Nach der Aufwärmphase kam das Pointenfeuerwerk

25.1.2015, 16:25 Uhr
Nach der Aufwärmphase kam das Pointenfeuerwerk

© Fotos: Martin Regner

RÖTTENBACH – Bis dorthin hatte der Sitzungspräsident Thorsten Ott bereits eine Phalanx an hochklassigen Tanzgarden und -mariechen aufgeboten: Mit den „Bambinis“ präsentierten 32 Mädchen von gerade mal vier bis fünf Jahren einen flotten Clownstanz. Die Jugendgarde des Karneval-Clubs lief in knallroten Kostümen auf, zeigte ihr Können als dritter mittelfränkischer Meister ihrer Altersgruppe und erhielt begeisterten Applaus. Als viertbeste Garde bei den Zehn- bis 14-Jährigen in Franken wurde der spritzige „Gaga-Haufen“ der Juniorengarde anmoderiert.

Mit dem Tanzmariechen Michelle Zerrahn hatten „Die Besenbinder“ die fränkische Meisterin sowie die süddeutsche und deutsche Vizemeisterin auf der Bühne. Ihre Kollegin Bianca Dürrbeck, die wie ein blau-weißer Wirbelwind über die Bretter fegte, ist amtierende deutsche Meisterin. Die Mitglieder der Jugendschautanzgruppe, die fränkischer, süddeutscher und deutscher Meister ist, beschäftigten sich in ihrer Darbietung – zum Teil verkleidet als Mülleimer – mit der ernsten Problematik, wie viele Lebensmittel jeden Tag weggeworfen werden. Als Heuschrecken traten die Juniorenschautänzerinnen auf und fragten musikalisch, ob die Finanzmarktheuschrecken eine Gefahr für die Chancen der Jugend darstellen.

Die ebenso professionellen wie mitreißenden Tanzeinlagen brachten Schwung in die Sitzung, was den Büttenrednern zunächst nur mit mäßigem Erfolg gelang: Florina Lasch als jüngste Büttenrednerin mühte sich redlich, konnte aber nicht wirklich beim Publikum durchdringen. Günter Seel gab unter dem Titel „Tagebuch eines Rentners“ die nicht neue Geschichte zum Besten, wie aus einem motivierten Jungrentner, der endlich mal all das tun will, wozu er bisher nie gekommen ist („Vogelhäuschen bauen“), schnell ein verzweifelter Mensch wird, der sich zusammen mit anderen Rentnern als Türke verkleidet und wieder auf der Arbeit einschmuggelt.

Skurriler Auftritt

Beim ebenso kurzen wie skurrilen Auftritt des „Duo Durscht“ drohten Saalstimmung und Witzniveau dann in der Röttenbacher Weiherlandschaft baden zu gehen: „Mei Fraa is‘ an manchen Tagen, nur im Vollrausch zu ertragen“, meinte da ein weizenbiertrinkender Ehemann auf der Bühne zur im Hintergrund den Wischmob schwingenden Gattin.

Die Ehre, den Saal zum ersten Mal zum Kochen gebracht zu haben, gebührt dem „Schizophoniker“ Marcel Wagner und seiner „Loop-Maschine“: Mit seinen eigenwilligen und höchst unterhaltsamen Interpretationen alter Schlager lockerte Wagner die Stimmung deutlich auf. Der Mann, der guten Gewissens behaupten kann: „Ich singe mit mir selbst im Chor“, sprang im Sekundentakt von einem Titel zum nächsten und versprühte dabei unbändige Lust am unkonventionellen Singen, während seine Gefühlsmimik das Publikum zu Begeisterung hinriss.

Zweideutige Gags

Ihm folgte der Stargast des Abends: Oliver Tissot, der gerade aus dem ostdeutschen Wernesgrün angereist war. Der fernsehbekannte Nürnberger im rot-weiß gestreiften Sakko zündete ein Feuerwerk zweideutiger Gags und nahm dabei vor allem die Einheimischen aufs Korn: „Die in Röttenbach sind so arm, die können ihre Orden nicht einmal verschenken. Die müssen die verleihen.“

Auch seine Anfahrt zum vorherigen Auftritt verarbeitete Tissot: „Wenn man hier parken will und fährt 20 Meter zu weit, landet man im Dorfteich.“ Das Publikum verlangte stehend und klatschend eine Zugabe, der Künstler ließ sich nicht lange bitten: „Was denkt sich ein Fremder, wenn er in Nürnberg auf der Autobahn an einer Ampel steht? Schnell weg! Drum heißt es auch Franken-schnell-weg.“

Nach Tissots Auszug von der Bühne lag die Latte hoch, aber Alexander Göttlicher mit schwarzer Gitarre und roter Lederhose gelang das Kunststück, nochmal eine Schippe drauf zu packen. Göttlicher steht als Finalist zur Wahl bei „Franken sucht den Supernarr“ und zeigte in Röttenbach eine herrlich schräge Kostprobe seines zweideutigen Könnens: Mit Versen wie „Warum wohnt neben Alaska ka alte Sau? Weil Kana-da ist!“ Oder „Warum geht das Wurschdbröddla net ans Telefon? Weil‘s belegt ist!“ eroberte er die Herzen des Publikums im Sturm. Das lachte sich Tränen in die Augen und spendete tosenden Applaus. Am Ende bekannte der Sänger in breitestem Fränkisch sein Dilemma als Kandidat in der Castingsendung des Bayerischen Rundfunks: „Wenn i könnert, wie i wollert, wissert i net, was i dennert!“

Sitzungspräsident Ott hatte sich für die Schlussnummer des Abends noch in die Schale eines Nachrichtensprechers geworfen und verlas so in der „Röttenbacher Tagesschau“ mit gekonnten Fotomontagen auf der Leinwand frei erfundene Ereignisse aus dem Ortsleben. Darunter Vorschläge für die Neugestaltung des Rathausplatzes mit einem FKK-Strand und die Information, dass der Röttenbacher Bürgermeister Ludwig Wahl ein Mauthäuschen mit Schranke an der Straße ins benachbarte Hemhofen aufgestellt habe.

An Wahl, auch Vorsitzender des Wasserzweckverbands Hemhofen-Röttenbach, wurde schließlich noch der „Schaufelorden“ vergeben. „Der Orden wird verliehen, wenn wir Narren jemandem am liebsten die Schaufel über den Kopf hauen würden“, erklärte Thorsten Ott launig. Hintergrund: In der Röttenbacher Altenseestraße war innerhalb eines Jahres gleich vier Mal ein altes Wasserrohr geplatzt. Nach der großen Abschlussgala ging dann gegen 0.30 Uhr das offizielle Programm zu Ende.

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