Studenten schmieden Pläne für Röttenbach

16.7.2018, 17:04 Uhr
Studenten schmieden Pläne für Röttenbach

© Foto: © Bayerische Vermessungsverwaltung

Aufmerksam lauscht ein kleines Publikum den Studenten. Professorin Nadja Letzel und die Lehrbeauftragte Martina Dietrich natürlich, die die Präsentationen letztlich benoten werden, aber auch Röttenbachs Bürgermeister Ludwig Wahl ist gekommen, dazu der dritte Bürgermeister Hans Götz sowie Andre Schuster vom Bauamt. Sie alle lassen sich auf fünf ganz unterschiedliche Gedankenexperimente ein, denn die Studenten haben in Zweierteams gearbeitet.

"Es geht darum, wie wir morgen wohnen wollen, was uns für die Zukunft wichtig ist", erklärt Martina Dietrich eingangs. Denn eine Daueraufgabe jeder Kommune sei es ja, den Flächenverbrauch zu reduzieren, also nachzuverdichten, aber auch, den Bestand zukunftsfähig zu machen.

Genau das will Röttenbach – man wolle den Bürgern jedoch nichts überstülpen, sondern setze auf intensive Bürgerbeteiligung, betont Wahl. "Wir wollen das Thema ganz sorgsam und überlegt angehen und alle Möglichkeiten ausloten." Neben einer Machbarkeitsstudie habe sich der Gemeinderat kürzlich ein Wochenende lang in Klausur begeben, um darüber zu diskutieren, außerdem arbeite man mit drei Lehrstühlen zusammen: Gesundheitsökonomie, Kulturgeografie und eben Architektur. "Das ist ein ungewöhnlicher Weg für eine Kommune, wir halten ihn für richtig", so Wahl. "Die Innenentwicklung liegt uns sehr am Herzen."

Tolle Ideen in den Köpfen

Und in der Tat können er und seine Kollegen sich an diesem Vormittag etliche Anregungen holen. Denn die Studenten haben allesamt ihre "akademische Freiheit" genutzt, wie es Nadja Letztel formuliert, und "die Gedanken weit fliegen lassen".

"Die Bagger rollen zwar noch nicht, aber in den Köpfen entstehen schon mal tolle Ideen", so Letzel.

Allen Präsentationen gemeinsam ist die Idee des Miteinanders. In den Gemeinden der Zukunft sehen die Studenten viel mehr Treffpunkte für die Bürger, die Grenzen zwischen privat und öffentlich verschwimmen. Auch den Autoverkehr und die Parkplätze sehen die Studenten als Probleme an, immer wieder ist von verkehrsberuhigten Zonen und Car-Sharing die Rede; öffentliche Grünflächen nehmen ebenfalls großen Raum ein.

Im Konkreten hat sich ein Duo beispielsweise mit der Modulbauweise beschäftigt — dreigeschossige Baukörper, jedoch mit neun Metern nicht zu hoch. Dadurch könnte man auf wenig Raum relativ viele Menschen unterbringen. Wohnungsgrößen von 50 bis 130 Quadratmetern — allesamt barrierefrei — würden sowohl Singles als auch Familien oder Senioren den passenden Wohnraum bieten.

Mit der Modulbauweise wollen die Studenten vermeiden, dass die Baukörper wie ein "Klotz" wirken, vielmehr solle eine gewisse Leichtigkeit gewahrt bleiben. Mit Begegnungsplätzen und einigem Grün könnten Parkwohnanlagen entstehen. Als Parkflächen schlagen die Studenten Tiefgaragen vor.

Auf zwei freien Flächen in Röttenbach (an der Hauptstraße und im Neubaugebiet im Nordwesten) könnte sich das Duo solche Anlagen vorstellen, denn: "Mit der Modularität kann man auf die Größe der Grundstücke eingehen."

Bestehende Gebäude verändern ohne das Ortsbild zu zerstören, könnte in den Augen eines weiteren Teams eine Nachverdichtungsmöglichkeit sein. Gemeint ist damit die Aufteilung von Einfamilienhäusern in zwei Wohneinheiten (Erdgeschoss und Dachgeschoss) oder das Aufstocken von einstöckigen Bungalows, sodass auch hier zwei Geschosse entstehen.

"Aus dem, was da ist, etwas Neues für die Zukunft schaffen", hat sich eine andere Arbeitsgruppe auf die Fahnen geschrieben. Das Duo hat sich speziell mit der Lerchenstraße beschäftigt. Was nämlich auch oft anklingt: Zu wenige Menschen leben auf zu viel Raum. Es gibt zahlreiche Einfamilienhäuser mit großen Gärten und ebenso großen Nebenanlagen, insbesondere Garagen. Und genau hier setzen die Studenten an. Ihre Idee: Die Garagen als Wohnraum erschließen. Ebenso sehen sie in den Gärten "verschwendete Potenzialflächen" und könnten sich dort kleine Reihenhäuser mit "Kommunikationswegen" dazwischen vorstellen. Zäune und Hecken möchte dieses Duo gerne niedergerissen sehen, um das Miteinander zu fördern.

Flächenpotenzial nutzen

Den Straßenraum in der Lerchenstraße empfindet die Arbeitsgruppe als zu breit mit zu schnellem Verkehr. "Da ist keine Aufenthaltsqualität", heißt es. Die Lösung: Durch Begleitgrün die Straße verschmälern, Verkehrsberuhigung und Parkbuchten an der Straße als Alternative zu den in Wohnraum umgewandelten Garagen. "Das ganze Quartier wird dadurch attraktiver", finden die Studenten. "Hier wurden an einem ganz kleinen Stück Deutschland neue Muster ausprobiert", lobt Letzel die Präsentation. Durch lediglich kleine Verschiebungen könnte das Flächenpotenzial besser genutzt werden.

Auf jeden Fall seien beim Thema Nachverdichtung auch und vor allem die Bürger selbst aufgefordert, "über den eigenen Wohnraum nachzudenken und an möglicherweise veränderte Lebensbedingungen anzupassen", so Bürgermeister Wahl.

Mit der Quartierbildung hat sich ein weiteres Zweierteam beschäftigt. Wenn neue Quartiere entstehen, könnte man einerseits den Wunsch nach Individualität berücksichtigen und gleichzeitig die Gemeinschaft stärken, etwa durch Nachbarschaftsplätze, Gemeinschaftshöfe, Grünflächen und ein ausgeklügeltes Wegenetz. Im Zuge der Nachverdichtung könnte es allerdings schwierig sein, sofort komplett neue Quartiere zu entwickeln. Dennoch ein "hoch interessanter Gedanke" für künftige Bauprojekte, wie Ludwig Wahl findet.

Sehr visionär schließlich hat sich ein Team mit der "Lebensader Röttenbach" befasst. Ziel ihrer Präsentation ist das Zusammenwachsen der ursprünglichen Ortsmitte mit den Weiherketten und der jetzigen "Lebensader", der Hauptstraße. Grünflächen, Wegeverbindungen (Fuß- und Radwege), Wegfall von Begrenzungen, offene Plätze und Treffpunkte sowie Nutzen des gesamten Straßenraums sind einige Schlagworte.

Abschließend lobt Ludwig Wahl alle Arbeiten und betont, dass die Gemeinde unter Nachverdichtung nicht verstehe, "einfach ein Haus auf ein freies Grundstück zu setzen". Vielmehr wollen er und seine Mitstreiter "weiterdenken und kreative Lösungsansätze finden". Einige davon kann er an diesem Tag jedenfalls mitnehmen.

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