Neue Chancen für Milchbauern?

25.3.2015, 10:08 Uhr
Neue Chancen für Milchbauern?

© Mark Johnston

Ob der Wegfall der direkten staatlichen Regelung der Milchproduktion ein Fluch ist oder ein Segen, das wollten weder Robert Ort noch sein Kairlindacher Kollege Rudolf Groß schon jetzt beurteilen. Der Dannberger sieht aber durchaus Chancen, denn ab April kann jeder Milchbauer so viel produzieren, wie er möchte und seinen Betrieb danach ausrichten.

Die Quotenregelung hat Expansion in der ganzen EU bislang verhindert. Ort sprach davon, dass die Milcherzeugung in der EU und folgerichtig auch in Deutschland sich über Jahre nicht über 110 Millionen Tonnen bzw. 28 Millionen Tonnen gesteigert hat. Im Gegensatz etwa zu der Neuseelands. Die legte in wenigen Jahren von 10 auf 18 Millionen Tonnen zu.

Sein Betrieb liefert etwa 400 000 Kilo Milch — bis 2017 über die Milcherzeuger-Gemeinschaft Nürnberg West an die Bayernland eG, danach an die Firma Zott, einen der größten Hersteller von Milchprodukten in der Republik. Auch heuer wird Ort, Halter von 60 Milchkühen, wieder 50 000 Kilo Milch mehr produzieren als ihm seine Quote eigentlich erlaubt, und dafür Strafe zahlen.

Fällt diese weg und die Milchmenge ist für den Bauern frei vermarktbar, ist dies Kostenentlastung und ein wirtschaftlicher Vorteil. Auf den ersten Blick. Doch Robert Ort weiß nicht, wie sich der Erzeugerpreis entwickeln wird. Und bei dessen Schwankungen der vergangenen Jahre von 20 Cent bis 40 Cent wagt der Landwirt nur einen verhalten optimistischen Blick in die neue Quotenfreiheit. Der Kairlindacher Rudolf Groß sieht überhaupt für die hiesigen Milcherzeuger wenig neue Chancen. Unter den herrschenden Bedingungen und Auflagen sei es kaum möglich zu wachsen und so eine Struktur zwischen Fläche und Viehbestand hinzubekommen, dass mehr Gewinn herauskommen könne.

Horst Krehn, leitender Landwirtschaftsdirektor des Fürther Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, hatte die neue Rahmenbedingungen kurz geschildert. Die Milcherzeuger liefern ihr Produkt längst auf einen globalisierten Markt. Und die wachsende Milch-, Yoghurt- und Käselust der bislang völlig Milchprodukt freien Länder im Fernen Osten sorgt für wachsende Nachfrage, die, so Krehn „ohne die Quote wunderbar bedienbar“ sei. Noch dazu preiswert für die Abnehmerländer dank eines schwachen Euro. Die weltweit gehandelten Milchprodukte Milchpulver, Käse und Butter sollen zwei bis vier Prozent Steigerung bekommen, so die Prognose der EU-Kommission für die Entwicklung nach dem Wegfall der Quote.

Also durchaus Chancen. Vorausgesetzt, die hiesigen Erzeuger könnten ihre Kosten weiter senken, der Unsicherheitsfaktor Griechenland werde sicherer und die Preise weniger schwankend. Der Landwirtschaftsexperte vom Amt wünschte sich eine gute Entwicklung der Milchviehwirtschaft. Denn Milchbauern bauen auf ihren Flächen, wie die Familie Ort auf ihren 80 Hektar, nicht nur Mais für Biogasanlagen an, sondern neben dem Futtermais noch Weizen, Wintergerste, Roggen, Triticale und Luzerngras und pflegen natürlich auch Grünland. Krehn gebrauchte dafür den Ausdruck „Bio-Diversität“.

Als hemmend für den quotenfreien Markt führen die Landwirte und der Bauernverband die steigenden Kosten für die Flächen an, verschärfte Auflagen in der Düngeverordnung und im Baurecht mit Emissionsregelungen und Abstandsregeln. Und das Preisrisiko.

Zwar ist die Mengenregelung weggefallen, doch ist und bleibt der Handel mit Milchprodukten — wie mit anderen Lebensmitteln auch — in Deutschland in der Hand von vier Ketten, die letztlich die Preise diktieren. Doch sind konstant gute Erzeugerpreise bei aller Kostensenkung, Optimierung der Produktionstechnik usw. die Voraussetzung für erfolgreiche hiesige Milchbauern.

Auch nach dem Wegfall der Milchquote rechnet die Fachbehörde mit einem Rückgang der Betriebe. 2014 gab es 167 Milchviehbetriebe in ERH, man rechnet für 2020 mit noch 120.

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