Quietschbunte Kugelschreiber ersetzen seine Tapete

15.4.2014, 09:00 Uhr
Quietschbunte Kugelschreiber ersetzen seine Tapete

© Michael Müller

Eine Tapete bräuchte die weiße Wand im Hobbyraum von Lorenz Amm wirklich nicht. In dem etwa fünf auf fünf Meter großen Zimmer im Keller, stecken ringsherum auf knapp drei Wandseiten vom Fußboden bis zur Decke Kugelschreiber —fein säuberlich eingereiht auf schmalen Latten, die Lorenz Amm in Eigenproduktion selbst zurecht gebohrt und an die Wand geschraubt hat.

„Pro Latte sind es 100 Löcher, in denen die Kulis stecken“, erklärt er dem über die Farbenpracht staunenden Besucher. Vom Boden bis zur Decke sind es 16 Reihen. Weil diese nicht mehr ausreichten, hat er inzwischen einen Ständer zusammengezimmert, auf der weitere löchrige Latten für Hunderte von Kugelschreibern bereitstehen.

Insgesamt 8000 Stück hat der emsige Rentner inzwischen zusammengetragen: „Bekannte und Verwandte bedenken mich mit ihren Kulis.“ Darunter auch der busfahrende Schwiegersohn, der für den Schwiegervater vor allem Hotels nach schreibender Werbung abklappert.

150 Stifte von der Consumenta

Außerdem fragt Lorenz Amm in Läden, an denen er vorbeikommt, immer wieder einmal nach einem Exemplar. Ausstellungen und Messen lassen das Herz des 79-Jährigen höher schlagen: Die Consumenta in Nürnberg oder die Bauausstellung in Herzogenaurach besucht er regelmäßig. „Vor langer Zeit bin ich von der Consumenta mit 150 Stiften nach Hause gegangen.“

Ausschlusskriterien gibt es für den Zweifelsheimer fast keine: Optisch gut in Schuss und mit Werbung, das ist alles. Und so finden sich in den bunten Reihen nicht nur Generationen von Kulis vom Wachenrother Modehaus Murk, sondern auch vom Landtag, diversen Baumärkten, Getränkemarken, Banken und Versicherungen — ja sogar einige aus Israel, der Tschechischen Republik, der Türkei und den USA.

Sortiert sind die Exemplare nicht: „Ich stecke sie in der Reihenfolge ein, in der ich sie bekomme. Dennoch weiß ich fast immer, welchen ich schon habe.“

Idee vom Fernsehen

Wie der gelernte Zimmermann, der nebenbei noch Meterstäbe (um die 600 Stück) und Briefmarken (mehrere Alben) sammelt, zu der Kugelschreiber-Leidenschaft gekommen ist? „Im Fernsehen sah ich einmal ein paar Frauen, die in Deutschland Kulis sammelten. Sie hatten um die 20000 Stück. Das hat mich fasziniert.“ Daraufhin habe er begonnen. Fast entschuldigend sagt er: „Ich bin halt Jäger und Sammler. Was ein Amm findet und gebrauchen kann, nimmt er mit.“

Keine Gegenliebe

Lorenz Amms Frau hält sich vom Hobbyraum, der ihm als Kulizimmer dient, in beiderseitigem Einvernehmen lieber fern: „Sie könnte was durcheinander bringen“, erklärt er, während die Ehefrau nur mit dem Kopf schüttelt.

Sie hält nicht viel von der Sammelleidenschaft ihres Angetrauten und könnte manchmal laut seinen Aussagen im Boden versinken, wenn er wieder beim Einkaufen nach einem Kuli fragt. Nachsichtig lächelnd sagt sie: „Wenn er irgendwann einmal nicht mehr ist, muss man mit der Schaufel anrücken, um das Zeug hier rauszukriegen. Da bleibt mir nur zu hoffen, dass ich vor ihm gehe.“

Die meisten Kugelschreiber von Lorenz Amms Sammlung schreiben längst nicht mehr: „Nach ein bis eineinhalb Jahren ist die Tinte eingetrocknet.“ Aber das mache ja nichts, meint der Sammler: „Ich schreibe sehr ungern. Anschauen statt Benutzen ist mir viel lieber.“

Lorenz Amm freut sich über weitere gut erhaltene Zollstäbe oder Kugelschreiber mit Reklame. Die NN (Tel: (09132) 780115) stellen gerne den Kontakt her.

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