Stolz und Wehmut bei den Eishockey-Verrückten vom HEC

10.4.2016, 21:01 Uhr
Stolz und Wehmut bei den Eishockey-Verrückten vom HEC

© Alle Fotos: Helmut Hollfelder

Es reicht nicht, Eishockey zu lieben, um als Amateur in der Bayernliga zu spielen. Man muss von diesem Sport besessen sein. Bei den Höchstadt Alligators gibt es viele solcher Verrückter – am Ende einer langen, anstrengenden und verlorenen Finalserie lagen und knieten sie am Freitagabend auf dem Eis des Waldkraiburger Stadions.

Tomas Urban, der Stürmer, der sich in dieser Saison jeden Donnerstag ins Auto gesetzt hat, um aus der Tschechischen Republik nach Höchstadt zu fahren und dort Eishockey zu spielen. Daniel Sikorski, der Kapitän, der mit 38 Jahren viermal die Woche trainiert und zweimal die Woche spielt und der sich mit Grippe aufs Eis geschleppt hatte. Philipp Schnierstein, der 26 Jahre alte Goalie, der diese Saison eigentlich pausieren wollte, weil er vor lauter Eishockey zu wenig Zeit zum Studieren hatte – und der es dann doch hinbekam und nicht lassen konnte von diesem wunderbaren Sport. Vor allem seine Paraden brachten die Alligators bis ins fünfte Spiel der Finalserie.

Schnierstein stand, nachdem die letzten Waldkraiburger Spieler ihre Selfies mit dem Meisterpokal gemacht hatten und in der Kabine verschwunden waren, noch im grünen Kapuzenpullover und seinen Torwartschonern auf dem Eis und erklärte mit ruhiger Stimme, warum seine Heldentaten in dieser Finalserie gar keine so große Sache gewesen seien. „Nur ein gutes Kollektiv kann so eine Serie offen halten, einer alleine schafft das nicht“, sagte Schnierstein also, und: „Waldkraiburg ist eine sehr spielstarke Mannschaft und gibt einem immer wieder Gelegenheit, sich auszuzeichnen. Solche Spiele sind für einen Torhüter sehr schöne Spiele.“

Nicht nur für Goalies, für alle Eishockey-Freunde waren die fünf Finalpartien sehr schöne Spiele. Weil sie umkämpft und aufregend waren, weil sich zwei sehr unterschiedliche Teams auf Augenhöhe begegneten und bis 44 Sekunden vor Ende der letzten Begegnung nicht klar war, wer sich durchsetzen würde. Waldkraiburg, die in dieser Serie nicht wie Löwen, sondern eher wie angriffslustige Hornissen spielten und sich Chance um Chance erarbeiteten. Oder Höchstadt, eine Mannschaft, die auf Erfahrung, Ruhe und Präzision setzte und die aus wenigen Gelegenheiten viel machte.

Stolz und Wehmut bei den Eishockey-Verrückten vom HEC

© Alle Fotos: Helmut Hollfelder

Sehr viel sogar, denn selbst einen 0:3-Rückstand im letzten Finalspiel holten sie bis auf 2:3 auf und waren drauf und dran, den Ausgleich zu erzielen. Den Kampfgeist, der die Alligators die gesamte Saison ausgezeichnet hatte, zeigten sie auch in der letzten Partie. Und dabei hatten sie ihren besten Torjäger in den Playoffs schon früh im zweiten Drittel verloren. Ales Kreuzer hatte der Stock von Lukas Wagner im Gesicht getroffen, danach war er noch in den Pfosten gerauscht. „Ich habe nur ein Bild gesehen, sein Kopf ist vom Verband mehr weiß als normal“, sagte sein Trainer Daniel Jun nach dem Spiel und schmunzelte. Eishockey-Spieler sind hart im Nehmen. Auf der Saisonabschlussfeier war Kreuzer schon wieder dabei, er hat eine leichte Gehirnerschütterung und einen Nasenbeinbruch erlitten.

Hin- und hergerissen waren die Alligators, ob sie enttäuscht oder froh über den Ausgang der Saison sein sollten. Nach der Vorrunde stand Höchstadt nur auf Platz sieben, die Zwischenrunde begann mit einem 1:9 gegen Waldkraiburg – und doch schaffte es der HEC am Ende wie schon im Vorjahr ins Finale. „Wir haben es in der Kabine angesprochen: Es gibt nicht so viele Vereine, die zweimal hintereinander im Bayernliga-Finale stehen“, sagte Jun.

Ein paar Bier, dann passt das

Stolz und Wehmut bei den Eishockey-Verrückten vom HEC

Die Mischung aus Stolz und Wehmut wird noch eine Weile bleiben, obwohl Philipp Schnierstein ein Rezept auf Lager hatte: „Erstmal ist die Enttäuschung da, wir haben es wieder nicht geschafft, aber morgen sieht die Welt schon wieder anders aus. Jetzt trinken wir ein paar Bier und dann wird das schon passen", sagte er.

Bis September wird der Schmerz verflogen sein, wenn die Alligators erst einmal wieder vor 800 statt vor 2600 Zuschauern am Kieferndorfer Weg spielen werden. Es wird wieder enge und aufregende Spiele geben, weil das im Eishockey immer so ist. Vor allem, wenn Menschen spielen, die verrückt nach diesem Sport sind.

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