"Tanz ist meine Form der Sprache"

12.9.2018, 14:00 Uhr

© Foto: Ludwig Olah

Einen Tanz in Worte zu fassen, ist gar nicht so einfach. Schließlich handelt es sich um eine Ausdrucksform, die gerade eben ohne Worte auskommt. Tina Essl probiert es trotzdem: "Zu dem Tanz inspiriert hat mich ein Straßenpianist in Dublin. Es hat mich emotional überwältigt, wie die Musik aus dem Nichts heraus kam. Menschen sind vorbeigekommen, haben die Musik gehört und sich durch das Zuhören irgendwie miteinander verbunden. Das Schicksal hat den einzelnen in die Masse getrieben." Es hat Tina Essl beeindruckt, "wie sich durch einen Augenblick plötzlich alles ändern kann." Genauso sei es ja auch mit einer Revolution.

Und so war die Idee für den Tanz geboren, denn das erste hin & herzo-Festival steht bekanntlich unter dem Motto "Revolution". Dass sie gleich einen Preis gewinnen würde, damit hat Tina Essl gar nicht gerechnet. Und das war auch nicht ihre Motivation für die Bewerbung, wie sie selbst sagt. Im städtischen Amtsblatt hat sie die Ausschreibung für einen Projektpreis im Rahmen des Kulturfestivals gelesen. Zu diesem Zeitpunkt habe ihr für eigene Sachen "irgendwie der Mut gefehlt". Sie habe Angst gehabt vor zu viel Druck. "Doch das Amtsblatt mit der Ausschreibung kam immer wieder", erinnert sie sich mit einem Schmunzeln. "Irgendwann habe ich dann einfach mal eine Datei im Computer angelegt. Es ging mir aber in erster Linie darum, selbst wieder tänzerisch kreativ zu sein."

Nach einer Ausbildung zur Erzieherin hat Tina Essl eine Bühnentanzschule in Berlin besucht, in Nürnberg Tanzpädagogik studiert und zwischendurch immer an Projekten (mit-)gearbeitet. "Aber der Druck beim Vortanzen und beim Kampf um einen Job war schon groß", erinnert sie sich heute. Seit ihrer Rückkehr nach Herzogenaurach arbeitet sie nun in der Heilpädagogischen Tagesstätte der Lebenshilfe und absolviert ein berufsbegleitendes Heilpädagogik-Studium.

© Foto: Jeanette Seitz

Deshalb ist sie natürlich nicht mehr so frei für Tanzprojekte, widmet sich aber mit viel Begeisterung dem Tanztheater mit Behinderten. "Diese Menschen inspirieren mich", sagt sie. "Sie sind individuell und authentisch und können sich ja auch oft nicht richtig ausdrücken, müssen also andere Wege der Kommunikation finden." Tanz sei dafür eine ausgezeichnete Möglichkeit.

Auch über sich selbst sagt Tina Essl: "Tanz ist meine Form der Sprache." Ansonsten tue sie sich im zwischenmenschlichen Bereich eher schwer, "mit Tanz wird alles logisch, hat einen Sinn und ich sehe Sachen viel klarer". Bewegung sei für sie eine "Nicht-Sprache", eben eine andere Kommunikationsform.

Tina Essl genießt momentan jedenfalls die Verbindung ihrer zwei Berufe bzw. Berufungen, das Erzieherische und das Tänzerische. "Dafür bin ich dankbar, denn beide bereichern sich gegenseitig."

Ihre Projektpreis-Tanzperformance hat Tina Essl in drei Teile gegliedert: Zunächst tritt sie in einem "Tanzsack" auf, eine Art Ganzkörperumhüllung, um das Abstrakte herauszustreichen. "Daraus formen sich dann irgendwann der Pianist und die Tänzerin", erklärt Essl. Der Straßenpianist, der sie inspiriert hat, wird durch ein stilisiertes Klavier symbolisiert. Im dritten Teil entledigt sich Essl aller Requisiten und zeigt puren Tanz. "Da habe ich dann nur noch meinen Körper als Ausdrucksmittel." Dazu erklingen verschiedene Melodien, etwa von einem irländischen und einem Erlanger Straßenmusiker oder "Clair de lune". Zum Schluss will sie das Publikum auch noch zum Mitmachen animieren.

"Ich wünsche mir, dass ich den Zuschauern schöne Augenblicke schenke und dass sie sich daran erfreuen, mal etwas anderes zu sehen", wirbt Tina Essl für ihre 20-minütige Performance. Zu sehen ist der moderne Tanz am Freitag, 28. September, um 18.30 Uhr und am Samstag, 29. September, um 14.30 Uhr in der Scheune im Hof der Bäckerei Lang. Offizielle Verleihung des Projektpreises ist am Samstag, um 16.30 Uhr im Pavillon auf der Hauptstraße.

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