Stolz auf Familientradition

26.1.2015, 17:36 Uhr
Stolz auf Familientradition

© Fotos: Pfrogner/privat

Es ist eine Geschichte von Zuzug und Zunftwesen: Johann, zweitältester Sohn einer alteingesessenen Höchstadter Bäckerfamilie, war halt der Zweitgeborene. Sein älterer Bruder erbte die Bäckerei und nach den protektionistischen Regeln der Zunft durfte Johann Lang nicht weiter in Höchstadt Bäcker sein.

Er ging nach Herzogenaurach und verdingte sich als Geselle beim Meister Andreas Welker. Der hatte seine Backstube am Ansbacher Tor, wo heute das Restaurant „al Centro“ italienische Spezialitäten anbietet. Welker und Lang waren fast gleich alt, und als der Meister plötzlich starb, führte der Geselle die Bäckerei weiter.

Nach einem Jahr, es war 1742, heiratete Johann Lang Margarete, die Witwe seines verstorbenen Meisters und 1754 machte er — mit einem fehlerfreien Meisterstück — die Meisterprüfung.

Johann Langs Frau hatte einen Sohn, Jörg Welker, aus erster Ehe und mit ihrem zweiten Ehemann dann noch eine Tochter und drei Söhne. Während Jörg das Elternhaus am Ansbacher Tor übernahm, kauften Margarete und Johann Lang ihrem Ältesten Werner das Haus, das bis heute die Adresse der Bäckerei ist.

Das Anwesen war ein Ackerbürgerhaus, wie sie typisch waren für die Nordseite der Hauptstraße. Zum Wohnhaus gehörten Stall und Scheune, nebst recht ansehnlichen über 60 Tagwerk landwirtschaftlichen Grundstücken.

Werner Lang machte was draus: Er wurde Bäckermeister, gar Zunftmeister, saß im Rat und war Verantwortlicher für das von Kuntz Reyther gestiftete Spital am Kirchenplatz. Ein Herzogenauracher von hohem Ansehen also.

Stolz auf Familientradition

Auch sein Enkel Johann Adam Lang war eine gewichtige Persönlichkeit in der Aurachstadt. Nicht nur körperlich — der Bäckermeister wog fast vier Zentner und war dafür verantwortlich, dass das ehrwürdige Fachwerkhaus breitere Türen hat, als zu seiner Bauzeit 1560. Johann Adam Lang war überdies von 1863 bis 1876 Bürgermeister und der erste Landtagsabgeordnete, den die Stadt Herzogenaurach hervorgebracht hat.

Im 20. Jahrhundert musste die Familie den Betrieb notgedrungen eine Generation lang verpachten: Franz-Josef Langs Großvater, natürlich Bäckermeister und Besitzer des ersten Motorrads in Herzogenaurach, verunglückte mit seinem Fahrzeug 1927. Kein schlimmer Sturz, schien es, als ihm und seinem Sozius ein Autofahrer die Vorfahrt genommen hatte. Doch in Neustadt wurden seine Wunden offenbar nicht richtig gereinigt, nach einer Notamputation starb Lang im Bamberger Krankenhaus an Blutvergiftung.

Für die Witwe mit zwei Söhnen und einer Tochter war die Bäckerei nicht mehr zu halten. Sie wurde an die Familie Stadelmann verpachtet. Ernst Lang, der Vater des heutigen Besitzers, kam mit seinem Bruder in ein Internat — und gleich nach dem Abitur zur Wehrmacht.

Krieg und dreieinhalb Jahre Gefangenschaft folgten. 1948 kehrte Ernst Lang in sein Haus zurück, das inzwischen mehreren Flüchtlingsfamilien Asyl bot. Lang ging als Erwachsener in die Lehre, machte die Meisterprüfung und übernahm die Bäckerei wieder für die Familie.

Für den heutigen Besitzer war die Berufswahl keine Frage der Wahl, sondern eine der Tradition. Franz-Josef Lang begann 1964 mit seiner Lehre. Zwölf einheimische Bäckereien gab es damals noch in der Stadt. Samstagabend, wenn Herta und Franz-Josef Lang ihren letzten Arbeitstag in Backstube und Laden hinter sich haben, werden es nur noch zwei sein, davon eine in Haundorf, das 1964 noch nicht zu Herzogenaurach gehörte. Dorthin, zu Polster, wechselt auch eine Langsche Verkäuferin. Die anderen Mitarbeiter gehen mit Chef und Chefin in den Ruhestand — Franz-Josef Lang immerhin nach 51 Berufsjahren und 31 Jahren Selbstständigkeit, die 1984 obendrein mit einem echten Knaller begannen: Eine Verpuffung zerstörte den Backofen und zwang gleich nach dem Start zu einer Riesen-Investition.

Wie bereits berichtet, ist derzeit nicht geplant, den Laden, schon gar nicht die Backstube, einem neuen Betreiber zu vermieten. Der Kultur soll das Haus, bzw. Hof und Scheune, hingegen weiter offenstehen. Auch eine Frage der Tradition: Das Haus ist ein Kulturdenkmal, von Ernst Lang und Sohn Franz-Josef mustergültig denkmalgerecht saniert.

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