Mit Tiefgang und Reife

7.11.2011, 15:52 Uhr
Mit Tiefgang und Reife

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Der in der Fachpresse hoch gelobte Musiker der Nachwuchsgeneration war Gast des Förderkreises pro musica und vom Schlossverein Hohestete. Im Kopf und in den Fingern hatte er ein höchst anspruchsvolles Programm, als Künstlerpersönlichkeit faszinierte er das konzentriert, beinahe atemlos lauschende Publikum im voll besetzten Saal.

Schmidts besondere künstlerische Stärke – makellose Technik wird auf seiner Ebene stillschweigend vorausgesetzt – ist seine rein musikalische Überzeugungskraft: Als agierende Person nimmt er sich sehr zurück und lenkt den Hörer einerseits auf das gespielte Werk, andererseits auf die ganz eigene Gestaltung seiner Klaviertöne. Dabei stehen ihm eine reiche Palette von Klangfarben zu Gebote (vor allem im Pianobereich) und Geschmack in der Entschlüsselung eines Notentextes – dies letztlich auch eine Frage des Bildungshintergrunds.

Wer glaubte, bei den eingangs gespielten Lisztbearbeitungen Bachscher Orgelwerke (Präludien und Fugen c-Moll bzw. a-Moll) virtuosem Tastendonner zu begegnen, wurde schnell eines Besseren belehrt: Schmidt respektierte Liszts sparsame aber eben klaviergerechte Eingriffe in Bachs Originaltexte und entzog sich damit jeglicher Effekthascherei. Zumal in den Fugen entwickelte er einen ansteckenden „drive“, wie er schlichtweg bei der Orgel nicht möglich, gleichwohl in der Komposition enthalten ist.

Franz Schuberts drei Klavierstücke D 946 aus dem Nachlass sind breiteren Hörerkreisen leider noch viel zu wenig bekannt.

Inhaltlich leuchten sie weit in die zukünftige Entwicklung des romantischen Klavierstücks hinein: Aus schlichtem Liedmelos entwickeln sich seelische Abgründe, sogar bukolische Entrückungen, die erschrecken lassen. David Theodor Schmidt gestaltete solche (typisch wienerischen?) Doppelbödigkeiten mit Tiefgang und einer Reife, die seine Jugend vergessen machte.

Finales Werk des Abends war Robert Schumanns „Kreisleriana“ op. 16, ein Zyklus von acht Klavierfantasien, in dem der Komponist sich seiner Braut Clara charakterlich in einer Art Psychogramm als sehr komplexe Persönlichkeit offenbarte.

Dieser pianistischen wie interpretatorischen Herausforderung konnte nur noch begeisternd-applaudierender Jubel folgen, den der junge Künstler mit Zugaben – wiederum geschmackvoll – zu beruhigen wusste: Mit einer Bearbeitung des Orgelchorals „Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ“ von Ferruccio Busoni und dann doch noch einem „richtigen Bach“: Der traumhaft schönen Sarabande aus der Klavierpartita B-Dur.

 

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