NASA-Mann und Raketenbau in Herzogenaurach

24.1.2018, 17:59 Uhr
Der Start der selbst gebauten Rakete wird vorbereitet: Die Klasse Physik beim Schultag "Raumfahrt".

© F: André De Geare (oben), Edith Kern-Miereisz Der Start der selbst gebauten Rakete wird vorbereitet: Die Klasse Physik beim Schultag "Raumfahrt".

Der Government-Shutdown, die amerikanische Haushaltssperre, wurde zum Glück noch rechtzeitig aufgehoben, so dass Christopher DellaCorte vom NASA Glenn Research Center in Cleveland, Ohio, rechtzeitig für seinen Vortrag eintraf. Er entwickelt innovative Technologien, um die Raumfahrtmissionen der US-Weltraumbehörde NASA zu optimieren. Die NASA kooperiert mit einer Reihe von Unternehmen für ihre Missionen und um die im Weltraum gewonnenen Erkenntnisse dem Markt zugänglich zu machen.

Eines dieser Unternehmen ist Schaeffler, wo der NASA-Experte zu Gast war. Als "Spin-off" hatte Schaeffler-Ingenieur und Schülervater Vasilios Bakolas den Vortrag in der Aula des Gymnasiums vermittelt.

Auf Englisch, in der Sprache der Wissenschaft, hielt der NASA-Experte seinen Vortrag – einerseits beeindruckt von der Firmenkommunikation zwischen Technologen aus China, Indien, Brasilien und Europa, aber auch vom Spracherwerb deutscher Schüler. Dies führte ihn gedanklich zu Alexander Gerst aus Künzelsau, der nächstens als Kommandant der Internationalen Raumstation ISS erneut in den Weltraum fliegt. Gerst begann als Student in Neuseeland.

Rasend kopfüber

Sich in rasender Geschwindigkeit wie in einem Kirchweih-Fahrgeschäft um die eigene Achse drehen zu lassen, kopfüber, kopfunter, in alle Richtungen geschleudert zu werden – nur eine der vielen Anforderungen, die Astronauten bestehen müssen.

Dies hatte Biologie-Lehrer Wilfried Karpeles, auch mit Hilfe von YouTube-Filmen bereits in seinem Unterricht verdeutlicht.

Der NASA-Experte mit einem Kugellager, das Anforderungen im All standhält: Christopher DellaCorte.

Der NASA-Experte mit einem Kugellager, das Anforderungen im All standhält: Christopher DellaCorte. © F: André De Geare (oben), Edith Kern-Miereisz

Die Chemielehrer Armin Paulini und Peter Vogel hatten mit den Schülern eine Plastikflaschenrakete gebaut, gefüllt mit Natron und Essig, die nach Reaktion auf dem "Testgelände" Schulhof in den Himmel flog.

Die Physiklehrerinnen Christine Wächter und Uta Hacker hatten – nach Vertiefung der Newtonschen Gesetze – das Rückstoßprinzip, aufgrund dessen Raketen in den Orbit steigen, experimentell vermittelt:

Alles eine adäquate Vorbereitung auf die Ausführungen des Manns von der NASA. Als Ausschlusskritierien für Astronauten erweise sich oftmals die körperliche Fähigkeit, extreme Rotation auszuhalten. So gelangte auch Christopher DellaCorte zu den 17 950 technischen NASA-Mitarbeitern an Standorten in den ganzen USA. Astronaut werden am Ende 50 von 18 300 Bewerbern.

Die 9. Klässler Valentin Kasan und Emily Kapella demonstrierten das Rückstoßprinzip.

Die 9. Klässler Valentin Kasan und Emily Kapella demonstrierten das Rückstoßprinzip. © F: André De Geare (oben), Edith Kern-Miereisz

"Failure is not an option" ("Fehlschlag ist keine Option") lautet der NASA-Wahlspruch. Rotierende Teile der ISS, etwa die Photovoltaikanlage, die die Energie erzeugt, brauchen Kugellager, die den Bedingungen im Weltraum standhalten – entsprechend sind die Anforderungen. Wie komplex die Behebung eines technischen Defekts ist, auch dies veranschaulichte der Wissenschaftler. Von der Analyse bis zur Fehlerbehebung kann ein Jahr vergehen.

Der Alltag auf der ISS, mit Astronautennahrung, Wasserrecycling, wissenschaftlichen Versuchen und notwendigem Sport, war für die Schüler auch im Fragenteil von Interesse "Ein Liter Wasser auf der Space Station kostet 10 000 Euro", machte DellaCorte klar. Mit einer "sehr speziellen Waschmaschine" wird alles gereinigt.

Ein bruchreduzierendes, neues Kugellager aus Nickel und Titanium resultierte aus dem Weltraum-Erfahrungen. Dieser Wissenskomplex soll in Zusammenarbeit mit der Firma Schaeffler weitergeführt werden. Das Verhalten des menschlichen Organismus unter extremen Bedingungen zu erforschen, Impfstoffe gegen Krankheiten zu entwickeln, mehr über die Erdanziehung zu erfahren und womöglich eines Tages mit einem "fliegenden Teppich" zum Mars zu gelangen: die Forschungsthemen sind unerschöpflich. Äußerst ungewöhnliche Menschen arbeiten bei der NASA. Mit Hochachtung sprach der Referent von Heidemarie Stefanyshyn-Piper: Astronautin, zuvor Olympionikin im Schwimmen, außerdem Marineoffizieren der Navy. Kurz erwähnt wurde auch Astronaut Shane Kimbrough, Herzogenauracher in jungen Jahren.

"Zu euren Lebzeiten wird es kommerziellen Raumflug geben", versicherte Christopher DellaCorte den Schülern. Experimentelle Geister, wie Elon Musk, der mit PayPal Milliarden machte, oder Jeff Bezos, der mit Amazon zum reichsten Mann der Welt wurde, würden ihre Vermögen in private Raumfahrunternehmen stecken.

Wahrscheinlich werde auch die ISS nicht abgeschafft, vielmehr werde über ein Weltraumhotel nachgedacht.

Allerdings ist derzeit noch dies der Fall: Astronauten – wie Alex Gerst im Video zu sehen – teilen sich Kojen in Tag- und Nachtschichten. Über Nacht schnallt man sich an, sonst segelt man im Traum durch die Raumstation . . .

 

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