Punsch hat Kehrseite

11.12.2014, 08:56 Uhr
Punsch hat Kehrseite

© F.: Colourbox

Auch der Kinderpunsch findet so nicht ihre Zustimmung. Die Bezeichnung „Punsch“ stört. Wieso deklariert man ein nicht alkoholisches Getränk als ein alkoholisches, fragt man in der Runde, die jeden Dienstag offen für alle ist. Wo soll der Jugendliche später klare Grenzen erkennen, was er konsumieren darf/sollte und was nicht?

Schon im Vorabgespräch mit den Gruppenmoderatoren Hartmut Krause und seit einiger Zeit Roland Haag mit einer zweiten, zusätzlichen Guttempler-Gruppe, war als ein Ziel definiert worden, die Jugend verstärkt anzusprechen. Denn das Einstiegsalter von Mädchen wie Jungen läge bei Alkohol und Drogen inzwischen bei 13 Jahren. Besonders wichtig sei auch, junge Frauen darüber aufzuklären, dass es gerade die ersten drei Monate der Schwangerschaft seien, in denen Alkohol und Drogen den Fötus besonders schädigen würden.

15 bis 20 Teilnehmer zählt die bisherige erste Gruppe von Hartmut Krause, die sich immer am Dienstagabend eine Stunde lang trifft. Abhängige und inzwischen „Trockene“ sitzen dann zusammen, tauschen ihre Erfahrungen aus, berichten über ihren Weg in die Alkoholabhängigkeit oder von bisher vergeblichen Versuchen, ohne „Stoff“ auszukommen. Wichtig ist, dass sie bei den Guttemplern auf Menschen, auf Gleichgesinnte treffen, denen sie vertrauen können. Von denen sie wissen, dass nichts von den Gesprächen nach draußen dringt.

An solchen Gesprächen teilnehmen oder schon vorab mit der Herzogenauracher Selbsthilfegruppe in Kontakt treten, das sollten auch betroffene Angehörige oder enge Kontaktpersonen, definiert Erich Weber, erster Vorsitzender, ein weiteres Ziel der Selbsthilfegruppe. Und zweiter Vorsitzender Max Schreiner ergänzt, man wolle sich um die mitbetroffenen Angehörigen als „Co-Abhängige“ ebenfalls kümmern.

In der neu eingeführten zweiten Gruppe von Roland Haag will man sich am Donnerstagabend der „Mehrfachabhängigkeit“ widmen. Jenen, die, wenn sie nicht an Drogen kommen, auf Tabletten ausweichen, der Spielsucht erliegen. Am schlimmsten dran seien aber jene, die die Modedroge „Crystal Meth“, auch „Speed“ genannt, konsumieren. Sie macht sofort abhängig, kann schwere Psychosen auslösen, führt zu irreparablen Hirnschäden und macht nicht nur geistig, sondern auch körperlich kaputt, entstellt den Süchtigen.

Problematisch sei dazu, dass Crystal im Vergleich zu anderen Drogen viel billiger sei, inzwischen nicht nur von dem Hauptquellland Tschechien importiert, sondern auch in Deutschland hergestellt werde. Und das synthetische Gift erreiche alle Altersgruppen. Auch in der Region wollen die Guttempler Suchenden jederzeit Verständnis, Hilfe, Wertschätzung und Sicherheit bieten. Mit der daraus erwachsenden Chance, ihrem Leben eine neue Perspektive zu geben. Als Zeichen ruft die Selbsthilfegruppe auf, beim jeweils am 25. Tag eines Monats internationalen „Orange Day“ mitzumachen.

Am Dienstag waren beim Besuch der NN zufällig nur „trockene“ Teilnehmer anzutreffen — manche seit fünf, andere seit 20 Jahren. Themen zum Alkohol kamen an diesem Abend nicht zur Sprache. Warum nicht? Man schätze einfach die regelmäßige Geselligkeit, den gegenseitigen Meinungsaustausch, egal ob mit Alkoholabhängigen oder mit Trockenen. Diesmal standen eher Allerweltsprobleme an, zu denen der Leitspruch von Erich Weber lautet „Es gibt keine kleinen Probleme“, sei es gesundheitlicher, psychischer oder sozialer Art. Und so diskutierten die Anwesenden über die Sinnhaftigkeit, die traditionellen und bekannten Begriffe Weihnachts- und Christkindlesmarkt tatsächlich neudeutsch in „Wintermarkt“ umbenennen zu wollen .

Gesprächsangebote der Guttempler: Dienstag und Donnerstag 19.30 Uhr im Freizeitheim, Erlanger Straße 16. Kontakt: * (0 91 32) 4 07 22 oder (01 62) 5 68 56 03; Email: roland.haag@guttempler-bayern.de; www.guttempler-bayern-thueringen.de

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