Musikschule: Über Gebühr genervt

11.5.2017, 18:17 Uhr
Musikschule: Über Gebühr genervt

© Foto: Uli Schuster

Für ihre Musikschule muss die Gemeinde Hemhofen bisher tief in die Tasche greifen. Rund 200 000 Euro steuert sie jährlich aus dem allgemeinen Haushalt bei, um die Kosten zu decken. Darauf will die verschuldete Kommune nicht mehr sitzen bleiben. In der letzten Ratssitzung wurde deshalb beschlossen, die Gebühren für die Musikschule ab 1. September dieses Jahres auf ein kostendeckendes Niveau anzuheben.

Für die in Hemhofen ansässigen Musikschüler werden die Beiträge trotz der Gebührenerhöhung nur geringfügig steigen. Der Grund: die Gemeinde bezuschusst ihnen künftig den Unterricht. Für auswärtige Musikschüler wird es dagegen deutlich teurer – der Einzelunterricht für sie beispielsweise würde sich mehr als verdoppeln. "Das können sich viele Familien einfach nicht leisten", weiß Erich Koch, Leiter der Hemhofener Musikschule.

Er hofft auf eine Lösung, die seiner Ansicht nach so nahe läge, wäre der politische Wille dazu vorhanden. Würden die Gemeinden, aus denen die auswärtigen Musikschüler kommen, ihren Bürgern ebenfalls einen entsprechenden Zuschuss gewähren, wäre das Problem gelöst, ist er überzeugt.

Röttenbach möchte genau das tun, allerdings nicht in Form eines Festbetrages für eine einzige Einrichtung. "Wir sind für Gleichberechtigung und wollen alle fördern", unterstreicht Röttenbachs Bürgermeister Ludwig Wahl. Dafür habe man ein Fördermodell ausgearbeitet, das Lebenssituation, Kinderzahl und Einkommensgrenzen berücksichtigt. Diese Individualförderung könne für jede gewünschte Art von qualifizierter Musikausbildung genutzt werden, egal ob beim Privatlehrer, durch Unterricht im Verein oder in einer Musikschule.

"Wir wollen Röttenbacher Familien optimal fördern", so Wahl. Die Kosten für musikalische Früherziehung will die Gemeinde beispielsweise zu 100 Prozent übernehmen; eine Familie oder Lebensgemeinschaft mit einem Kind und einem zu versteuernden Jahreseinkommen von unter 75 000 Euro könnte für einen dreißigminütigen Einzelunterricht in der Musikschule mit einem Zuschuss von 490 Euro rechnen.

Ergänzendes Angebot

Darüber hinaus möchte Wahl ein ergänzendes Angebot in Röttenbach schaffen. Gespräche mit einem entsprechenden Kooperationspartner — einer privaten Musikschule, die mit freiberuflichen Musiklehrern in der gesamten Region unterrichtet — seien bereits positiv verlaufen. Unterrichtsräume stünden in der Schule zur Verfügung. Die Kosten des Angebots grenzt Wahl auf rund 800 Euro jährlich pro Schüler ein. Um diese Alternative sowie das Röttenbacher Fördermodell vorzustellen, hat Ludwig Wahl die Röttenbacher Eltern der Hemhofener Musikschüler gestern Abend zu einem Gespräch eingeladen.

Von deren Entscheidung hängt nun für die Musikschule Hemhofen vieles ab. Immerhin 105 Kinder und Jugendliche aus Röttenbach sind es, die derzeit das Musikschul-Angebot des unmittelbaren Nachbarn nutzen. Bei einer Gesamtzahl von nur 275 Schülern ist dieser Anteil enorm. Bisher zahlte die Gemeinde Röttenbach für sie pauschal 25 000 Euro als Ausgleich an die Nachbarkommune. Dieser Beitrag soll mit dem neuen Fördermodell nun wegfallen.

Für Musikschulleiter Erich Koch ist die Situation absurd. Vor vielen Jahren habe eine Vergünstigung für den starken Zulauf aus Röttenbach gesorgt, der seiner Einrichtung nun zum Verhängnis werden könnte. Denn: Noch zu D-Mark-Zeiten habe sich Röttenbach auf Bestreben einer Elterninitiative gegen einen jährlichen Zuschuss von 50 000 Mark das Recht erkauft, seine Gemeindebürger zum bisherigen, günstigen A-Tarif für Ortsansässige anmelden zu dürfen, erläutert Koch. Aus den 50 000 Mark wurden mit Einführung der neuen Währung 25 000 Euro, und dabei blieb es bis jetzt.

Durch diese Regelung sei der Musikschulbesuch für Röttenbacher äußerst attraktiv und entsprechend gut angenommen worden, blickt Koch zurück. Das Musikschul-Angebot musste entsprechend ausgeweitet werden. Damit stieg auch das Defizit der Musikschule. Würde es fair auf die Herkunftsgemeinden der Schüler verteilt, müsste die Gemeinde Röttenbach rund 70 000 Euro berappen — ein Kompromiss, auf den Koch im Stillen noch hofft.

Sollten Röttenbacher Schüler ab kommendem Schuljahr aus Kostengründen in größerer Zahl ausbleiben, sieht Erich Koch die Vielfalt in Gefahr, auf die die Musikschule Hemhofen heute mit Recht stolz ist. "Schon durch die Einführung des G 8 mit verstärktem Nachmittagsunterricht sind die Schülerzahlen deutlich zurückgegangen – in allen Musikschulen. "Und wir sind eine der kleineren", sagt Koch.

Dann ließen sich nur noch schwer Ensembles bilden, auch Gruppenunterricht würde zum Problem, befürchtet der Musikschulleiter. Sorgen machen sich auch die derzeit 14 Lehrkräfte – allesamt Kräfte mit staatlichem Musiklehrerexamen oder Diplom-Musiklehrer.

Koch hat die betroffenen Eltern schriftlich über Hintergründe und mögliche Konsequenzen der Gebührenänderung informiert und setzt auf Solidarität. Bisher gab es zwar schon Abmeldungen, aber viele wollen offenbar – wie Koch empfiehlt – bis zum Fristende für die Anmeldungen am 28. Juni warten, ob eine Lösung gefunden wird.

Viel ginge verloren, wenn sich die Hemhofener Musikschule einschränken müsste. Immerhin gestaltet sie das kulturelle Leben beider Gemeinden maßgeblich mit. Das nächste Mal gleich an diesem Sonntag, 14. Mai. Um 16 Uhr spielen die Blasorchester in der alten Sporthalle Hemhofen zum Muttertagskonzert auf. Der Eintritt ist frei.

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