sie selbst ist allerdings schon zu schwach für einen Ausflug. Und dann machen ihre Mutter, ihre Schwester, ihre Freunde und natürlich die Ärzte der „Medizin 5“ und das Team der Palliativmedizinischen Abteilung in Erlangen das Unmögliche möglich: Lena wird mit Blutkonserven stabilisiert, auf ein Spezialbett gelegt und auf das Klinikgelände gebracht. Dorthin rollt auch der Pferdeanhänger mit Leo. Und so wird Lenas letzter Wunsch wahr, beobachtet von vielen „Zaungästen“ aus der Klinik.

Schon bald kommen Anfragen, ob etwas Ähnliches nicht auch für andere Kinder möglich sei. Kranke Kinder, die keinen normalen Alltag kennen und sich über jede Abwechslung freuen. Glücksmomente auf dem Pferderücken erleben, davon konnten diese Kinder nur träumen. Bisher. Denn Sina will das Andenken an ihre Schwester bewahren und hat die Idee, einen gemeinnützigen Verein zu gründen, der kranke Kinder/Jugendliche und Pferde zusammenbringt. Lenas Mutter und ihre treuen Freunde, die sie durch ihre Krankheit begleitet haben, sind angetan. „Und auch die Ärzte waren begeistert“, erzählt Heidrun Schütz-Götzfried. Notfallmediziner Falk Stirkat — auch bekannt als Autor („Ich kam, sah und intubierte“) — übernimmt sogar den stellvertretenden Vorsitz, erste Vorsitzende ist Sina Götzfried.

Mit dem Reiterhof Hager in Höfen hat der Verein einen Kooperationspartner gefunden. Reitpädagogin Stephanie Weidner stellt dort ihre beiden Pferde Monty und Romeo zur Verfügung. „Das sind Irish Tinker, die sind vom Charakter her besonders ruhig und gutmütig“, erklärt Weidner, die auch Reittherapie anbietet.

Drei Gruppen mit Kindern von der Dialysestation der Erlanger Uniklinik kamen bereits in den Genuss. An diesem Vormittag bürstet der achtjährige, nierentransplantierte Balasz hingebungsvoll den schwarz-weißen Romeo, der das Prozedere sichtlich tiefenentspannt genießt. Balasz‘ sechsjährige Schwester Laura putzt derweil Monty. „Geschwisterkinder dürfen mitkommen, damit die kleinen Patienten weniger Scheu haben“, erklärt die Kinderkrankenschwester Susan Bartl. Natürlich dürfen auch die Eltern dabei sein. Den Transport nach Höfen übernimmt meist die Klinik. Und auch Psychologin Alexandra Schwarz ist mitgekommen. Sie freut sich für die Kinder, „die wegen ihrer Krankheit generell kein so normales Leben mit Freizeit und Ausflügen haben“.

Ein Stück Normalität

Die achtjährige Dialysepatientin Xenia ist hin und weg von Romeos stolzer Mähne und darf Zöpfchen flechten. Ihre vierjährige Schwester Barbara ist noch skeptisch. Als es aber heißt „Aufsteigen!“, ist auch sie mit Feuereifer dabei. Bald thronen die Kinder auf dem gutmütigen Romeo. Endlich reiten! Die strahlenden Blicke der Kinder sprechen Bände. In diesem Moment denken sie nicht an ihre Krankheit, sondern genießen einfach ein Stück Normalität.

Sina — sie ist glücklich, weil es auch die Kinder sind — führt das Pferd. Denn obgleich die 26-Jährige inzwischen ihren Master of Science in Biochemie abgelegt hat und sich — ein Versprechen an Lena — an der Universität in Innsbruck unter anderem der Krebsforschung widmet, kommt sie dennoch für solche Termine zurück in die Heimat. „Das ist mir wichtig“, betont sie. Dass sie und ihre Mutter die Kraft gefunden haben, nach den Schicksalsschlägen so etwas auf die Beine zu stellen, verdient höchsten Respekt. Wie schafft man das? „Meine Arbeitsstelle in der Studienassistenz der Radiologie lenkt mich ab, und auch das Engagement für den Verein hilft mir“, sagt Heidrun Schütz-Götzfried. „Man weint zu Hause.“ Denn freilich gebe es auch schlimme und schwere Momente. „Aber ich war schon immer jemand, der sich gerne ehrenamtlich engagiert hat.“ Außerdem geben ihr Sina und Lenas Freunde Halt. Und auch sie lächelt und lacht viel angesichts der freudigen Kinder, die die Pferde streicheln und tätscheln. Das ist Lenas Vermächtnis.

Für die Kinder und deren Eltern ist der Besuch auf dem Reiterhof freilich kostenlos. Deshalb ist der Verein „Lena’s Pferde“ auch auf Spenden angewiesen. Eine Benefizveranstaltung „Promis on stage“ mit Falk Stirkat und Oliver Tissot findet beispielsweise am 27. Oktober im Kosbacher Stadl statt.

Weitere Informationen in Internet: www.lenaspferde.de; Spendenkonto: Lena’s Pferde e.V., Verwendungszweck: Spende; IBAN: DE97763500000060071419; BIC: BYLADEM1ERH

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