Tommie Smith besucht Puma in Herzogenaurach

19.2.2018, 17:09 Uhr
Tommie Smith bei seinem Besuch bei Ausrüster puma in Herzogenaurach.

© Ulrich Schuster Tommie Smith bei seinem Besuch bei Ausrüster puma in Herzogenaurach.

Mit einer Geste haben Tommie Smith und John Carlos am 16. Oktober 1968 am 16. Oktober 1968 das Bewusstsein der Welt verändert: Die beiden dunkelhäutigen US-Sprinter streckten bei der Siegerehrung des 200-Meter-Rennens der Olympischen Spiele die Faust zum Gruß der Black-Power-Bewegung in den Himmel von Mexico City. 

Der inzwischen 74-jährige Texaner weiß auch heute noch genau, was er tut und was er sagt. Zwischen den Baumwollfeldern in der texanischen Provinz, erzählt er beziehungsreich, ist er aufgewachsen. Und ein halbes Jahr nachdem Martin Luther King auf dem Balkon von Lorraine’s Motel in Memphis erschossen worden war, wollten er und sein Mannschaftskollege Carlos ein Zeichen setzen für die Menschenrechte schwarzer Amerikaner – dort, wo die ganze Welt es sah.

Für die Menschenrechte, betont Smith, nicht nur für Bürgerrechte. Letztere folgen ja daraus, sagt der promovierte Soziologe, Hochschullehrer im Ruhestand. Es ging ums Grundlegende. Eine einfache Geste sollte es sein, sagt Smith, die jedermann sofort verstehen würde.

Tommie Smith besucht Puma in Herzogenaurach

© AFP PHOTO / EPU (Archiv)

Einfach und ausdrucksstark genug war sie, zu einer der Bildikonen des 20. Jahrhunderts zu werden. Das Foto der drei Sprinter, Goldmedaillengewinner Smith und Bronze-Gewinner Carlos, dazwischen der weiße Australier Peter Norman auf dem Silber-Treppchen, ist im Welt-Gedächtnis abgespeichert, am Smithsonian Institute in Washington DC steht eine Bronze-Statue von dieser Szene in der Ausstellung über die Verdienste der Afro-Amerikaner für ihre Nation. Der junge Footballer Colin Kaepernik bezog sich direkt darauf, als er und Kollegen aus Protest gegen Rassismus bei der US-Hymne niederknieten.

Entlarvend die Reaktion der Olympier damals: Man habe ihnen vorgeworfen, die Fahne und die Hymne der USA beleidigt zu haben, erzählt Smith. Für ihn noch heute völlig "daneben": Ihre Demonstration habe die nationalen Symbole der USA nicht beleidigt. Diese hätten nichts damit zu tun. Es sei um die Siegerehrung als den Schauplatz mit der höchsten Aufmerksamkeit gegangen.

Die beiden schwarzen Athleten mussten damals sofort die Mannschaft und das olympische Dorf verlassen. IOC-Präsident Avery Brundage sprach den Bann aus. Sie wurden aus dem Team geworfen und durften nie wieder einen Wettkampf bestreiten.

Elf Weltrekorde hatte der 24-jährige Smith bis dahin aufgestellt, den letzten (19,83 Sek. über 200 Meter) in Spike-Schuhen mit dem Formstrip. 1966 sei er in Kontakt mit der Raubkatzen-Firma gekommen, die ihn beeindruckt habe: Puma zahlte zwar nicht gleich Geld, versorgte ihn aber mit spezieller, sehr teurer Baby-Milch für seinen kleinen Sohn, erzählt er, die er sich nicht habe leisten können.

So kam es auch, dass der Olympiasieger zwar barfuß auf dem Treppchen stand, neben sich aber einen damals brandneuen Puma-Schuh im Rampenlicht platziert hatte. Puma-Marketing-Direktor Johan Adamsson und Helmut Fischer übergaben ihm 50 Jahre später das erste Paar der Jubiläums-Edition jenes Modells "Suede", des meistverkauften Puma-Schuhs. Am Abend zuvor hatte Smith den Dresdner Friedenspreis entgegengenommen — eine der vielen Ehrungen, die der Athlet und Anti-Rassismus-Aktivist erfahren hat.

Der Preis in der Pegida-Hochburg ist selbst eine Geste gegen Rassismus. Allein deswegen, sagt Tommie Smith, sei er sehr beeindruckt gewesen. Smith ist der neunte Preisträger. Unter seinen Vorgängern sind Michail Gorbatschow und Daniel Barenboim. Die Laudatio auf ihn hielt in der Semperoper Günter Wallraff.

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