Mit einem Sommer-Fisch zum neuen EU-Fördertopf

29.5.2015, 15:51 Uhr
Mit einem Sommer-Fisch zum neuen EU-Fördertopf

© Christian Enz

Das Förderwesen der Europäischen Union ist komplex. So machten auch im Vorfeld der  in der Höchstadter Fortuna Kulturfabrik anberaumten Bürgerinformationsveranstaltung zahlreiche Fachbegriffe die Runde. „Worum geht es heute eigentlich?“ fragte Sandra Hammer die von Abkürzungen wie LAG, FLAG oder LES sichtlich verwirrten Zuhörer.

Eine rhetorische Frage der Vertreterin des Touristik-Büros Karpfenland Travel, auf die zur Erleichterung der gut 80 Vertreter aus Politik, Landwirtschaft und Gastronomie direkt die Antwort folgte. „Es geht um das Kulturgut Aischgründer Karpfenwirtschaft und die Frage, wie sich diese künftig entwickeln lässt.“

Denn, so betonte der Leiter des in Höchstadt ansässigen Amtes für Karpfenteichwirtschaft, Martin Oberle, diese sei längst kein Selbstläufer mehr. „Die Verluste sind heute weit höher als vor 30 Jahren.“. Ein substanzielles Problem, wie Andrea Ditsch unterstrich. „Die Arbeit hat nur Wert, wenn ein guter Verkauf möglich ist“. Gelingt es nicht, diesen dauerhaft zu ermöglichen, so befürchtet die Peppenhöchstädter Karpfenbäuerin eine starke Zunahme offengelassener Weiher im gesamten Aischgrund. Eine Sorge, die Oberle und Gerald Brehm teilen. „Wenn es sich nicht lohnt, dann ist in vielen Betrieben spätestens nach unserer Generation Schluss“, warnte Höchstadts Bürgermeister. „Das wollen wir nicht zulassen. Deshalb hat sich die Stadt aktiv dafür eingesetzt, unter dem Dach das Vereins Karpfenland Aischgrund eine FLAG Aischgrund zu gründen“.

Ziel dieser Fischereilichen Lokalen Aktionsgruppe ist es, Projekte zur Förderung der Fischwirtschaft im gesamten Aischgrund zu initiieren. Neben Höchstadt haben sich deshalb 21 weitere Kommunen aus den Landkreisen Erlangen-Höchstadt, Forchheim und Neustadt/Aisch-Bad Windsheim angeschlossen. Das Geld für die Maßnahmen soll im Wesentlichen aus Fördertöpfen der EU kommen. „Diese müssen noch eingeworben werden“, erklärte Gerald Brehm – und zeigte sich optimistisch, die möglichen 650 000 Euro für die Region zu sichern.

Bereits im Vorfeld der Bürgerinformationsveranstaltung hatten Sandra Hammer und Helmut Dresel gemeinsam mit Dr. Martin Oberle eine sieben Handlungsfelder umfassende, lokale Entwicklungsstrategie entworfen. Diese wurden den Zuhörern zunächst vorgestellt, um anschließend in einstündigen Workshops diskutiert zu werden. Zur Wahl standen das von Martin Oberle moderierte Themenfeld „Fischerei“, aber auch „Tourismus“ (Helmut Dresel), „Öffentlichkeitsarbeit“ (Sandra Hammer), „sozialer Wohlstand“ (Maik Pahner, Stadt Höchstadt), „Umwelt“ (Klaus Strienz, Karpfenland-Führer Höchstadt), „Wertschöpfung“ (Elke Klermund, Karpfenland-Führerin Röttenbach) und „Kulturelles Erbe“ (Dr. Christiane Kolbet, Karpfenland-Führerin Weisendorf).

In der anschließenden Ergebnis-Präsentation wurde schnell deutlich, dass alle an der vom Weiher bis zum Teller reichenden Produktionskette Beteiligten einen Leidensdruck verspüren, der Veränderungen unverzichtbar zu machen scheint.

Lösungswege können dabei freilich vielfältig sein. So sehen die Teichwirte Potenzial in einer verbesserten Zusammenarbeit. „Erste Priorität hat aber die Verbesserung der Infrastruktur – speziell die Erschließung der Teichwirtschaft mit Strom“, betonte Martin Oberle.

Mit der, beispielsweise in Tschechien praktizierten, Massenproduktion wird man dennoch nicht mithalten können – und will es auch gar nicht. Stattdessen will man weiterhin auf Qualität setzen. Deshalb hat man sich bereits den Original Aischgründer Karpfen als Regionale Marke gesichert und hohe Standards definiert.

„Positive Impulse erhoffen wir uns auch von KarpfenTV“, erklärte Sandra Hammer. Dabei handelt es sich um ein neues Programmformat des Franken-Fernsehens. Dies soll gleichzeitig einen Beitrag dazu leisten, den Aischgrund als Naherholungsgebiet – ähnlich dem Fränkischen Seenland – populär zu machen. Dazu bedarf es aus Sicht der Teilnehmer auch einer Stärkung des öffentlichen Personen-Nahverkehrs.

Tourismus-Experte Dresel sieht daneben noch ein weiteres, zentrales Problem. „Urlauber kommen im Sommer – also gerade dann, wenn es keinen Karpfen gibt. Da müssen wir gemeinsam ran.“ Deshalb steht auch die Etablierung eines Sommer-Fisches für den Aischgrund auf der umfangreichen Agenda. Diese muss nun zügig in das Entwicklungskonzept eingearbeitet und mit dem Förderantrag beim Landwirtschaftsamt eingereicht werden. Denn Beginn der Förderperiode ist schon im Juli – und noch drei andere FLAGs buhlen um die attraktiven Fördergelder.

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