Martin Grau gibt alles - doch Rio de Janeiro ist abgehakt

19.6.2016, 17:41 Uhr
Martin Grau gibt alles - doch Rio de Janeiro ist abgehakt

© Foto: Theo Kiefner

Ein Hintertürchen ließ der Sportler selbst in der Mixed Zone zehn Minuten nach Zieleinlauf noch offen: „Vielleicht wagen wir noch einen letzten Versuch, das werden wir bald entscheiden und kund tun.“

Für seinen Trainer Markus Mönius waren da die Würfel schon gefallen: „Wir geben uns jetzt neue Ziele für diese Saison und hoffentlich für die nächsten vier Jahre!“ Wenn man wie er die Vorgeschichte (mit der leidigen Zahnentzündungs-Geschichte und ihren Folgen) kenne, müsse man mit Bronze sehr zufrieden sein. Der Medaillensatz sei nun komplett bei der DM und es gelte nun, nach vorne zu schauen. Und am Zitat oben ist zu erkennen, dass Olympia 2020 durchaus noch auf der Agenda steht – mit 24 ist Martin Grau für einen Mittelstreckler eher noch ein Nachwuchsmann.

Taktisch kann man ihm nach Kassel bei guten Bedingungen und vor einer tollen Kulisse im Aue-Stadion keine Vorwürfe machen. Anfangs versteckte er sich etwas im Feld, das jedoch mit fast genau drei Minuten für die ersten 1000 Meter extrem langsam unterwegs war - die EM- und Olympianorm von 8:30 Minuten war für alle Rivalen außerhalb aller Ambitionen.

Ab etwa der Hälfte des Rennens marschierte Grau nach vorne und versuchte wie im Vorjahr in Nürnberg das Feld zu sprengen. Doch diese Form besitzt er heuer nicht. Zwar fiel das Gros der Gegner schnell ab, aber ein Trio mit Favorit Patrick Karl (TG Ochsenfurt), Hannes Liebach (SCC Berlin) und Nico Sonneberg (LG Eintracht Frankfurt) konnte er diesmal nicht abschütteln.

Vergeblich hoffte er auf Schützenhilfe des fränkischen Landsmanns Karl. So musste der Biengartener die Führungsarbeit alleine machen. Nach 2000 Metern lag er mit 5:56,11 zwar noch vorne, doch knapp 300 Meter vor dem Ziel zogen Liebach, der später in 8,45,50 Minuten zum Titel sprintete, und Karl (8:45,98) mühelos an ihm vorbei.

Immerhin gelang es dem LSC-Ass (8:48,97) noch den Angriff des stark aufkommenden Fabian Clarkson (8:49,26) abzuwehren, der Sonneberg (8:49,54) noch überholt hatte. Der Ex-Höchstadter Konstantin Wedel (jetzt LAC Quelle Fürth) landete in 8:58,75 Metern auf Rang sechs, Vorjahres-Vize Felix Hentschel (Bamberg) kam nicht ins Ziel.

Martin Grau wusste nicht, ob er zufrieden oder ärgerlich sein sollte: „Realistisch betrachtet, war die Titelverteidigung kaum drin, eine Medaille aber schon das machbare Ziel. So war das also ein vorhersehbares Resultat. Ich habe die Initiative ergriffen, wurde aber nicht belohnt, die anderen standen einfach besser im Saft.“ Immerhin habe er sich in der letzten Runde etwas besser gefühlt als in den jüngsten Rennen - aber vielleicht habe ihm da das langsame Anfangstempo in die Karten gespielt.

Nun heißt es also, sich neu auszurichten und sich klar zu machen, dass der Traum von Rio nicht in Erfüllung gehen wird. Das ist sicherlich eine Enttäuschung, aber für einen ehrgeizigen Athleten wie Martin Grau ist das eher ein Ansporn, diese Saison abzuhaken und es 2017 besser zu machen.

Für seinen Bruder Bastian verlief sein Debüt als Einzelstarter bei einer Deutschen der Erwachsenen ebenfalls nicht nach Wunsch: Er schied im Vorlauf aus. Für ihn war schon die Qualifikation über die 1500 Meter ein großer Erfolg. „Das große Engagement im Winter und Frühjahr hat sich für ihn nach seinen ständigen Verletzungspausen in den vergangenen Jahren gelohnt“, bilanzierte Mönius.

Doch nachdem Bastian Grau vor 14 Tagen in einem für ihn fast perfekten Rennen in Regensburg mit neuer persönlicher Bestleistung von 3:47,88 die Norm geknackt hatte, folgte am Samstag kein weiterer Glanztag. Am Morgen plagten den Mittelstreckler eine gereizte Nase und gerötete Augen - Pollenallergie! Er nahm noch ein Allergiemedikament ein, doch das - so Mönius - „macht müde. Und möglicherweise ist das ein Grund für die fehlende Power auf der Schlussrunde.

Auslosung lief gut

Dabei lief die Auslosung ganz gut: Der Biengartener kam in den zweiten Vorlauf, der oft die besseren taktischen Möglichkeiten bietet, wenn im ersten gebummelt wird. So geschehen letztes Jahr bei der DM in Nürnberg, als LSC-Teamkamerad Kürzdörfer ebenfalls im zweiten Lauf Vollgas gab, weil sich die Asse im ersten Vorlauf alle auf den Endspurt verließen. So kam Kürzdörfer ins Finale, ´was Bastian Grau heuer verwehrt blieb.

Denn diesmal pokerten die Läufer im ersten Rennen nicht, einige kamen gar in die Nähe ihrer persönlichen Bestzeit. Sechs waren mit etwa 3:48 Minuten dabei; damit war klar, dass Bastian Grau ans Limit gehen musste.

Seine Strategie war eigentlich gut. In einem nur anfangs etwas passiven Rennen sortierte er sich stets auf Rang drei, vier eín und hätte eigentlich Kräfte sparen können. „Bis 1200 Meter sah das richtig gut aus“, so Mönius. Aber dann, als der Schlussantritt der Konkurrenten kam, konnte Grau nicht mehr dagegen halten. Nach 60 Metern war er ans Ende des Feldes durchgereicht worden. Er sah, dass die Endlaufchance dahin war und trabte in 3:55,67 Minuten ins Ziel. Am Ende war die Platzierung standesgemäß, denn er war mit der zweitschlechtesten Zeit der 18 Teilnehmer gemeldet und belegte am Ende Platz 16.

Trösten kann er sich damit, dass er in einem schnellen Finale, das mit Timo Benitz ein Läufer gewann, der auch schon beim Meeting in Höchstadt triumphierte, selbst mit Bestleistung ganz hinten gelandet wäre.

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