Bürgermeister Wersal scheidet aus: Mit sich im Reinen

23.4.2014, 16:54 Uhr
Bürgermeister Wersal scheidet aus: Mit sich im Reinen

© Athina Tsimplostefanak

An seinen ersten Arbeitstag als Rathaus-Chef kann sich Wersal noch ganz genau erinnern. Die erste Amtshandlung: „Mein Vorgänger hat mir den Schlüssel fürs Rathaus und den Dienstwagen gegeben.“ Und plötzlich hatte Wersal Zugang zu allen gemeindlichen Räumen. Die ihm offensichtlich ans Herz gewachsen sind. Fragt man den 64-Jährigen heute nach seinem Lieblingsplatz in Hemhofen, kommt die Antwort wie aus der Pistole geschossen: „Das Rathaus.“ Und er schiebt gleich noch hinterher: „Übrigens auch am Samstag.“

Das lässt zumindest erahnen, dass ihm der Abschied nicht ganz leicht fallen wird. Einige Kisten in seinem Bürgermeisterbüro sind schon gepackt, einige Bilder abgehängt. Nur das riesige Acrylgemälde hängt noch, eine schwarze Kuh ist darauf zu sehen, außen herum impulsive Farben. Das Bild, das die Land-, die Fleisch- und die Gastwirtschaft darstellen soll, passt gut zu seinem Werdegang.

Einst war Wersal Unternehmer, betrieb eine Metzgerei mit 16 Filialen. Doch dann wurde der Gemeinderat zum Bürgermeister gewählt — er verkaufte den Betrieb. Binnen eines Jahres fuhr der Käufer das Geschäft an die Wand, berichtet Wersal. Insolvenz. Ein Lebenswerk ging damit für ihn zugrunde. Doch die Aufgaben als Bürgermeister wuchsen ihm schnell ans Herz. Vor allem die Trauungen haben ihm gut gefallen. „Das ist ja gewissermaßen ein Staatsakt, der das ganze Leben halten soll.“ Wersal selbst ist seit 44 Jahren verheiratet.

Ein gewisses Verhandlungsgeschick besaß Wersal offenbar schon vor seiner politischen Tätigkeit. Als er seine Gattin heiratete, legte er nämlich vertraglich fest, dass er sich nicht beim Rasenmähen und Haushalt beteiligt. Die Begründung dafür lautet schlicht: „Das ist nicht mein Ressort.“ Inzwischen werde er sogar, wenn er im Haus mal einen Stuhl irgendwo anders hinstellt, gleich „gemaßregelt“.

Mammutprojekt Kanalsanierung

Wenn schon nicht im Haushalt, musste Wersal zumindest im Rathaus anpacken. Zwölf Jahre war er dort Chef, hat Veranstaltungen eröffnet, Papierkram erledigt, Entscheidungen getroffen und delegiert. Die Gemeinde hat sich, so findet Wersal, durchaus positiv entwickelt. Das empfindet er aber nicht als sein alleiniges Verdienst. Sein Vorgänger habe diese gute Entwicklung bereits eingeleitet.

Besonders stolz ist er etwa darauf, dass in seiner Zeit ein Jugendzentrum und ein Altenheim errichtet worden sind. Der Bau eines neuen Vereinshauses für die Feuerwehren wurde nun unter seiner Obhut noch beschlossen. Ein Mammutprojekt während seiner Amtszeit war die Sanierung der Kanalanlage. Kein einfaches Unterfangen sei das gewesen, zumal einige Kosten entstanden — eine in Hemhofen umstrittene Angelegenheit. Das Streiten überhaupt hat dem Bürgermeister an seiner Arbeit nicht sonderlich gefallen. „In Wahlkampfzeiten gehört das aber dazu“, sagt er.

Das Nein-Sagen musste er als Bürgermeister lernen und auch, dass er als Gemeindechef eben auch mal jemand anderem „auf die Füße treten“ musste. Seine eigentliche Aufgabe als Bürgermeister sieht Wersal darin: „Man muss die Menschen verstehen.“ Solche Sätze sagt der gebürtige Hemhofener überhaupt gerne. Sätze wie „Du kannst nur heute leben. Gestern ist vorbei und morgen ist erst morgen“. Oder „Im Augenblick der Entscheidung muss man überzeugt sein — mit Halbwahrheiten kann man nicht leben.“ Wersal ist einer, der gerne reflektiert, sich in der Esoterik zuhause fühlt und Spirituelles liest.

Deswegen ist er es auch selbst, der die Frage stellt: Was bleibt, wenn der Status-Bürgermeister weg ist? Auch eine Antwort hat er parat: „Eine sehr gute Erfahrung. Und dass man mit sich im Reinen ist.“

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