Rentner schlägt unter wüsten Beschimpfungen Frau nieder

11.10.2017, 11:54 Uhr
Rentner schlägt unter wüsten Beschimpfungen Frau nieder

© Foto: Christian-Philippe Paris/colourbox.de

Was ist am Abend des 10. Dezember 2016 in der Helmstraße in Erlangen geschehen? Der Angeklagte soll laut Staatsanwalt der 32-Jährigen mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen haben. Sie erlitt eine Prellung am Jochbein und Schmerzen. So listet es die kurze Anklageschrift nüchtern auf.

Der Renter will davon nichts wissen, im Gegenteil: Er sei vom Einkaufen gekommen und von der Frau zweimal angegriffen worden. Sie habe auf einem Behindertenparkplatz geparkt und er habe lediglich durch die Windschutzscheibe geschaut, ob dort ein Behindertenausweis liegt. "Dann hat sie mich an der Krawatte gepackt und mich herumgeschleudert, dass mir fast das Gebiss rausgeflogen ist." Er sei niedergeschlagen worden, erst dann habe er sich gewehrt.

Zudem behauptet er, nichts getrunken zu haben, ein Alkoholtest erbrachte allerdings einen Wert von einem Promille. Der Rentner jedoch bestreite sogar, dass er "geblasen" habe, äußert vielmehr die Vermutung, dass es "der Polizist wohl selbst gemacht hat". Hier aber wird er von Richter Wolfgang Gallasch scharf zurechtgewiesen. Der Angeklagte entschuldigt sich zwar sofort, beharrt aber darauf, nichts von einem Alkoholtest zu wissen. "Das ist gelogen, das ist unglaublich", murmelt er vor sich hin, auch, als die Geschädigte aussagt.

Übelst beschimpft

Die Einzelhandelskauffrau nämlich, die mit ihrem Anwalt Thomas Skapczyk als Nebenklägerin auftritt, stellt den Vorfall ganz anders dar: Sie habe mit ihren zwei Töchtern, dem Bruder und der hochschwangeren Schwägerin auf den Weihnachtsmarkt gehen wollen, erzählt sie. Auf dem Behindertenparkplatz habe sie nur ganz kurz gehalten, um die anderen aussteigen zu lassen und dann umzuparken. Der Rentner sei auf die Gruppe zugekommen und habe unvermittelt begonnen, sie mit ausländerfeindlichen Phrasen übelst zu be-
schimpfen.

Zunächst versuchte die junge Frau, den Rentner zu beschwichtigen. Doch als sie vom Umparken zu ihrer Familie zurückkam, sei er von hinten auf sie zugekommen und habe "Ich bring‘ euch um" gebrüllt. "Ich habe mich umgedreht, und in dem Moment schlägt er mir ins Gesicht und trifft mich genau am Auge." Sie sei zu Boden gestürzt, der Rentner habe dann auch noch unter weiteren Beschimpfungen auf sie eingetreten — ihre Handtasche verhinderte hier Schlimmeres. "Die Kinder haben im Hintergrund geschrien." Bei diesen Worten versagt der Erlangerin die Stimme, sie kämpft mit den Tränen. Inzwischen seien dann aber viele Leute zu Hilfe gekommen, auch die Polizei traf ein.

Die hatte eine 31-jährige Studentin gerufen. Auch sie sagt vor Gericht aus und bestätigt die Angaben der Geschädigten. Sie habe "ein Mordsgeschrei und die Worte ,Ich bring‘ euch um‘ gehört, dann einen älteren Herrn gesehen, der eine junge Frau attackierte". Beim ersten Schlag habe ihr zwar ein Auto die Sicht versperrt, aber als die Frau am Boden lag, habe der Mann über ihr gestanden und weiter auf sie eingeschlagen. Tritte konnte die Zeugin nicht bestätigen. Wohl aber "despektierliche Äußerungen über den Migrationshintergrund der Frau". Der Richter lobt ausdrücklich die Zivilcourage der Studentin: "Danke, dass Sie nicht weggeschaut haben."

Die Einzelhandelskauffrau jedenfalls erlitt eine starke Prellung des Jochbogens, eine Sehnerventzündung wurde durch den Schlag schlimmer, sie habe auch heute noch manchmal Kopfschmerzen und sehe auf dem Auge bisweilen verschwommen. Schwerer aber wiegen die psychischen Konsequenzen. "Ich habe oft Angst und bin nicht mehr so unbeschwert", sagt die junge Frau. "So ein Erlebnis prägt einen."

Keine Schuldeinsicht und Reue

Der Angeklagte hat zwar noch keine Vorstrafen, aber das ist dann auch schon das Einzige, was das Gericht zu seinen Gunsten wertet. Dem Staatsanwalt fehlen Schuldeinsicht und Reue, außerdem seien die psychischen Folgen für die Geschädigte erheblich. Er fordert neun Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung und eine Geldauflage zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung.

Richter Gallasch folgt dem Antrag, spricht die Geldauflage in Höhe von 2400 Euro allerdings der Geschädigten als Schmerzensgeld zu.

Das hatte Thomas Skapczyk auch gefordert. Er bezeichnet das letztliche Urteil in seinem Schlussplädoyer als "maßvoll". Skapczyk meint: "So ein Verhalten ist nicht akzeptabel und darf nicht geduldet werden." Und auch Richter Gallasch spricht von "unterster Schublade". Er ist überzeugt davon, dass die beiden Frauen die Wahrheit sagen. "Der Alkohol scheint ihr Erinnerungsvermögen getrübt zu haben", meint er abschließend zum Angeklagten.

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