Mit Mut und Ideen gegen den Strom geschwommen

16.10.2014, 15:27 Uhr
Mit Mut und Ideen gegen den Strom geschwommen

© P. Ledényi/dlz agrarmagazin

„Brehm hat mit Mut und Innovationen einen auslaufenden Betrieb wieder aktiviert“, würdigten die Ceres-Juroren Uli Zerger von der Stiftung Ökologie und Landbau, und Detlef Steinert vom dlz agrarmagazin den Lonnerstadter Biobauern.

Der Preis, initiiert und getragen vom Fachblatt dlz agrarmagazin, zeichnet in unterschiedlichen Kategorien Persönlichkeiten aus, die als Landwirt bzw. Landwirtin erfolgreich sind. Bundesminister Christian Schmidt honorierte die Leistungen der Teilnehmer: „Die Bewerber haben mehr aus ihrem ohnehin schon spannenden Beruf gemacht.“

So wie Karl Brehm. Für ihn ist der Wechsel vom Architekten zum Landwirt kein Karriere-Knick. Denn hier hat er Betätigungsfeld gefunden, bei dem er Neues ausprobieren und eine bessere Balance zwischen Beruf und Familie finden kann. Mit Zahlen und Kalkulationen kennt sich Karl Brehm nicht erst aus, seit er 2000 den Hof übernommen hat. Dass er schon zuvor, in seiner beruflichen Vergangenheit als Architekt, mit spitzem Stift Bauvorhaben berechnen musste, kam ihm damals zugute. Denn der Betrieb in Lonnerstadt galt schon als auslaufender Betrieb. Vater Brehm hatte nicht mehr damit gerechnet, dass der kleine Hof einmal weitergeführt werden würde und in den letzten Jahren als Betriebsleiter kaum mehr investiert.

Entsprechend hoch war der Nachholbedarf, als Karl Brehm die Geschicke übernahm. Dass es einiges aufzuholen und zu investieren galt, schreckte ihn nicht ab. Denn eine Triebfeder gab es, die viele andere Vorbehalte in den Hintergrund drängte: „Die Arbeit als Architekt hat Spaß gemacht, aber auch unheimlich viel Zeit in Anspruch genommen; Zeit, die ich nicht mit meiner Familie verbringen konnte.“

Anfänglich noch als freiberuflicher Architekt tätig, durchlief Brehm neben der Arbeit am Hof außerdem noch die landwirtschaftliche Ausbildung bis zur Meisterprüfung mit Auszeichnung. Eine Mehrfachbelastung, die er gerne auf sich genommen hat, weil sie ihm ein Stück seinem Ziel nähergebracht hat: Vom Betrieb zu leben und ihn so auszubauen, dass er Perspektiven bietet.

Leben kann er heute davon und sogar so viel erwirtschaften, dass genügend Mittel für weitere Investitionen übrig bleiben. Etwa für den Kauf zusätzlicher landwirtschaftlicher Flächen oder für eine Teilaussiedlung, die er im kommenden Jahr angehen will, um den Beschränkungen der beengten Hofstelle bei der Bewirtschaftung zu entgehen. Die machen sich bemerkbar, wenn zum Beispiel mit größeren Maschinen rangiert werden muss.

Realisieren lassen sich die Projekte unter anderem, weil er auf mehrere Standbeine setzt, die sich „alle selbst rechnen müssen“, wie er betont: der Erzeugung von Rindfleisch, dem Anbau von Getreide und Kartoffeln sowie Meerrettich. Beim Meerrettichanbau gehört er mittlerweile sogar zu den größten Anbauern im gesamten Bundesgebiet.

Vorgezeichnet war dies nicht. Zwar hatte schon sein Vater diese Frucht gepflanzt, den Anbau bis zur Betriebsübergabe allerdings auf gerade einmal 100 Pflanzen am Ende zurückgefahren. Der 47jährige hat ihn vertausendfacht. Heute ist er Herr über jährlich 100 000 Meerrettich-Pflanzen, die er vorwiegend an einen regionalen Abnehmer verkauft. Damit schwimmt Brehm gegen einen Trend, denn der Meerrettichanbau ist sehr zeitaufwendig. Mit normalen Verfahren braucht es weit über Tausend Arbeitsstunden für Pflanzung, Pflege und Ernte eines Hektars – im Bio-Anbau, wie ihn Brehm betreibt, sogar noch deutlich mehr.

Lange hat Brehm getüftelt, um Geräte so umzubauen, dass nun ein Großteil der Arbeit maschinell erledigt wird. Obwohl nach wie vor noch vieles mit Hand erledigt werden muss, wobei ihm seit Jahren die gleichen polnischen Helfer unterstützen, braucht er nun nur noch rund 700 Stunden und spart damit viel Zeit, die auch seiner Familie zugute kommt. Und seinem neuen Betriebszweig: Läuft der Probeanbau so gut wie bisher, will er den Anbau von Wasabi, einem japanischen Gewürz ausbauen, das zum Beispiel für Sushi verwendet wird.

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