Mit Nachdruck: S-Bahn im Aurachtal geht nicht

18.5.2018, 17:54 Uhr
Mit Nachdruck: S-Bahn im Aurachtal geht nicht

© Matthias Kronau

Welche Vor- und Nachteile haben die Aurachtalbahn und die StUB?

Für die Aurachtalbahn gibt es bereits Brücken über den Frankenschnellweg und durch die Regnitzaue, sowie eine Unterführung unter der A 3. Doch wohnen weniger Menschen entlang der Trasse als an der Vorzugstrasse der StUB über Büchenbach nach Herzogenaurach leben. Auch weniger Arbeitsplätze fährt die Aurachtalbahn an, ihre Haltepunkte liegen teils entfernt von den Dörfern. Würde die Aurachtalbahn als Eisenbahn betrieben, stellt sich das Problem der Einfädelung des Gleises in die Hauptstrecke Nürnberg-Bamberg. Bereits in der allerersten Studie 1993 zu einem Schienensystem im Großraum, der Obermeyer-Studie, ist wegen dieser Nachteile die Aurachtalbahn von Herzogenaurach bis Bruck nicht vorgesehen, wohl aber eine Trassenvariante über Büchenbach. Dies, obwohl damals noch Güterzüge auf der Strecke fuhren, die Hauptstrecke Nürnberg-Bamberg nicht vier-, sondern zweigleisig war, adidas und Puma noch in der Kernstadt ansässig waren.

Warum ist die Einfädelung in die Hauptstrecke nicht machbar?

Auf den beiden westlichen Gleisen der Hauptstrecke fahren die Fern- und Güterzüge (außen) und die S-Bahn (innen) in Richtung Nürnberg. Die Aurachtalbahn müsste zwei Gleise kreuzen, dann ins S-Bahn-Gleis einfädeln. Dazu müsste sie laut Berechnung der Bahn etwa 550 Meter weit auf den westlichen Gleisen gegen die normale Fahrtrichtung fahren. Das schließt jeweils mehrere Minuten lang aus, dass auf diesen Gleisen andere Züge fahren. Bei drei Minuten pro Zug bedeutet dies, dass Gleis eins 18 Minuten in jeder Stunde nicht für die durchgehenden Züge zur Verfügung stünde, Gleis zwei wohl ebenso lange. Die Deutsche Bahn nimmt so eine Kapazitätseinschränkung wegen ihrer überregionalen Konsequenzen nicht hin. Betroffen ist immerhin ein Teil der Bahnachse Berlin-Palermo.

Das Problem lösen würde ein sogenanntes Überwerfungsbauwerk. Doch wie das Innenministerium schriftlich mitteilt, werden nach Erfahrungen andernorts die Kosten dafür auf einen "hohen zweistelligen Millionenbetrag" geschätzt.

Wegen der Kurve der Bahntrasse kann die Aurachtalbahn nur Richtung Süden auf die Hauptstrecke fahren, muss also Passagiere, die nach Nürnberg wollen, nach Erlangen zum Umsteigen bringen. In Erlangen muss der Zug dann wenden. Das einzige Wendegleis dort wird stündlich von der S-Bahn, der Linie eins, belegt. Platz für ein zweites Wendegleis gibt es im Erlanger Bahnhof nicht.

Warum geht eine Reaktivierung der Aurachtalbahn nicht so schnell, wie viele Befürworter erwarten?

Bei einem Betriebskonzept wie es dem anonymen Papier zugrundeliegt, soll es tagsüber einen 20-Minuten-Takt-Verkehr geben mit zwei Zügen. Die Fahrzeit von Herzogenaurach nach Erlangen soll 15 Minuten betragen. Dazu bräuchte es eine Zug-Höchstgeschwindigkeit von 70 bis 80 Kilometern pro Stunde. Dieses Tempo bedingt rechtlich ein neues Planfeststellungsverfahren vor dem Bau. Dies braucht entsprechend Zeit. Zum Beispiel sind bei diesem Tempo Bahnübergänge ohne technische Sicherung nicht mehr zugelassen.

Ist das Betriebskonzept machbar?

Um die Fahrzeit von 15 Minuten zu halten, sind in dem Papier die Haltepunkte Kriegenbrunn und Bruck-Süd gestrichen, ebenso alle Halte zwischen Bruck und dem Erlanger Hauptbahnhof — auch der für den Siemens Campus wichtige an der Paul-Gossen-Straße. In die Berechnung der Passagier-Nachfrage freilich fließen die Passagiere, die an diesen Stellen nicht einsteigen können, in dem Papier trotzdem ein.

Ein 20-Minuten-Takt auf einer eingleisigen Strecke ist anfällig für Verspätungen, dem größten Ärgernis für Kunden. Als Maximum für die Leistungsfähigkeit einer eingleisigen Nebenbahn gilt ein 30-Minuten-Takt. Hier ist selbst dieser sehr eng, denn er bedingt, dass an beiden Enden der Strecke nur fünf Minuten Zeit bleibt, den Zug zu wenden und den Führerstand zu wechseln. In Forchheim wird dies praktiziert, mit häufigen Verspätungen.

Macht die Aurachtalbahn der StUB Konkurrenz?

Beide bedienen die Verbindung Herzogenaurach-Erlangen. Das ist Konkurrenz per se. Das Fahrgast-Potenzial ist nur einmal vorhanden. Das Papier gibt in seinen Fahrgast-Potenzialanalysen nicht den Fall wieder, dass StUB und Aurachtalbahn nebeneinander betrieben werden.

Könnte man die Aurachtaltrasse, wenn nicht als Eisenbahn, so doch als Straßenbahn oder als Tram-Train-System betreiben?

In ihrem Fazit bezeichneten Große-Verspohl und Gräf eine Aurachtal-S-Bahn, wie sie das Papier vorschlägt, als nicht einmal prüffähig. Sie ist, so Große-Verspohl, als Eisenbahn "einfach raus". Tram-Trains, also Schienenfahrzeuge, die sowohl auf Eisenbahn- als auch auf Straßenbahnschienen fahren können, würden eine Umrüstung auch des Nürnberger Fahrzeug-Parks bedingen, weil die StUB ja als Verbund mit dem Straßenbahn-Netz von Nürnberg gedacht ist. Diese Investitionen machen nur Sinn bei einem entsprechend großen Netz mit hohem Bahngleis-Anteil, nicht bei den insgesamt 48 Kilometern, die StUB und Nürnberger Tram zusammen haben sollen. Nach seinem Formalisierten Abwägungs- und Rangordnungsverfahren wird der Zweckverband aber eine Aurachtalvariante im Betrieb als Straßenbahn und als Tram-Train weiter prüfen, freilich unter ausdrücklichem Verweis auf die strukturellen Nachteile gegenüber dem "L-Netz" der StUB über Erlangen-Büchenbach.

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