Trotz Arbeitsstelle: Pflegehelferin muss Land verlassen

16.10.2018, 06:57 Uhr
Trotz Arbeitsstelle: Pflegehelferin muss Land verlassen

© Foto: Uli Schuster

Heimleiterin Johanna Auerbeck versteht die Welt nicht mehr. "Maryna hatte einen genehmigten Aufenthaltsstatus bis 2020", sagt Auerbeck und zeigt das entsprechende Dokument. "Und nun muss sie trotzdem Ende Oktober ausreisen."

Tatsächlich hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) Maryna Bilans Asylantrag im September endgültig abgelehnt. "Und wenn ein Asylverfahren rechtskräftig abgeschlossen ist, erlischt auch automatisch die Aufenthaltsgestattung. Und damit auch die Arbeitserlaubnis, die wir ursprünglich in der Tat bis 2020 ausgestellt hatten", erklärt Gerhard Zinser, der Leiter des Ausländeramtes im Landratsamt Erlangen-Höchstadt.

Trotz Arbeitsstelle: Pflegehelferin muss Land verlassen

© Repro: Uli Schuster

Nun hätte Maryna Bilan möglicherweise die Abschiebung und damit ein 30-monatiges Wiedereinreiseverbot gedroht. Deshalb hat sich die 43-Jährige auf Anraten ihres Anwaltes für eine freiwillige Ausreise entschieden. "Sie ist Ende September auf uns zugekommen, um freiwillig auszureisen", bestätigt Zinser. "Und das war auch die richtige Entscheidung."

Denn dadurch kann die Ukrainerin schon 2019 mit einem ordentlichen Visum wieder nach Deutschland kommen. Ursprünglich war Maryna Bilan 2015 aus der Ukraine geflüchtet, kam in Höchstadt im Lappacher Weg unter und beantragte Asyl. In ihrem Heimatland hat sie einen Masterabschluss in Pädagogik. Im Mai 2016 wurde sie im Senioren Centrum St. Anna vorstellig und hat dort als Pflegehelferin angefangen — für diese Arbeit war die Aufenthaltsgestattung plus Arbeitserlaubnis des Landratsamtes nötig.

"Inzwischen spricht Maryna gut deutsch und hat sich fantastisch entwickelt", sagt Johanna Auerbeck und schwärmt vor allem von ihrer "empathischen Art". Dieses "Arbeiten mit richtig viel Herz" schätzt auch Doreen Böttger, Leiterin des Wohnbereichs für demente Senioren, in dem Maryna Bilan eingesetzt war. "Wir vermissen sie alle unheimlich", sagt Böttger, denn inzwischen haben sich Bewohner und Kollegen bereits von der 43-Jährigen verabschieden müssen.

Dennoch ist es wohl kein Abschied für immer. Schon im Jahr 2017 hat Maryna Bilan mit einer dreijährigen Ausbildung zur Altenpflegefachkraft geliebäugelt. Die Arbeitsagentur hatte damals bereits eine WeGebAU-Förderung genehmigt, berichtet Auerbeck. Denn "Altenpfleger werden ja dringend gesucht".

"Das Landratsamt konnte damals keine Ausbildungsgenehmigung erteilen, da das Sprachniveau der Antragstellerin sowie die Asyl-Aussichten für die Ukraine zu schlecht waren", erklärt Pressesprecherin Hannah Reuter. "Danach gab es keinen Kontakt mehr." Dabei hätten sich im Jahr 2018 durch den wachsenden Pflegenotstand die Vorgaben geändert, die Antragstellerin hätte laut Reuter "gute Chancen" gehabt. "Aber da haben wir keinen erneuten Antrag auf Ausbildungserlaubnis bekommen, daher bestand auch keine Veranlassung für eine erneute Prüfung."

Inzwischen hat Johanna Auerbeck aber einen Ausbildungsvertrag aufgesetzt, mit der Schule in Forchheim sei alles besprochen, einen Förderantrag wolle man ebenfalls wieder stellen. So könnte Maryna Bilan im August 2019 in Deutschland mit der Ausbildung zur Altenpflegefachkraft beginnen. "Wenn wir ihr ein Vorpraktikum zusichern, kann sie mit Visum vielleicht schon im Mai 2019 wieder einreisen", meint Auerbeck. Die 43-Jährige selbst möchte das natürlich auch. "Ich möchte zurückkommen und weiter arbeiten. Die Arbeit hat mir Spaß gemacht", sagt sie am Telefon aus Nürnberg. Denn dort wohnt ihre Mutter bereits seit 16 Jahren. In der Ukraine wird Maryna Bilan jetzt vorübergehend bei einer Cousine unterkommen.

Im Vitanas Senioren Centrum indessen spürt man die Lücke, die Maryna Bilan hinterlässt, momentan deutlich. "Sie war im Dienstplan schon eingeplant, jetzt müssen wir sie kurzfristig ersetzen", sagt Johanna Auerbeck. "Denn Maryna hat auch oft mehr als ihre 30 Stunden geleistet, hat viele Nachtdienste gemacht sowie ordentlich und akkurat im Sinne der Bewohner gearbeitet. Und die haben sie dafür geliebt."

Aber gerade angesichts des Pflegenotstandes könnte diese Geschichte ein glückliches Ende nehmen — wenn Maryna Bilan tatsächlich mit Visum wiederkommt und ihre Ausbildung beginnt. "Ich wüsste nicht, was da dagegen spricht", meint auch Gerhard Zinser.

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