Schnell gewechselt: Die "Winterreifen-Welle" ist bereits durch

18.11.2014, 08:42 Uhr
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© Horst Linke

Hintergrund: Schon 2010 wurde auch in Deutschland die Vorgabe für die Winterreifen-Nutzung verschärft. Nicht so heftig wie beispielsweise in Österreich, wo jeder Autofahrer, der ab 1. November unabhängig von den herrschenden Wetterverhältnissen ohne Winterreifen erwischt wird, Strafe zahlen muss. Hierzulande sind "Matsch und Schnee"-Reifen (M+S) Pflicht bei Glatteis, Schneematsch, Schneeglätte, Eis- oder Reifglätte.

Wer bei entsprechend schlechtem Straßenzustand dennoch weiter mit Sommerreifen fährt, riskiert nicht nur empfindliche Bußgelder und Flensburg-Punkte, sondern handelt sich auch schnell Ärger mit der Versicherung ein, die bei Winter-Unfällen unter Umständen nicht zahlt.

Bei modernen Reifendruck-Kontrollsystemen — hier in einem Porsche — lässt sich der Luftdruck aller Reifen getrennt abrufen.

Bei modernen Reifendruck-Kontrollsystemen — hier in einem Porsche — lässt sich der Luftdruck aller Reifen getrennt abrufen. © oh

"Die Winterreifen-Pflicht hat die Leute in die Werkstatt getrieben", bestätigt Kfz-Mechanikermeister Jürgen Greger von der Autowerkstatt "Kreß und Greger" in Zweifelsheim. Schon Ende September hätten die ersten Kunden ihre Autos umrüsten lassen, inzwischen habe sich das Thema "Winterreifen" weitgehend erledigt. "Hätte es allerdings in den letzten Tagen geschneit, wäre bei uns wahrscheinlich 'Land unter' gewesen", weiß Greger.

Kälte lässt Sommerreifen durchdrehen

Im Handel erhältliche Winterreifen sind üblicherweise nicht nur mit einem M+S-Symbol, sondern auch mit einem Schneekristall auf der Seitenwand gekennzeichnet. Diese Reifen haben eine spezielle kältetaugliche Gummimischung und ein raueres Profil, das bei Schnee, Kälte und Glätte stets den notwendigen Griff gewährleistet. "Schon jetzt kann es passieren, dass die Räder mit Sommerreifen einfach durchdrehen, weil es zu kalt ist", weiß Jürgen Greger, der um die 150 Sommerradsätze für Kunden eingelagert hat — die Tendenz gehe klar dazu, die Räder nicht mehr selber zu lagern. Der Begriff "Winterreifen" selbst taucht in der Straßenverkehrsordnung (StVO) übrigens auch in Zukunft nicht auf. Eine Winterreifenpflicht für einen bestimmten Zeitraum, beispielsweise von November bis März, legt die Straßenverkehrsordnung auch nicht fest.

Theoretisch könnte also von den Behörden auch jener zur Kasse gebeten werden, der mitten im Sommer etwa im Gebirge von Schneefällen überrascht wird.

Klarer ist die Vorgabe bei Reifendruck-Kontrollsystemen: Seit 1. November müssen Neufahrzeuge über ein solches "RDKS" verfügen. Autos, die ab 1. November 2012 zugelassen wurden und eine "Typprüfung" haben, können mit Sensoren und Elektronik nachgerüstet werden beziehungsweise es muss ein Eintrag in die Fahrzeugpapiere erfolgen.

Moderne Diagnose

Bei den Reifendiensten stellt sich das Problem zurzeit allerdings noch selten bis gar nicht. "Nachrüsten mussten wir bisher bei keinem Auto", verrät Jürgen Greger. Für das nächste Jahr hat er die Anschaffung eines modernen Diagnosegerätes auf der Agenda, mit dem sich die Reifendruck-Sensoren auslesen und auch auf den korrekten Druck kalibrieren lassen. "Mit der richtigen Hard- und Software kann man die Sensoren sogar 'klonen' und einen Richtwert auf alle anderen übertragen", erklärt Greger. Bei manchen Marken, etwa bei BMW, führt das System auch selbsttätig einen Luftdruck-Check durch. Neuere Sensoren registrieren bereits Druckunterschiede von 0,2 Bar — ein Sicherheitsgewinn.

Von Ganzjahresreifen raten Reifenhändler aus den gleichen Gründen ab: "Das ist immer nur ein Kompromiss", betont Frank Finnemann von "Peters Reifendienst" in Herzogenaurach. Selbst brandaktuelle Ganzjahres-Versionen seien im Sommer vor allem auf regennasser Straße nicht so gut wie reine Sommerreifen und im Winter sollte man sich mit den "Allroundern" Touren in stark verschneite Gebiete lieber verkneifen, denn sie stoßen, wie auch die Tests der Automobil-Fachzeitschriften bestätigen, in Sachen Traktion und Seitenführung deutlich schneller an ihre Grenzen.

In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass auch Autos mit Allrad-Antrieb nicht automatisch vor den Widrigkeiten der Witterung gefeit sind. Die Gesetze der Physik lassen sich nicht überlisten — und Sommerreifen werden bei Temperaturen um den Gefrierpunkt so hart, dass der Bremsweg sich vervielfacht. Außerdem nimmt im wahrsten Wortsinn die Bodenhaftung ab. Mit den falschen Pneus rutscht ein an sich geländegängiges Auto dann eben über alle vier Räder von der Straße.

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