Pilz-Flaute im Wald

19.9.2016, 16:13 Uhr
Pilz-Flaute im Wald

© Fotos: Grillenberger

So viel geballte Kompetenz kann einfach nicht irren, sagte ich mir, lud ein paar Freunde zum Pilzessen (Semmelknödel mit Waldpilz-Ragout so richtig zum satt werden) ein und machte mich dann, ausgerüstet mit dem größten Korb, den ich auftreiben konnte, auf in mein angestammtes Unterholz zwischen Aisch und Aurach.

Dass der erste Kilometer meiner traditionellen Schwammerl-Route keine reiche Ernte einfahren würde, war zu erwarten. Das dichte Blaubeer-Gestrüpp gibt — falls überhaupt vorhanden — seine Geheimnisse nur ungern preis, so dass ich mich nicht weiter wunderte, dass ich nur über ein paar vereinzelte Täubling-Mumien stolperte.

Stattdessen nutzte ich die Zeit darüber nachzudenken, wie man all die Steinpilze, Rotkappen, Maronen, Butterpilze, Zigeuner, Pfifferlinge, Reizker und vielleicht schon die ersten Tintlinge zu einer fein abgestimmten Geschmackskomposition vereinen könnte. Auch die Vorspeise hatte ich schon an die Schirmlinge vergeben, die gleich um die nächste Ecke auf mich warteten.

Von wegen Steinpilze

Sie warteten leider nicht, ebenso wenig wie die vielen Steinpilze, Butterpilze oder Zigeuner, die hier eigentlich ins Kraut schießen sollten.

Lediglich die klägliche Ruine eines einst stattlichen Maronenröhrlings erinnerte mich daran, dass ich zumindest für diesen Pilz mindestens zwei Wochen zu spät dran war.

Auch ein sehr hübsches Exemplar eines Hexenröhrlings konnte die in mir aufkommende Panik nicht vermindern, denn einen Hexenröhrling durfte ich meinen eher großstädtisch orientierten und in Pilzkunde wenig bewanderten Gästen eher nicht vorsetzen.

Außerdem gibt es davon zwei Arten, einen Flockestieligen und einen Netzstieligen. Der eine ist vielleicht ein bisschen giftig, der andere schmeckt nicht — oder umgekehrt. Um sicher zu gehen und weil sonst noch nichts im Korb ist, nahm ich den Verdächtigen zur genauen Bestimmung mit.

Schwer schleppen musste ich auch weiterhin nicht, und die pilzfreie Zone im weiten Umkreis ließen kaum auf Besserung hoffen.

Und weil aus zwei wurmstichigen Mini-Maronen, die ich an guten Tagen nicht einmal eines Blickes gewürdigt hätte, und den zerfransten Resten eines Grünen Täublings kein Pilzgulasch für vier Personen zu zaubern ist, musste ich mir dringend etwas einfallen lassen. An der Situation änderten auch die drei oder vier kleinen Rotkappen, die ich schließlich noch fand, nichts Grundsätzliches, sie retteten letztlich aber das Abendessen.

Weil auf dem Heimweg der Abstecher zu meinem Lieblingsmetzger nicht sehr weit war, deckte ich mich mit ein paar Steaks ein, ergatterte im Supermarkt noch die letzten traurigen Reste von russischen Pfifferlingen, bei denen es die EU nicht einmal für nötig fand, sie auf die Boykottliste zu setzen, und machte mich zu Hause daran, die Speisekarte zu schreiben:

Zartes Rinderfilet mit Soße vom Pfifferling an frischer Rotkappe, dazu hausgemachte Semmelknödel.

Die Gäste waren begeistert und schluckten auch die Erläuterung, dass dies eben ein neues Pilzrezept der innovativen fränkischen Landküche sei. Mein Verhältnis zu den Experten werde ich allerdings noch einmal überdenken müssen.

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