Erste Orgelwanderung: Geschichte gewürzt mit Anekdoten

16.9.2014, 09:00 Uhr
Erste Orgelwanderung: Geschichte gewürzt mit Anekdoten

Zur Unterstützung beim Orgelspiel hatte Fink seine Schüler Annika Dannhauser, Michael Gunselmann und Angelika Hartl-Gunselmann mitgebracht. Sie führten Klangbeispiele vor und präsentierten musikalische Kostproben von Johann Sebastian Bach, Josef Gabriel Rheinberger und Johann Pachelbel.

„Wir wollen heute drei Orgeln besuchen, die leicht im Schatten der beiden großen von St. Magdalena und St. Otto stehen“, hatte Bürgermeister German Hacker als Motto der Wanderung formuliert. Startpunkt war die Kirche des Liebfrauenhauses.

Die dortige Orgel wurde 1944 von der Firma Weise aus Plattling eingebaut. Eine Herausforderung in jener Zeit, als so gut wie alles für den Krieg herangezogen wurde.

So berichtete die Mallersdorfer Schwester Lucia, dass die Pfeifen beim Transport als Hühnerfutter-Rinnen deklariert worden waren. Möglicherweise war die Orgel kein Neubau, sondern stammte aus einer anderen Kirche. Dafür spricht auch, dass sie so verwinkelt eingebaut ist. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts waren die Orgeln rein mechanisch, später kamen pneumatische oder elektropneumatische auf.

Ab etwa 1970 stellte man aber fest, dass mechanische Orgeln ein lebendigeres Spiel ermöglichen, und baute bevorzugt diese Instrumente. Die Orgel im Martin-Luther-Haus war das erste vollkommen mechanische Instrument in Herzogenaurach.

Dass in diesem Mehrzweckraum überhaupt eine Orgel und nicht — wie sonst üblich — ein Klavier vorhanden ist, lag am damaligen Kirchenvorstand mit Pfarrer Joachim Funk und Kirchenmusikerin Christine Jahn. 145 000 Mark hat die Orgel gekostet, und wurde 1991 eingeweiht. Sie war die erste in Herzogenaurach ohne Tropenholz, für die weißen Tasten wurden Rinderknochen statt Elfenbein und für die schwarzen Rosenholz verwendet. Als Kantor hat Gerald Fink die Orgel selbst oft gespielt.

Den größten emotionalen Bezug hat Fink aber zu der Orgel in St. Josef in Niederndorf. Auf ihr haben schon sein Großvater Hans Fink und seine Tante Betty Studtrucker gespielt. In einem erheblichen finanziellen Kraftakt hatten die Niederndorfer 1923 ihr Pfarrzentrum gebaut und eine provisorische Orgel für die Kirche organisiert. Diese sollte durch eine große ersetzt werden.

Bei seinen akribischen Recherchen hat Fink aus den Jahren 1925 bis 1929 drei Verträge mit Orgelbauern gefunden, die aber alle von den Niederndorfern nicht unterschrieben worden waren. Schließlich wurde die Orgel dann von der Firma Hindelang aus Ebenhofen im Allgäu bestellt und 1939 eingebaut.

Bei der Einweihung war Gerald Finks Vater Thomas drei Jahre alt. Vater Thomas erinnerte sich, dass wiederum sein Vater Hans ihn jeden Tag mit zur Baustelle genommen hat. Er wollte, dass der Sohn Thomas Organist wird. „Das hat zum Glück mein Sohn Gerald übernommen“, sagte der Jazzpianist schmunzelnd. Doch habe die Kirchenmusik ihn geprägt.

Sie sei für alle Menschen, auch für Kinder wichtig“, sagte er, und sein Sohn ergänzte später: „Nehmen Sie von unserer Wanderung mit, dass solche Instrumente uns ein Leben lang begleiten, von der Taufe bis zur Beerdigung“. Nach gut drei Stunden wollte mancher kaum glauben, dass die Orgelgeschichten schon zu Ende sind. Die Besucher bedankten sich mit viel Applaus. Der Bürgermeister überreichte den Organisten Präsente. Ganz im Sinne der Zuhörer dachte er laut über eine Fortsetzung der Orgelwanderung nach, zur evangelischen Kirche oder nach Haundorf.

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