Trompete übertönt die Behinderung

26.11.2008, 00:00 Uhr
Trompete übertönt die Behinderung

© Matthias Kronau

Leonhard Meisinger (42) hört genau hin. Geht kurz weg von der Bühne, dann wieder hin. Er blickt Tobias an, der heftig in die Trompete bläst, und deutet eindringlich auf die Noten. Als das Stück zu Ende ist, fragte Meisinger: «Weißt du, warum du dich gerade so oft verspielt hast?«

Achselzucken bei Tobias Schüpferling. Der junge Mann mit Down-Syndrom lässt die Trompete sinken und schaut seinen Lehrer fragend an. «Weil du nicht auf die Noten geschaut hat«, sagt Meisinger streng.

Jede Woche einmal übt der Lehrer an der Musikschule Hemhofen mit dem 23-jährigen Tobias aus Heßdorf. Seit neun Jahren sind sie nun schon ein Musik-Team, und was Tobias bei Meisinger gelernt hat, kann sich hören lassen.

Bereits mehrfach ist Tobias Schüpferling öffentlich aufgetreten, zuerst bei Schülervorspielen. Dann kam 2007 eine ganz große Geschichte: Tobias durfte mit einer Volksmusikgruppe bei «B1 unterwegs« im Rundfunk auftreten. Eine riesige Sache, von der Tobias heute noch schwärmt.

Grenzen hat jeder

Eingefädelt hat das Leonhard Meisinger, der erkannt hat, dass die Musik ein ganz wichtiger Teil im Leben von Tobias ist. Die Behinderung sei nicht wirklich störend. «Natürlich geht es etwas langsamer bei Tobias«, sagt der studierte Posaunist, «aber Grenzen hat doch jeder Musiker«.

Entscheidend ist für Meisinger, dass er Tobias als Musiker sehe und nicht als Behinderten. Das tun auch die Musiker, die mit dem Trompetenschüler auftreten. So war das auch Anfang des Jahres in Nürnberg-Schniegling, wo Meisinger einen Auftritt von Tobias bei einem Gospelkonzert organisiert hatte. «Tobi hat in einem Posaunenchor und der Band Feel Free mitgespielt. 350 Leute waren da.«

Gut gelaunt nach Hause

Tobias Schüpferling lacht noch heute vor Freude, wenn er an diese Auftritte denkt. Aber auch so ist spürbar, dass Musik für ihn Lebensfreude bedeutet. «Wenn ich nach der Stunde mit der Mama wieder nach Hause fahre, habe ich immer gute Laune«, verrät Tobias.

Weil das so ist, und weil gute Laune so wichtig ist, um Leben zu meistern, deshalb hält auch der Vater von Tobias große Stücke auf den Musiklehrer. «Herr Meisinger hat einfach großes Einfühlungsvermögen«, sagt Wolfgang Schüpferling. Gerade behinderte Menschen spürten, wer es ehrlich mit ihnen meine. «Tobi wird als Musiker ernst genommen.«

Mutig vorangehen

Meisinger, so lobt der Vater, könne Lehrern, Gruppen und Eltern Mut machen, ebenfalls mutig voranzugehen in die Normalität. Beim Üben und Einstudieren der Stücke habe Leonhard Meisinger einfach ein « freundliches Beharrungsvermögen«.

Freundliches Beharrungsvermögen. Wie sich das anhört, ist im Übungsraum zu studieren. «Weil du nicht auf die Noten geschaut hast«, hatte Lehrer Meisinger gesagt. «Hab ich doch,« antwortet Tobias. «Hast du nicht.« Tobi: «Doch.«

Dann lächeln beide. Sie wissen Bescheid. Am 6. Dezember hat Tobi bei den Barmherzigen Bürdern in Gremsdorf seinen nächsten Auftritt. Es wird wieder klappen.