„Ohne Ehrenamtliche geht nicht nur beim ASB wenig“

12.8.2015, 16:05 Uhr
„Ohne Ehrenamtliche geht nicht nur beim ASB wenig“

© Foto: André De Geare

Herr Seiermann, wie kam der ASB dazu, sich in der Asylfrage zu engagieren?

Seiermann: Im Prinzip sind wir ja in einer Notsituation dazu gekommen. Als im vergangenen Jahr ganz plötzlich die Notunterkünfte in Erlangen und Herzogenaurach eingerichtet wurden, musste ja jemand helfen. Wir haben uns zur Verfügung gestellt, das war keine Frage.

 

Was haben die ASB-Mitarbeiter genau in der Herzogenauracher Notunterkunft gemacht, und was machen sie jetzt in Hemhofen?

Seiermann: Unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen haben sich in erster Linie um die Grundbedürfnisse der ankommenden Menschen gekümmert, wie Essen, Schlafmöglichkeit, Grundhygiene und ärztliche Versorgung. Waren die Menschen länger als zwei/drei Wochen hier, wurde das weitere Leben mit ihnen vorbereitet. Es wurden einfache Deutschkurse organisiert und durchgeführt, Freizeitmöglichkeiten wie etwa im Sportverein und Musikverein organisiert. Dasselbe wird aktuell in Hemhofen durchgeführt und angeboten.

 

Wie wird diese ASB-Arbeit in Hemhofen finanziert? Sind es Hauptamtliche oder Ehrenamtliche, die dort arbeiten?

Seiermann: In Hemhofen arbeitet von Seiten des ASB ausschließlich hauptamtliches Personal. Die entstehenden Personalkosten werden uns vom Landratsamt entschädigt. Das Landratsamt erhält diese Kosten wieder von der Regierung von Mittelfranken. Eine der Aufgaben der Mitarbeiter ist aber auch, das ehrenamtliche Engagement der vielen freiwilligen Helfer zu strukturieren und in einen Wochenplan zu integrieren.

 

Vor einigen Wochen hat nun ein fest angestellter Asylsozialarbeiter des ASB seine Arbeit aufgenommen. Was ist dessen Aufgabe?

Seiermann: Steffen Bauer führt im Prinzip die in den Aufnahmeeinrichtungen begonnene Arbeit weiter fort. Hauptaufgabe ist das Organisieren des täglichen Lebens der Asylbewerber. Unterstützung bei Behördengängen, Hilfe bei Ausfüllen von Formularen, Organisation weiterer Deutschkurse sowie das Strukturieren und Planen der Aktivitäten der vielen freiwilligen Helfer.

 

Auch hier die Frage: Wie kann der ASB diese Stelle finanzieren?

Seiermann: Wir konnten Steffen Bauer einstellen, weil der Staat eine Finanzierungszusage von 90 Prozent gegeben hat. Der ASB muss zehn Prozent tragen, und das tut er aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden.

Wer einer der 8200 Mitglieder beim ASB ist, trägt also zur Bewältigung der Flüchtlingsproblematik bei, auch wenn er persönlich vielleicht keine Zeit hat, sich aktiv zu engagieren?

Seiermann: So kann man es sagen. Es ist eine bewusste Entscheidung gewesen, dass wir hierfür Mittel einsetzen, weil wir hier eine ganz wichtige soziale Aufgabe sehen. Aber natürlich ist das nur ein Teil unseres Aufgaben- und Leistungsspektrums, das mit Hilfe unserer Mitglieder sowie Spenden finanziert wird. Wichtig ist uns zum Beispiel auch die Jugendarbeit. Der ASB-Regionalverband für Erlangen und Erlangen-Höchstadt betreut zum Beispiel sechs Schulsanitätsdienste.

 

Der ASB ist mittlerweile auch bekannt für seine Pflege- und Demenzberatung.

Seiermann: Ja, hier funktioniert die Finanzierung wie bei unserem Asylsozialberater. Der ASB übernimmt zehn Prozent, also via Spenden und Mitgliedsbeiträge. Der Freistaat trägt 90 Prozent der Lohnkosten unserer Fachstellenberaterin Rosi Schmidt.

 

90 Prozent kommen vom Freistaat, ist das nicht ein Problem für die Kontinuität der Arbeit?

Seiermann: In der Tat müssen immer wieder neu Anträge für eine Fortsetzung der Bezuschussung der Stellen gestellt werden. Da müssen wir ab und an lange auf einen positiven Bescheid warten. Aber im Grunde haben wir uns ja für diese Aufgabengebiete stark gemacht, weil wir uns sicher sind, dass sie langfristig wichtige soziale Fragen berühren.

 

Ein wichtiges Aufgabengebiet ist der Rettungs- und Sanitätsdienst. Wie sieht es da mit der Finanzierung aus?

Seiermann: Beim Rettungsdienst ist das relativ einfach. Wir üben diese Aufgabe im Auftrag des Innenministeriums aus, finanziert wird es kostendeckend über die Kostenträger wie z.B. Krankenkassen. Beim Sanitätsdienst ist es komplizierter.

 

Warum?

Seiermann: Weil hier viele Ehrenamtliche aktiv sind und es darauf ankommt, wo die Sanitätsdienste gemacht werden.

 

Können Sie das näher erläutern?

Seiermann: Nehmen wir an, adidas macht eine große interne Veranstaltung und braucht Sanitäter, die für einen Notfall bereitstehen. In diesem Fall werden wir einen ganz normalen Kostenvoranschlag machen, so wie ein Handwerker. Wenn die Veranstaltung allerdings von öffentlichem Interesse ist, kalkulieren wir anders. Bei der Herzogenauracher Kirchweih etwa waren wir auch präsent. Da rechnen wir die Sachkosten ab und eine ehrenamtliche Aufwandsentschädigung für die ehrenamtlichen Helfer. Wir nennen das Brotzeitgeld.

Und die Sanitäter sind bereit, sich für ein Brotzeitgeld mehrere Stunden hinzusetzen, während um sie herum gefeiert wird?

Seiermann: Die Motivation, das zu machen, ist sehr vielfältig. Ich würde sagen, unsere ehrenamtlichen ASB-Mitarbeiter schauen eben nicht in erster Linie auf das Geld. Es kann auch das Gefühl sein, der Gesellschaft etwas zurückzugeben.

 

Wenn man weiß, dass die anderen in der Gesellschaft auch etwas geben, ist das bestimmt etwas leichter.

Seiermann: Jeder muss sich fragen, was er leisten kann und will. Das kann der ehrenamtliche Dienst sein, weil man daran Spaß hat. Wer berufsmäßig sehr eingespannt ist, der wird vielleicht Mitglied in einer Hilfsorganisation oder in einem Wohlfahrtsverband. Oder er oder sie überweist immer mal wieder ein Spende.

 

Ohne die Ehrenamtlichen könnte der ASB seine Aufgabefülle nicht bewältigen?

Seiermann: Richtig. Wir haben 31 Angestellte, darunter viele Teilzeitkräfte, aber 230 Ehrenamtliche. Und dies sind aktive Ehrenamtliche, keine Karteileichen. Beim Patientenhilfsdienst des ASB arbeiten etwa 35 Menschen im dritten Lebensabschnitt mit, einige haben ihr Leben lang schon im Krankenhaus gearbeitet und wollen ihre Kenntnisse nun weiter einbringen. Wir haben aber auch Studienrätinnen, die sich engagieren.

 

Ist dieses ehrenamtliche Engagement am Abnehmen?

Seiermann: Ohne Ehrenamtliche geht nicht nur beim ASB wenig, sondern in der Gesellschaft überhaupt. Zwei Beispiele aus der Flüchtlingshilfe: In der Herzogenauracher Notunterkunft haben sich adidas-Mitarbeiter freiwillig um die Asylbewerber gekümmert. Und kürzlich hat uns Auto-Krauss aus Erlangen für einige Tage einen Leihwagen kostenlos zur Verfügung gestellt. In Hemhofen haben so viele Menschen mitgeholfen, beim Kleidersammeln zum Beispiel. Wir haben Menschen und auch Firmen, die sich bewusst entscheiden, mitzuhelfen.

 

Glauben Sie, dass den Bürgern bewusst ist, was Hilfs- und Wohlfahrtsverbände leisten? In einer Transparenz-Untersuchung vor einiger Zeit hatte der ASB nicht wirklich gut abgeschnitten.

Seiermann: Eine Organisation wie der ASB kann auf mehrere Wege Transparenz zeigen. Zum einen über eine gute Öffentlichkeitsarbeit. Dazu gehört auch unsere Internetseite. Zum anderen aber ist es wichtig, präsent zu sein. Die Menschen müssen uns wahrnehmen. Und da denke ich, haben wir im Regionalverband Erlangen/Erlangen-Höchstadt kein Problem. Die Menschen kennen und schätzen uns.

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